Eine Welt, rot mit weißen Punkten

© Christoph Marzi

© Christoph Marzi

Kaum eine Beweihräucherung, die ich über Christoph Marzi noch nicht zu Papier gebracht hätte, und immer wieder bringt er mich zu neuen virtuellen Kniefällen vor seinen Ideen und seinem Talent, dem Leser mit seinen Worten Bilder in den Kopf zu malen. Anlässlich seines brandneuen Romans Die wundersame Geschichte der Faye Archer (http://www.schwarzesbayern.de/?p=3787) habe ich den Autor um ein kleines Interview gebeten.

Enchi: Beschreibe „Die wundersame Geschichte der Faye Archer“ in einem Satz.
Christoph Marzi: Eine Geschichte, die wie ein güldener Herbsttag ist.

Enchi: Musik spielt in den meisten deiner Romane eine essenzielle Rolle, in „Faye Archer“ womöglich noch mehr als sonst. Machst du selbst Musik? Wie kommen dir Ideen wie „September on my tongue“ oder „Miss Coffee“ – gibt es Melodien dazu in deinem Kopf?
CM: Ich bin in der Lage, meinem Klavier Melodien zu entlocken, spiele aber weder regelmäßig noch besonders gut (wenngleich ich als Kind jahrelang Unterricht hatte). Die Melodien haben immer mit bestimmten Stimmungen zu tun, mit Farben, Emotionen. In diesem Kontext entstehen dann die Titel und die Melodien. Heißt konkret: Ja, ich stelle mir meistens konkrete Melodien (oder vielleicht besser: Rhythmen) vor.

Enchi: Alex arbeitet bzw. arbeitete an einer Graphic Novel. Könntest du dir vorstellen, selbst an einem solchen Projekt mitzuwirken?
CM: In jedem Fall, ich wäre begeistert, wenn ein Zeichner mit diesem Anliegen an mich herantreten würde.

Enchi: Faye findet Alex über Facebook wieder. Was hältst du von Sozialen Medien, und wie sieht deiner Meinung nach die Zukunft der Kommunikation aus?
CM: Keine Technologie ist gut oder böse. Die Sozialen Medien gehören zum Leben dazu, und es ist wichtig, gerade für Jugendliche, dass man weiß, wie man sie nutzt. Wie die Zukunft der Kommunikation aussieht, weiß ich natürlich nicht. Ich denke aber, dass alles irgendwann ein Gleichgewicht finden wird, in dem es sich gut leben lässt.

Enchi: Faye Archer ist eher eine charmante amerikanische Liebesgeschichte als ein Fantasy-Roman. Wolltest du bewusst weg von Welten wie der Uralten Metropole und Malfuria, hin zu subtilerer Fantasy?
CM: Die Geschichte kam mir einfach in den Sinn. Klingt banal, war aber so. Ich wollte eine Geschichte schreiben, die wie Easy Listening ist. Eine Geschichte, bei der man sich einfach nur wohl fühlt. Faye Archer ist eins mit ihrer Musik und den Farben von Brooklyn Heights. Es hat gut getan, dort zu verweilen.

Enchi: Faye hatte Probleme mit ihrer Mutter. Damit passt sie in die Reihe vieler deiner Charaktere: Waisen, Scheidungskinder … Warum spielen in deinen Romanen oft Kinder und Jugendliche mit schwierigen Hintergründen die Hauptrolle?
CM: Charaktere mit schwierigen familiären Hintergründen sind interessant für einen Schriftsteller, weil so vieles geschehen kann.

Enchi: Einige deiner Charaktere – insbesondere fällt hier Vesper Gold aus Grimm auf – sind ziemlich goth, und wir heißen ja auch nicht umsonst SchwarzesBayern. Hast du Bezüge zur schwarzen Szene?
CM: Nein, eigentlich gar nicht. Früher schon eher, aber seit Jahren werde ich immer bunter.

Enchi: Insider-Frage: David Tennant oder Matt Smith?
CM: David Tennant! Ganz klar. Aber auf Peter Capaldi bin ich sehr gespannt.

Enchi: Auf welches Buch wärst du stolz, hättest du es geschrieben?
CM: Große Erwartungen

Enchi: Mit wem würdest du gerne mal Tee trinken (fiktiver Charakter oder realer Mensch)?
CM: Ian Malcolm, Tim Burton, Bob Dylan, Grady Tripp und Judi Dench.

Enchi: Wie sieht für dich ein perfekter Tag aus?
CM: Rot mit weißen Punkten!

Enchi: Hast du einen Lieblingscharakter aus deinen eigenen Büchern?
CM: Ich mag Colin Darcy sehr, ebenso Faye Archer und Piper Hepworth. Und natürlich Chico, das Stoffäffchen.

Enchi: Wer war der Held deiner Kindheit?
CM: Captain Future, Zorro (der aus Western von gestern), Mr. Spock. Und die Wombles.

Enchi: Dein erstes Buch?
CM: Ein Schneiderbuch mit dem Titel Flieg, kleine Amsel, flieg.

Enchi: Was sollte jeder unbedingt im Bücherregal stehen (und natürlich auch gelesen) haben?
CM: Etwas von Charles Dickens.

Enchi: Welches Buch hast du zuletzt ausgelesen, und wie war‘s?
CM: The Ocean at the End of the Lane von Neil Gaiman. Erschreckend schön und nostalgisch und, glaube ich, nur zu verstehen, wenn das Kind, das man einmal war, noch immer lebendig ist.

Enchi: Was hältst du von Buchverfilmungen, und könntest du dir eines deiner Bücher als Film vorstellen (wenn ja, welches)?
CM: Ich liebe Filme. Ich schaue mir alles Mögliche an. Vorlagentreue ist nicht so wichtig, wenn die Stimmung und die Aussage der Vorlage erfasst wird. Von meinen Romanen würde ich gerne Fabula, Piper und Faye verfilmt sehen (darüber hinaus wäre ich ganz versessen auf Nimmermehr). Die anderen natürlich auch. Am Ende wäre es in jedem Fall faszinierend zu sehen, wie ein Film dazu aussehen würde.

Enchi: Was inspiriert dich zum Schreiben, woher nimmst du all diese fantastischen Ideen?
CM: Zu Schreiben ist ein zwanghaftes Verlangen. Die Ideen … fallen mir ein. Schwierig zu sagen. Heute werden sie zu Geschichten, früher wurden sie zu Klassenbucheinträgen.

Enchi: Wie lange dauert es von der ersten Idee bis zum fertigen Buch?
CM: Das ist sehr verschieden. Und schwierig zu beantworten. Wenn ich aber erstmal mit dem Schreiben begonnen habe, wird die Geschichte auch zu einem Ende geführt.

Enchi: Was ist in Arbeit, worauf dürfen deine Leser sich freuen?
CM: Der aktuelle Roman trägt den Arbeitstitel MAINE. Das Manuskript wächst und wächst und wird demnächst fertig sein (hoffentlich, bevor die bösen Deadline-Monster ausschwärmen). Ein Jugendroman, der an der Küste von Maine spielt. Mehr verrate ich an dieser Stelle noch nicht.

Enchi: Ein paar abschließende Worte. Was möchtest du SchwarzesBayern unbedingt sagen?
CM: Vorsicht vor Faye Archer. Die Welt wird schnell ganz rot mit weißen Punkten, wenn man ihre Musik hört …

Wer jetzt neugierig geworden ist, kann sich auf Christoph Marzis Homepage und der liebevoll gepflegten Facebookseite umsehen. Seine Romane erscheinen bei den Verlagen Heyne und Arena, und viele Rezensionen dazu findet ihr natürlich hier auf SchwarzesBayern.

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