Abgebrannte Schattenburning_shadows_gather_darkness_cover

Ihrem zweiten Album Gather, Darkness! haben die Power Metaller von Burning Shadows das Prädikat „Konzept-Album“ verliehen, denn die Jungs aus Washington DC fahren mit etwas eher Ungewöhnlichen auf. Sie haben ihr Album in vier Abschnitte (eine Ouvertüre und drei Akte) unterteilt, was Gather, Darkness! im wahrsten Sinne des Wortes zu einer Metal-Oper macht. Namensgebend für das Album und Hauptthema ist der Science Fiction-Roman Gather, Darkness! von Fritz Leiber, der als Wegbereiter dieses Genre angesehen wird.
Die Frage ist nun: Geht dieses Konzept am Ende auch zugunsten von Burning Shadows auf? Ich möchte dem nicht vorgreifen, sondern die Sache von vorn her aufrollen.

Gather, Darkness! setzt mit einer Ouvertüre ein, die absolut nichts mit Power Metal gemein hat. Statt harten Gitarrenriffs und Bassklängen ist „Hymn to Sathanas“ ein durch und durch klassisches Stück. Streich- und Blasinstrumente erzeugen eine atmosphärische Grundstimmung, die Lust auf die nachfolgenden Songs machen. Eine perfekte Einleitung für das Album.

Es folgt der erste Akt „A Thousand Lies“, der mit dem Song „A New Dark Age“ eingeleitet wird. Dieser startet schon viel rockiger als die Ouvertüre, hier handelt es sich also wieder um einen klassischen Metalsong. Handwerklich kann man Burning Shadows nichts vorwerfen, der Song ist solide gemacht. Allerdings fehlt das gewisse Etwas, um wirklich im Gedächtnis zu bleiben. Die Melodie weißt keine großartigen Besonderheiten auf, die Lyrics versteht man aufgrund des eher unbekannten Themas (anders als zum Beispiel Herr der Ringe) nicht wirklich, und leider ist auch die Stimme von Tom Davy nicht unbedingt eine, an die man sich gleich erinnert. Ihm fehlt die gesangliche Einzigartigkeit eines Hansi Kürsch (Blind Guardian) oder eines David Draiman (Disturbed). So aber verfliegt der Klang von Tom Davy so schnell wieder, wie er ins Ohr gekrochen ist.
„Intra Vires“ geht nahtlos in „A New Dark Age“ über, und hier liegt in meinen Augen (und Ohren) das Hauptproblem der Scheibe. Wenn man nicht genau hinhört, dann merkt man fast nicht, wann ein Song endet und der nächste beginnt. Burning Shadows hat ganz bewusst auf die Cuts zwischen den Liedern verzichtet, aber einen Gefallen haben sie sich damit nicht wirklich getan. Durch das Fehlen von Pausen hat man das Gefühl, einen einzigen Song zu hören, obwohl es eigentlich zwei sind. Das nimmt jedem Song seine Einzigartigkeit. So klingt „Intra Vires“ wie sein Vorgänger und hebt sich nicht deutlich genug ab.
Der nächste Fehler folgt auf dem Fuß, und er trägt den Namen „Onward“. Ein Instrumentalstück von monumentalen 6 Minuten und 8 Sekunden mitten in einem Album zu platzieren, auf dem sowieso verhältnismäßig wenig gesungen wird, ist nicht gerade der klügste Zug der Band gewesen. Und auch hier fehlt eine klare Abgrenzung zu dem Song davor. Der erste Akt verkommt damit zu einem 13 Minuten langen angereihten Metallmonster, das in keinem Aspekt wirklich überzeugen kann.

Hier wünscht sich der Hörer, dass der zweite Akt „To Ruin & Divide“ mit mehr Abwechslung und Hörvergnügen aufwarten kann.
Zwischen Akt 1 und Akt 2 hat man endlich auch mal den lang ersehnten Cut, es kann also nur aufwärts gehen. Melodisch gelangt „The Witchmark“ auch von Anfang an gut in den Gehörgang und lädt zum Kopfnicken an. Allerdings trübt Tom Davys Gesang die Euphorie etwas, die Rhythmik des Textes passt in meinen Ohren nicht wirklich zu der Melodie. Trotzdem hört man weiter und weiter und weiter und … Ihr merkt, worauf ich hinaus will? Hier fehlt wieder der Cut, hier deutlicher denn je. Wenn man nicht die Augen auf das Display geheftet hat, merkt man nicht, wo „The Witchmark“ endet und „Man from Myth“ beginnt.
Dieses Ärgernis entschädigt der Song jedoch wieder, denn Melodie und Gesang sind hier wirklich sehr gut und machen „Man from Myth“ zu dem besten Lied des Albums. Der Song bleibt auch am ehesten im Ohr, allerdings wird hier ebenfalls weniger gesungen. Man könnte fast meinen, Tom Davy würde seine eigene Stimme nicht gefallen, so wenig macht er von ihr Gebrauch.
Wieder ohne wirkliche Pause geht „Man from Myth“ in den dritten Song des zweiten Akts, „Cast Them Down“, über. Es ist das härteste Stück des Albums, und auch hier singt Davy wie schon bei dem Stück zuvor wirklich gut. „Cast Them Down“ kommt vom Sound her am ehesten an den Power Metal aus Europa heran. Nach diesen beiden Songs macht Gather, Darkness! wirklich Spaß und entwickelt sich zu einem soliden Power Metal-Album.
Es folgt das längste Stück des Albums, „Kingdoms Fall“. Ganze 7 Minuten und 6 Sekunden läuft der Song, doch mir kam es wie eine gefühlte Ewigkeit vor. Denn „Kingdoms Fall“ hat mit Power Metal wie ich es kenne kaum etwas zu tun. Es ist eine Metal-Ballade, die an Songs von Metallica erinnert. Das mag an sich nicht schlecht sein, doch dieser eine Song zerstört die Stimmung, die „Man from Myth“ und „Cast Them Down“ aufgebaut haben, fast augenblicklich. Das Lied wirkt wie ein Fremdkörper, damit haben sich Burning Shadows wirklich keinen Gefallen getan.
Akt 2 hat gut begonnen, stark weitergemacht und dann rapide nachgelassen. Man darf gespannt sein, ob Akt 3 – „Breaking The Sanctuary“ – es besser macht.

Jedoch folgt mit „Abandonment“ noch ein Song, der stark an Metallica erinnert, noch mehr als „Kingdoms Fall“. Doch anders als im Lied zuvor, fehlt es hier komplett an einer rockigen Melodie. Wer glaubt, das Album findet mit dem dritten Akt zurück in die Power Metal-Spur, wird mit „Abandonment“ völlig enttäuscht. Das Lied hat mit Power Metal absolut gar nichts zu tun.
Nach knapp 4 Minuten ist der Spuk jedoch vorbei, und es geht mit „To Assent the Fall“ endlich wieder metallisch weiter. Hier wird auch wieder mit eher dürftigen Lyrics geglänzt, und die schreit Tom Davy so ins Mikro, dass man am liebsten weghören will.
Gather, Darkness! endet schließlich mit dem Song „The Infamous Dawn“. Hier geben Burning Shadows noch mal alles. Hier klingt Davys Stimme wieder sehr gut, hier passt die Rhythmik der Lyrics wieder in die Rhythmik der Melodie. Hier will man wieder mitnicken. Doch leider kommt der Song zu spät, um noch wirklich viel herauszureißen.

Fazit: Mit dem Konzeptalbum Gather, Darkness! wollten die Washingtoner Metall-Boys von Burning Shadows einen neuen Weg gehen. Doch das ist ihnen überhaupt nicht gelungen. Die fehlenden Cuts zerstören viel von dem bisschen Stimmung, die sie aufbauen können. Die Songs verlieren dadurch ihre Eigenständigkeit und versinken im Morast der Bedeutungslosigkeit.
Zu kritisieren ist auch die nicht konstante Stimme von Tom Davy. Während er bei dem einen Song noch wirklich toll singt, klingt er beim nächsten schon wieder völlig auswechselbar. Mit den Genre-Größen kann Davy bei weitem nicht mithalten.
Burning Shadows hat viel gewagt und vieles falsch gemacht. Dabei herausgekommen ist ein Konzeptalbum, das über weite Strecken nicht über das Mittelmaß hinauskommt und sich selbst im Weg steht. Deshalb nur zwei von fünf Moschern.

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Mein Anspieltipp: Man from Myth

Burning Shadows: Gather, Darkness!
CD Baby.Com/Indys, 05.06.2012
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Tracklist:
Overture
1. Hymn to Sathanas (3:28)
A Thousand Lies
2. A New Dark Age (4:12)
3. Intra Vires (3:10)
4. Onward (6:08)
To Ruin & Divide
5. The Witchmark (2:02)
6. Man From Myth (4:46)
7. Cast Them Down (2:16)
8. Kingdoms Fall (7:06)
Breaking the Sanctuary
9. Abandonment (3:56)
10. To Assent the Fall (4:04)
11. The Infamous Dawn (4:15)

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