sex appeal – happy meal

NorthTale-Welcome-To-Paradise-ArtworkAls Gitarrist Bill Hudson von Dirkschneider und Sänger Christian Eriksson von Twilight Force mit ihren Bands auf einem gemeinsamen schwedischen Festival spielen, wird die Idee zu NorthTale geboren. Beide wollten ohnehin mit Drummer Patrick Johansson von Yngwie Malmsteen zusammenarbeiten, und mit Bassist Mikael Planefeldt von Streamline und Jimmy Pitts am Keyboard ist die Band komplett.
Twilight Force haben mich vor ein paar Jahren als Vorband von Gloryhammer als Gewinner des Abends überrascht, an dem ich nur wegen einer gewonnenen Freikarte teilgenommen habe. Denn normalerweise kann man mich ehrlich gesagt mit derzeit schwer angesagten Power-Metal-Bands wie Sabaton, Powerwolf und Konsorten jagen. Aber so wage ich mal den Blick über den Tellerrand und gebe NorthTale eine Chance.

Der Beginn von „Welcome to paradise“ zeigt direkt, wohin die Reise geht. Ein leichtes Retro-Feeling macht sich breit, die Neunziger Jahre lassen grüßen mit Bands wie Helloween und Iron Maiden. Dann geht es „Higher“ und passagenweise auch schneller zu, der Power Metal wird voll aufgefahren. Heroisch galoppiert die Band voran und fordert: „Follow me“. Unterstützt wird dies durch den Pathos in Erikssons Stimme. Das etwas ruhigere „The rhythm of life“ folgt ein Stück weit Stratovarius, dann heißt es „Time to rise“, bei dem das Zusammenspiel von Gesang und Instrumenten auf den Punkt ist. Es folgt die Ballade „Way of the light“, bei dem ich leider Gothes passagenweise die Megaschnulze „Angel“ von Robby Williams im Ohr habe. Dafür entfacht „Shape your reality“ im Anschluss ein wütendes Gewitter, auch wenn der Refrain eine catchy Hookline liefert.
Auf „Everyone’s a star“ probiert sich Eriksson auch in Sprechgesang, und wenn sich „sex appeal“ mit „happy meal“ reimt, dann lädt das zum Schmunzeln ein. Nach zwei Dritteln des Albums macht sich dennoch eine gewisse Routine breit, und mittlerweile kann ich den Melodieverlauf von „Siren’s fall“ schon vorhersehen. „Bring down the mountain“ drückt wieder aufs Tempo und überrascht dafür doch wieder etwas, da Eriksson seine Stimme in den Strophen anders einsetzt. Power Metal zum Mitsingen bestimmt „Playing with fire“, bei dem das Drumming besonders positiv auffällt. Nun prescht „If angels are real“ wieder ungestüm nach vorn und schielt angenehm in Richtung Speed Metal. Auch die typischen Solo-Ausflüge der Leadgitarre dürfen hier nicht fehlen. Zum Abschluss folgt mit „Even when“ eine schnulzige Ballade, die beinahe schon Musical ist. So etwas ist immer Geschmackssache, aber auf jedenfall sehr gefühlvoll gesungen, Orchester und Chor sorgen für den nötigen Bombast. Ich hätte da aber drauf verzichten können.

Fazit: Einen Blick über den Tellerand habe ich wagen wollen, und muss nun zugeben, mich dabei zu weit aus dem Fenster gelehnt zu haben – Power Metal ist einfach nicht mein Ding (Gloryhammer ist die Ausnahme, die diese Regel bestätigt). Für die musikalischen Vorlieben von Rezensenten kann aber weder die Band noch das Genre etwas, und ich bin sicher, dass NorthTale in der Power-Metal-Gemeinde eine große Zukunft haben werden. Man spürt deutlich das Herzblut, das die Band in ihr Debüt Welcome to paradise hat einfließen lassen – und eine gewisse Nähe zu Stratovarius und Hammerfall. Die Produktion ist glasklar, sodass die kraftvolle Stimme von Eriksson stets im Vordergrund steht. Mit dem allgemeinen Pathos kann ich mich nicht anfreunden, stellenweise empfinde ich es als kitschig, doch handwerklich ist Welcome to paradise gut gemacht. Also von meiner persönlichen Bewertung nicht beeinflussen lassen und das Paradies selbst betreten.

Anspieltipps: Welcome to paradise, Higher, Time to rise, If angels are real

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NorthTale: Welcome to paradise
Nuclear Blast Records, Vö. 02.08.2019
CD 14,99 €, LP 17,99 € erhälich bei Nuclear Blast Records

Homepage: www.facebook.com/northtaleofficial
www.instagram.com/northtaleofficial
www.nuclearblast.de

Tracklist:
01 Welcome to paradise
02 Higher
03 Follow me
04 The rhythm of life
05 Time to rise
06 Way of the light
07 Shape your reality
08 Everyone’s a star
09 Siren’s fall
10 Bring down the mountain
11 Playing with fire
12 If angels are real
13 Even when

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