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Advent, Advent – ein Lichtlein brennt …

tannenbaumTannenduft liegt in der Luft, die Plätzchen sind gebacken, man trifft sich gemütlich mit der Familie und/oder Freunden auf dem Weihnachtsmarkt, trinkt Glühwein und lässt sich beim Weihnachtsgeschenke shoppen lauthals von den Songs im Kaufhaus beschallen. Wem das alles zum Hals heraushängt, für den ist vielleicht Markus Heitz Kurzgeschichtensammlung Der Tannenbaum des Todes das Richtige, um sich auf die Adventszeit einzustimmen.

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Nicht vorschnell urteilen …

Marzi-MitternachtNicholas James ist ein junger Autor, der versucht, seinen zweiten Roman zu Papier zu bringen. Er lebt auf einem Hausboot in Camden, trägt Post aus, um die Haushaltskasse aufzubessern, und fühlt sich in seinem Leben ziemlich wohl. Doch das alles wird auf den Kopf gestellt, als er eines Nachts aufwacht und einen Geist in seinem Hausboot findet. Der tut frech so, als ob Nicholas ihn sich nur eingebildet hätte, doch am nächsten Tag begegnen sie sich wieder. Der Geist stellt sich als Peter Chesterton vor und erklärt Nicholas im Wesentlichen, dass die Welt viel komplizierter ist, als er sie sich immer vorgestellt hatte. Und weil Nicholas‘ eigene Welt gerade nicht optimal läuft, lässt er sich von Chesterton in eine neue führen – die Nebelstadt, wo die Geister der Verstorbenen leben, wo Nicholas neue Inspiration und neue Liebe findet, aber auch Bedrohungen, die er sich in seinen Alpträumen nicht hätte ausmalen können. Weiterlesen

Die Rückkehr in die Stadt der Schornsteine

 

Marzi_CLondonViele Jahre sind vergangen, seit Emily Laing, das einäugige Waisenmädchen, in die Geschicke und Geheimnisse der Uralten Metropole, der Stadt unter London, verstrickt war. Auch wenn sie manche dieser Geschichten nicht so einfach abschütteln kann, tut sie doch ihr Bestes, ein normales Leben zu führen und ihre besondere Gabe einzusetzen, um Kindern zu helfen. Eines Winterabends in Cambridge holen die dunklen Mysterien der Uralten Metropole sie jedoch wieder ein – denn London existiert nicht mehr, hat nie existiert. Nach den Unruhen der vergangenen Jahre und den vielen Schrecken, die die Stadt durchleiden musste, ist ganz klar, dass mit London etwas nicht stimmt. Aber was, und wie man es rückgängig machen kann, müssen Emily und ihr alter Mentor Wittgenstein herausfinden – und dabei noch das Rätsel des verwirrten Waisenmädchens Picadilly Mayfair lösen. Und so kehrt Emily zurück in die Stadt unter der Stadt, die sie eigentlich hinter sich lassen wollte …
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Band der Woche

aedp

AEDP kommen aus München und machen f***ing Random  Metal, was als Genrebezeichnung durchaus Zukunft hätte. Die musikalische Zukunft sollte für die drei Herren und eine Dame, die teilweise keine Kindheit hatten und „frische, echte Panik“ als Inspirationsquelle angeben, nicht allzu schlecht aussehen. Im Sommer kommt die erste EP, die auf Livekonzerten beworben wird. Vorab stellen wir euch das Quartett als Band der Woche vor!

Konzerte

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Hommage an Neil Gaiman

Jude Finneys Leben verändert sich ganz schön, als er eines Tages bemerkt, dass er Geister sehen kann. Die Toten sind nicht nur überraschend nett, sondern auch lebensfroher als so mancher Mensch, und so verbringt der Teenager bald regelmäßig Zeit auf dem Highgate Cemetery, flüchtet vor dem Alltag und denkt über das Leben nach. Doch eine weitere Überraschung wartet, als er eines Nachts auf dem Friedhof ein Mädchen findet, das weder tot noch lebendig zu sein scheint, und sämtliche Erinnerungen verloren hat. Gemeinsam machen sie sich auf die Suche nach ihrer Geschichte und stolpern in ein Abenteuer, das nicht nur beide ihr Leben kosten könnte, sondern auch ganz London seine Träume. 

Eine Welt, rot mit weißen Punkten

© Christoph Marzi

© Christoph Marzi

Kaum eine Beweihräucherung, die ich über Christoph Marzi noch nicht zu Papier gebracht hätte, und immer wieder bringt er mich zu neuen virtuellen Kniefällen vor seinen Ideen und seinem Talent, dem Leser mit seinen Worten Bilder in den Kopf zu malen. Anlässlich seines brandneuen Romans Die wundersame Geschichte der Faye Archer (http://www.schwarzesbayern.de/?p=3787) habe ich den Autor um ein kleines Interview gebeten.

Enchi: Beschreibe „Die wundersame Geschichte der Faye Archer“ in einem Satz.
Christoph Marzi: Eine Geschichte, die wie ein güldener Herbsttag ist. Weiterlesen

Die Magie von Bildern und Worten

MalfuriaICatalina, die bei einem alten Kartenmacher in der Lehre ist, hält sich für ein ganz normales Mädchen. Zumindest so normal, wie jemand sein kann, der mit dem Wind sprechen kann. Dennoch – ihr Leben zieht gemütlich dahin. Sogar das Lachen hat sie nach dem Tod ihres Vaters wieder gelernt.
Auch für Jordi, den Sohn des Leuchtturmwärters, scheint die Welt bunter zu werden, als er sich entschließt, den jahrelangen Prügelattacken seines betrunkenen Vaters zu entfliehen.
Doch die Idylle währt nicht lange, denn als eine schwarze Galeone am Himmel erscheint und im Hafen von Barcelona anlegt und plötzlich Schatten durch die Straßen der singenden Stadt wandeln, treffen die Schicksale der beiden aufeinander, um sofort wieder auseinandergerissen zu werden. Für Catalina und Jordi beginnt eine atemlose Flucht vor den Schatten und die scheinbar endlose Suche nach den Dingen, die sie verloren haben. Weiterlesen

Odyssee und Heimkehr

Das Leben des Musikers Danny Darcy scheint ein Trümmerhaufen. Nachdem sein Bruder Colin ihm in Schottland geholfen hat, aus einem ziemlich blöden Deal herauszukommen, und das Problem mit seiner Mutter anscheinend gelöst ist, kehrt er in seine neue Heimat Minnesota zurück – nur um sich in den Scherben seiner Beziehung wiederzufinden. Kurz nachdem seine Frau Sunny ihm gestanden hat, dass sie ein Kind von ihm erwartet, trennt sie sich, weil sie ihn mit einer anderen Frau gesehen hatte, in einem Café, in dem Danny nie war. Schnell wird klar, dass dies die Lügengespinste seiner Mutter sind, die wieder einmal Gestalt annehmen und so seine Ehe ruinieren. Dannys Hoffnung, mit dem Verschwinden seiner verhassten Mutter würde auch die Lüge sterben, verrinnt schnell, nachdem Sunny sich bei ihm meldet und besorgt mitteilt, dass es „der Kleinen“ nicht gut gehe. Albträume quälen sie und ihr ungeborenes Kind. Durch einen Tipp erfährt Danny, dass er sich an die Sirenen wenden soll, denn nur ihre Macht reicht aus, um eine so starke Lüge aus Sunny zu entfernen. Doch vor diesen Frauen wird nicht grundlos gewarnt, und so wird der Ausflug in die Sümpfe Louisianas bald zur Gefahr nicht nur für Danny, sondern auch für Frau und Kind…

Lyra knüpft dort an, wo Fabula aufhörte: Die böse Mutter ist besiegt und weggesperrt, die Familiengeheimnisse gelüftet und Danny ist gerade nochmal so davongekommen. Nun beginnt der Leser zu verstehen, wieso er überhaupt versucht hat, seine Mutter loszuwerden. Es werden in Rückblicken noch einige offene Fragen geklärt, bevor die Geschichte nach den Geschehnissen in Schottland weitergeführt wird. Danny ist allein in Minnesota, seine Frau ist ausgezogen und spricht nicht mehr mit ihm, aber er hat immerhin einen Plan. Von Musiklegende Tyler Blake bekommt er den Tipp, nach New Orleans zu gehen und dort mit der Suche nach den Sirenen zu beginnen. Leider – und das ist eine der Schwächen des Buches – besteht diese Suche nicht etwa aus mysteriösen Rätseln, die es zu lösen gilt, vielmehr wird Danny noch zig Mal weiter geschickt, ganz nach dem Motto: „Ich kann dir nicht helfen, aber ich kenne jemanden, der‘s kann!“ Dadurch bekommt Lyra unnötige und auf die Dauer eher nervige Längen, da Danny und Sunny im Grunde über die Hälfte des Buches nur mehr oder weniger erfolgreich durch die Weltgeschichte irren. Als jedoch schließlich endlich die richtige Person gefunden ist, geht es Schlag auf Schlag, und einmal mehr überrascht Marzi den Leser mit seiner Fähigkeit, aus scheinbar aussichtslosen Situationen plötzlich eine schlüssige Wendung hervorzuzaubern, die alles zum Guten führt.
Danny sitzt inmitten eines Netzes aus Intrigen und perfiden Plänen seiner Mutter, deren Ausmaß erst ganz am Ende offensichtlich wird, als er erkennt, dass er ihr direkt in die Falle getappt ist. Hier wird schnell der charakterliche Unterschied zu seinem Bruder Colin (um den sich Fabula drehte) klar: Er ist hitzköpfiger, planloser, impulsiver und scheint dadurch eher dazu zu neigen, die Kontrolle über die Geschehnisse zu verlieren und ein hilfloser Spielball in den Plänen seiner Mutter zu werden. Marzi zeigt hier wieder sein Talent zum Schreiben: Fabula und Lyra sind sprachlich und stilistisch an ihre Hauptfiguren angepasst. Der ruhige, bodenständige Colin fällt stilistisch kaum auf, alles ist eher romantisch, während der aufbrausende junge Danny mit reichlich Schimpfwörtern garniert daherkommt und aus der Romantik des Öfteren auch Erotik wird.
Für Danny als Musiker darf natürlich der Bezug zu seiner großen Leidenschaft nicht fehlen, also flechtet Marzi geschickt wie immer diverse Lieder ein – hier auch erstmals selbst geschriebene (bzw. von Danny geschriebene), und zeigt dabei ein echtes Talent zum Verfassen von Songtexten. Eine Sammlung der Texte von Dannys Band „Dylan’s Dogs“ findet sich im Anschluss an die Geschichte.
Die drückend schwüle Atmosphäre der Sümpfe Lousianas mit ihren zahlreichen Gefahren – sichtbar wie auch unsichtbar – wird von Marzi magisch eingefangen und von Seite zu Seite greifbarer, als Danny und Sunny aus der Zivilisation in die gruselige Einsamkeit des riesigen Geflechts aus Brackwasser und Inseln eintauchen. Sie geraten in eine Welt, die geprägt ist von alten Voodoo-Bräuchen und Aberglaube, doch beide sind sich bewusst, dass in jeder Legende auch ein wahrer Kern steckt. Diese bedrohliche Stimmung reißt den Leser spätestens jetzt mit.

Lyra füllt alle Lücken, die Fabula gelassen hat, und bringt die Geschichte zu einem schlüssigen und glücklichen Ende, diesmal für alle beteiligten Charaktere. Marzi spielt dabei geschickt mit dem Bild, das man vom Sumpfland Lousianas hat und garniert es mit seinen zauberhaften Ideen über Geschichten, die niemand mehr erzählt, und altgriechischen Mythen. Durch die Längen am Anfang kommt dieser Teil für mein Empfinden leider etwas zu kurz. Auch ist Dannys charakterliche Entwicklung im Vergleich zu der seines Bruders aus dem ersten Teil eher übersichtlich gehalten, andererseits erwartet man von ihm auch keine besonderen Fortschritte. Alles in allem ist Lyra ein gelungener Fantasyroman und insbesondere, wenn man Fabula gelesen hat, ein Muss. Da Marzi sich selbst allerdings durch Werke wie die „Uralte Metropole“-Reihe, oder auch sein letzter Roman Grimm sehr hohe Maßstäbe setzt, wirkt Lyra im Vergleich eher durchschnittlich.

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Christoph Marzi – Lyra
Heyne, Paperback, 2009
430 Seiten
14,00€

Ebook: 10,99€

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Christoph Marzi

Über die Macht der Geschichten

Colin Darcy führt in London ein langweiliges, aber im Grunde zufriedenes Leben. Zumindest bildet er sich das ein, und besser als seine Vergangenheit in Ravenscraig, dem unheimlichen Schloss seiner Kindheit und Jugend, ist es allemal. Das Verhältnis zu seiner Mutter ist zerrüttet, das zu seinem Bruder Danny erkaltet, und das letzte Mal war er in seiner schottischen Heimat, als sein Vater beerdigt wurde. So dümpelt Colins Leben vor sich hin, bis sich eines Abends die Ereignisse überschlagen: Die Trennung von seiner Freundin war mehr als überfällig. Doch als ihn danach auch noch die Nachrichten erreichen, dass sein bester Freund und Kollege gerade bei einem mysteriösen Autounfall ums Leben gekommen ist, und dass sowohl seine Mutter als auch sein Bruder spurlos verschwunden sind, bröckelt das perfekte „London Leben“. Ihm bleibt keine Wahl – Colin reist zurück in das verhasste Schloss seiner Vergangenheit, und auf dieser Reise kommen nicht nur die Erinnerungen an all das zurück, was geschehen ist. Warum er seine Mutter hasst, warum er seinen Bruder kaum mehr spricht, all dies und dutzende alte Geschichten werden wieder lebendig…

Fabula braucht etwas, um in Gang zu kommen, da man anfangs nicht wirklich etwas mit dem Lauf der Dinge anfangen kann. Es beginnt eher unspektakulär, nimmt dann aber zügig Fahrt auf und reißt den Leser mit. Wenn man die Geschichte zu fassen beginnt, erinnert sie zunächst ein wenig an „Big Fish“, in dem ein Mann durch seine Geschichten lebt, doch nach und nach wird klar, dass es sich bei den Geschichten von Colins Mutter nicht um charmante Märchen handelt … So kommt Fabula erwachsener daher, als die „Uralte Metropole“-Reihe; düsterer, gruseliger. Colin ist über weite Teile der Geschichte vollkommen hilflos und versteht kaum, in was er da hinein geraten ist. Einzig seine Jugendliebe Livia gibt ihm Kraft und schlussendlich auch den entscheidenden Hinweis auf des Rätsels Lösung.
Die Marzi-typischen Anspielungen fehlen natürlich auch hier nicht, maßgeblich sind in Fabula die Anlehnungen an alte Westernfilme und Schwarzweiß-Schinken der 50er Jahre, und natürlich wie immer allgegenwärtig Bob Dylan. Persönlich kann ich damit weniger anfangen, allerdings ist dies alles so flüssig in die Geschichte eingebaut, dass es auch nicht stört. Für Fans dieser Art von Film und Musik sollte es ein echtes Sahnehäubchen darstellen.
Das Setting in der abgeschiedenen schottischen Kleinstadt, wo sich die Schlinge um Colins Hals enger zieht, weil gleich zwei windige Ermittler ihn für tatverdächtig halten, gibt dem Leser das wohlig-gruselige Gefühl alter Krimis, dekoriert mit einem Hauch von Fantasy. Die mystische Komponente in Fabula bleibt die ganze Zeit über eher dezent. Selbst als man erfährt, dass es Fabelwesen gibt, bleiben sie eher im Hintergrund. Colins Welt ist weniger fantastisch als Emilys „Uralte Metropole“, vielleicht aber auch nur, weil er die Magie aus den Geschichten seiner Mutter über Jahre hinweg erfolgreich verdrängt hat. In seinem „London-Leben“ könnte Colin durchaus der Typ Mensch sein, der den Kampf von Engeln und Trickstern um sich herum überhaupt nicht wahrnimmt. Erst durch die Rückkehr nach Schottland, insbesondere durch das Wiederaufleben seiner alten Liebe zum Friedhofsmädchen Livia, lernt Colin, die Magie der Welt um sich herum wieder wahrzunehmen. Der Leser folgt der Entwicklung seines Charakters unmittelbar, man fühlt sich selbst sogar etwas verloren in dem Strudel der Ereignisse.

Fabula ist ein Märchen über die Macht der Worte und Geschichten, die wohl fast jeden Menschen in seiner Kindheit fasziniert hat. Wer hat sich nicht vorm bösen Wolf oder dem Monster unter dem Bett gefürchtet? Christoph Marzi bringt diese Geschichten zurück und konfrontiert einen Mann damit, der die Ängste seiner Kindheit verdrängt hat und sich fest in der Realität verankert fühlt. Dass hier ein Erwachsener gewählt wird, unterstreicht die Situation – plötzlich kehrt alles zurück und der reife Verstand findet sich in einer Welt wieder, die er so bemüht als Einbildung abgetan hat, dass er sie komplett verdrängt hat. Dieses geschickte Spiel macht Fabula reizvoll und zieht den Leser mit, sodass es nach kurzen Startschwierigkeiten ein absolut lesenswerter Roman ganz in gewohnter Marzi-Manier ist. So ganz kommt es allerdings nicht an die Magie heran, die die „Uralte Metropole“-Reihe inne hatte.
Am Ende dieser Ausgabe gibt es noch eine kleine Kostprobe der Kurzgeschichtensammlung „Nimmermehr“, die Lust auf mehr macht.

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Christoph Marzi – Fabula
Heyne, Paperback, 2007
496 Seiten
14,00€

Ebook: 10,99€

Fabula bei Heyne

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Christoph Marzi

 

„Alles ist möglich,“ wiederholte der Engel, „denn dies ist London.“

 

In London häufen sich die Geschichten über einen merkwürdigen Nebel, der die Stadt heimsucht und Menschen in einen tiefen Schlaf versetzt, als Emilys Freund Adam ihr offenbart, dass er nach Paris gehen will, um dort ein erfolgreicher Musiker zu werden. Zurück in die Stadt, in der die beiden sich einst getroffen und verliebt haben – und die Emily dennoch hasst. Niemals würde sie ihn dorthin begleiten, noch dazu wo er sie derart vor vollendete Tatsachen gestellt hatte. So bleibt sie allein und verletzt in London zurück, nur um den nächsten Schicksalsschlag zu erfahren – in Moorgate Asylum ist ihre Mutter ein Opfer dieser mysteriösen Nebel geworden. Ihre kleine Schwester Mara scheint sie aus unerfindlichen Gründen zu hassen und zu ihrer besten Freundin Aurora hat sie seit Adam bei ihr ist kaum Kontakt. Seit dem Tod Micklewhites hat der arrogante Triastan Marlowe die Bibliothek übernommen und überhaupt scheint gerade die ganze Welt aus den Fugen zu geraten. Lilith sucht in der Hölle noch immer nach ihrem Geliebten, der irgendwie der Schlüssel zu den neuesten Ereignissen zu sein scheint, doch wie weitreichend und verworren die Mysterien Londons noch sein werden, das ahnt niemand…

Lumen als bombastischer Abschluss der Trilogie um Emily Laing und die Uralte Metropole könnte beeindruckender kaum sein.
Man fühlt sich direkt wie bei einem guten, alten Freund. Marzis eigenwilliger Schreibstil voller Vor- und Rückgriffe ist bereits vertraut, und doch spürt man einen ganz essenziellen Unterschied: Emily ist erwachsen geworden. Thematik und Wortwahl sind komplexer geworden, was in Lycidas noch durch die Blume gesagt wurde, wird nun gerade heraus angesprochen. Emily nimmt die Welt nicht mehr mit den Augen des kleinen Waisenmädchens wahr, das sie einst war, sie scheint wacher und aufnahmefähiger als noch im zweiten Band. Die Bedrohungen, derer sie und Wittgenstein sich erwehren müssen, sind längst nicht mehr nur übersinnlich, sondern ganz weltlicher Natur, wie sich spätestens in Prag herausstellt. So setzt Marzi seine Charaktere nun einer ganz neuen Gefühlsregung aus: vollkommener Hilflosigkeit. Dasitzen und warten, nichts in der Hand zu haben und hoffen, dass ein Wunder geschieht – in dieser Situation finden sich die Verbündeten im Kampf gegen den Untergang Londons nicht nur einmal wieder.
Trotz der sehr erwachsenen Themen, schafft Marzi es, die Magie seiner Geschichten nie aus den Augen zu verlieren. So lernen wir in der Stadt der Schornsteine „Londons Efeu“ kennen, den freundlichen Nebel, der von der Themse her die Städte durchstreift und nie weit ist, wie fast jedem Besucher dieser wundervoll mysteriösen Stadt schon einmal aufgefallen ist. In Prag (das keine eigene „Uralte Metropole“ besitzt, weil es selbst eine solche ist) begegnen Emily und Tristan einem Mann mit Papiermund, der Geschichten verkauft und in dessen Büchern eine ganz besondere Magie lebt. Diese liebevollen Details machen Lumen zum wohl zauberhaftesten der drei Bücher.
Der Leser trifft alte Freunde und neue Feinde, manchmal sogar in der gleichen Person, und muss sich einmal mehr der Herausforderung stellen, in Marzis genial gesponnenem Geflecht aus Intrigen und Lügen herauszufinden, was vor sich geht und wem zu trauen ist. Sogar längst vergessene Charaktere tauchen wieder auf, sodass am Ende doch jeder seinen Platz in der Welt und seine Aufgabe zu erfüllen hat – selbst ein kleiner, längst vergessener Waisenjunge…
In Lumen überwiegen die biblischen Motive, der ewige Kampf zwischen den Engeln, den Lucifer mit seinem Aufbegehren angefacht hat, wird schließlich von allen Seiten beleuchtet und mit viel Fantasie ausgeschmückt. Bei einem Setting in Prag dürfen natürlich auch Anspielungen an Franz Kafka nicht fehlen, besonders die Käfer-gesteuerte Bürokratie ist eine witzige Idee.
Nicht nur ist Emily erwachsen geworden, auch fast jeder in ihrem Umfeld erfährt Veränderungen. Nichts bleibt wie es scheint, und manche alten Bekannten scheinen erst jetzt zu begreifen, was das Leben wirklich bedeutet und dass nicht Rache und Missgunst die stärksten Antriebe sind, sondern nur wahre Liebe dazu führt, dass Menschen über sich selbst hinauswachsen. Und schließlich lernen alle auf die eine oder andere Art, dass alles Kostbare vergänglich ist, denn erst dadurch wird es wirklich kostbar.

Ein traumhaftes Ende für eine so vielschichtige, fantastische und hinreißende Geschichte, die bis zur letzten Seite noch Überraschungen bereithält und den Leser vollkommen in ihren Bann zieht. Ich habe jedes Wort genossen und bin jetzt, da es vorbei ist, tatsächlich ein wenig traurig, mich von Emily und Master Wittgenstein zu verabschieden.
Für Fans der „Uralten Metropole“- Reihe ein absolutes Muss.
Für solche, die noch keine Fans sind, ebenso. Nachdem sie Lycidas und Lilith gelesen haben.

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Christoph Marzi – Lumen
Heyne, Taschenbuch, 2012
798 Seiten
9,99€

Ebook: 8,99€

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Christoph Marzi