Jugendstil-Schönheiten in München

Jugendstil_Römerstr_bDer Jugendstil hat auch in München zwischen 1895 und ca. 1910 Einzug gehalten und den Historismus abgelöst. Die geschwungenen Linien und Ornamente sind nicht nur an Gebäuden zu sehen, sondern finden auch Ausdruck in Schriften und bei Möbeln, Tapeten sowie Geschirr. Im Oktober 2023 fand eine Führung zum noch erhaltenen architektonischen Jugendstil in München-Schwabing statt. Es ist schon immer wieder verwunderlich, was man als Einheimische noch nicht entdeckt hat, man muss aber auch öfters mal den Blick nach oben schweifen lassen.

Ende des 19. Jahrhunderts mussten die Häuserfassaden im Jugendstil nicht mehr symmetrisch sein, das sieht man vor allem an den Fenstereinbauten. Bauten von zum Beispiel Martin Dülfer sind noch vielerorts in Schwabing zu sehen. Im Gegensatz zu architektonischen Meisterleistungen wie dem Foto-Atelier Elvira in der Von-der-Tann-Straße von August Endell. Die Außengestaltung des Hauses musste den Plänen und dem Willen des Nazi-Regimes weichen.
Jugendstil_mDas Müller’sche Volksbad spiegelt den Jugendstil offensichtlich im Turm wieder, innerhalb des Baus werden Barock und die Reliefs, Windungen und Ornamente des Jugendstils miteinander verbunden. Ein besonderes Jugendstil-Kleinod sind die Münchner Kammerspiele in der Maximilianstraße. Hier führte der Neffe Reinhard Riemerschmid 1970 das einmal entwickelte Werk seines Onkels Richard Riemerschmid in der Renovierung fort. 1901 wurden die Kammerspiele von Max Littmann erbaut, nur der Kriegsausbruch 1939 verhinderte den abwegigen Umbau der Stätte, wie es die damalige Regierung geplant hatte.
Beim Aufspüren von Jugendstil lohnt sich der Blick nach oben zu den Häusergiebeln, die diesen Stil immer wieder aufgrund der floralen und geschwungenen Ausschmückungen ausweisen.

Die Malerei mit Jugendstil-Bezug kann man auch in Museen entdecken. Noch heute kann man im Münchener Museum Lenbachhaus zum Beispiel die „Wolkengespenster“ (1897) von Richard Riemerschmid besichtigen, das den Zeitgeist der damaligen Jahre einfängt und das damals im (leider 1931 abgebrannten) Glaspalast ausgestellt wurde, s. Link. Ein weiterer malender Künstler des Jugendstils war der Tiroler Leo Putz (*1869 / †1940), dessen Werke im In- und Ausland zu besichtigen sind.

München war auch der Herstellungsort für Zeitschriften, die sich dem Jugendstil widmeten:
– Simplicissimus – Illustrierte Wochenschrift aus dem Albert Langen Verlag (s. hier)
– Jugend – Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben aus dem Hirth Verlag (s. hier)
– Die Insel – Illustrierte Monatsschrift aus dem Insel Verlag (s. hier)
Manche Originalausgaben findet man noch in Antiquariaten und Bibliotheken.

Jugendstil_cIn Schwabing, das Fanny Gräfin zu Reventlow (1871-1918) in ihrem Roman Wahnmoching nannte, und der Maxvorstadt gibt es einige Jugendstil Architektur zu besichtigen, Beispiele findet ihr in der Galerie, oder ihr macht euch selbst auf den Weg:
– das Adam-und-Eva-Relief über dem Portal Ainmillerstraße 22. Das Haus gewann nach der Restaurierung 1983 den Münchener Fassadenpreis
– der Pfauenschmuck an der Fassade Franz-Joseph-Straße 19, an der Rückfront zum Leopoldpark
– die Römerstraße
– das Schulhausportal an der Elisabethstraße
– die Gebäude entlang der Isabellastraße
– das Haus Schellingstraße 26 und Leopoldstraße 77 (jeweils erbaut von Martin Dülfer)
– das Foyer der Ludwig Maximilian Universität mit den Mosaiken im Jugendstil.
Viel Spaß am Entdecken!
Als Lektüre bei dem Spaziergang nützt auch Münchens Lust am Jugendstil – Häuser und Menschen um 1900 von Edda und Michael Neumann-Adrian (Buchendorfer Verlag München, 2005) mit Stadtspaziergängen durch Bogenhausen und Haidhausen – Nymphenburg und Neuhausen – Maxvorstadt und Schwabing – Sendling vom Harras bis zur Theresienwiese.

 

(1934)