torshammare:

20180521_125401Heute wird es heiß, sehr heiß, also mein absolutes *hust* Traumwetter. Ich fahre trotzdem ins Heidnische Dorf, auch wenn gestern die Schlange am Einlass wohl bis zur Tram reichte (Tagesbesucher, Taschenkontrolle, Einlasstopp, WGTler mit Bändchen, die nicht wussten, dass man vorbeilaufen kann? Man weiß es nicht, aber laut Berichten ging nichts mehr vorwärts), obwohl Schandmaul doch sogar krankheitsbedingt ausfielen. Heute habe ich jedoch Glück, bin sofort drin und springe dann von Schatten zu Schatten. Es ist moderat gefüllt, man muss an keinem Stand lange warten und sieht auch alles, was man sehen möchte. Ich ziehe dann trotzdem bald weiter zum agra-Gelände, noch mal durch die Markthalle schlendern und schließlich mit diversen Freunden im Schatten an einem der Biergartentische die Zeit totschlagen. Dementsprechend unmotiviert bin ich dann auch, mich auf den Weg in die Kuppelhalle zu machen, wo für heute große Dinge angesagt sind. Zum Glück (?) verschiebt sich das Programm dort um eine Stunde, weshalb ich trotz Trägheit nur Sarin verpasst habe und von Beinhaus zumindest noch einen Eindruck bekomme (der mir auch reicht). Bei den Deutschen Sardh ist dann schon der Soundcheck spannend und laut, diverse Kästchen und verschiedenste Instrumente werden getestet und eingestellt, und ich bin gespannt, was daraus dann wird. Tatsächlich etwas richtig Tolles, auch wenn man sich an den vielfältigen und oft anstrengenden Sound und den durchdringenden Gesang erst gewöhnen muss. Nach und nach fügt sich aber alles zusammen, das Experimentelle wird zu einem großen Ganzen, und etwa ab der Hälfte des Sets kann man sich wie so oft bei diesen Acts von der Geräuschdecke einhüllen lassen. Laut Webseite der Band handelt es sich bei dem Auftritt um eine Uraufführung, „SARDH:UNORT“, wird geboten, mit Matthias Jackisch als Gast an den Steinflöten. Und gerade diese live gespielten Flöten verleihen dem Ganzen wirklich etwas Besonderes. Nach anfänglicher Skepsis bin ich nach dem Auftritt von Sardh jedenfalls völlig überzeugt und empfehle die Band jedem, der auf experimentelle Klangkunst steht.

20180521_204748Weitaus ruhiger und auch ein wenig langweiliger wird es bei den Norwegern Svartsinn in der Kantine, die sehr, sehr ruhigen Dark Ambient spielen, den man sich zwar gut anhören kann, der einen aber nicht ganz so mitreißt wie andere Vertreter dieses Genres. Auf Konserve hatte mir das gut gefallen, live komme ich nicht so richtig rein – vielleicht war’s auch der falsche Tag. Ich verziehe mich daher bald wieder rüber in die Kuppelhalle, weil der nächste Künstler auf dem Programm wirklich spannend zu werden verspricht.

20180521_212930Tristan Shone – aka Author and Punisher – aus den USA ist ein Ein-Mann-Phänomen, der die unglaublichsten Sounds und Geräusche mit selbst entworfenen und angefertigten Gerätschaften erzeugt, zusammen mit herkömmlicher Elektronik. Ein halskrausenartiger Stimmverzerrer um den Hals, ein seltsam aussehendes Mikro, verschiedene Kegel und Griffe auf dem Tisch … schon der Soundcheck ist ein Erlebnis. Das eigentliche Konzert ist dann wirklich so mitreißend und einzigartig wie erhofft, Tristan brüllt, fiept, spricht, kreischt und verzerrt sich die Seele aus dem Leib, während seine Hände unablässig Geräusche aus den Maschinen und Kästchen zaubern, die sich mal zu einer brachialen Drone-Mischung, mal zu tanzbaren, harten Rhythmen zusammenfügen. Man weiß gar nicht, wo man zuerst hinschauen soll, so vielfältig sind die Geräuschquellen, so meisterhaft und hochkonzentriert bedient Tristan alles. Eigentlich wäre das Musik zum Augenschließen, was aber in diesem Fall richtig fatal wäre, denn es gibt viel zu sehen. Der interessanteste und innovativste Künstler meines WGTs!

20180521_225102Danach pendele ich zutiefst beeindruckt wieder rüber in die Kantine und sichere mir einen Platz in den vorderen Reihen, denn der Schwede Thomas Ekelund aka Trepaneringsritualen steht auf dem Programm. Bei der Tour mit Batushka im Januar (Review) hat er mir schon sehr gut gefallen, und jetzt im passenden musikalischen Umfeld wirkt sein verzerrter Sprechgesang zu düsterer Elektronik noch eindringlicher. Allein auf der Bühne, anfangs wieder mit dem Leinensack über dem Kopf, Blut an Armen und in den zotteligen Dreadlocks erschafft der Mann eine mitreißende und apokalyptische Atmosphäre, wie ich sie in dem Genre noch selten gesehen habe. Für mich ein Hochgenuss, für viele andere auch. Eigentlich könnte ich jetzt das WGT ausklingen lassen, aber noch ist der Abend nicht vorbei.

In der Kuppelhalle drängt man sich nämlich schon dicht an dicht, der Grund der einstündigen Programmverschiebung (zumindest munkelt man das) gibt sich die seltene Ehre und tritt zudem das erste Mal überhaupt auf dem WGT auf: Blixa Bargeld. Zusammen mit Teho Teardo hat er in den letzten Jahren zwei bezaubernde, extrem zurückgenommene, aber auch extrem auf den Punkt gebrachte Platten veröffentlicht (Review Nerissimo), und genau dieses Programm erwartet uns heute. Um halb zwölf betritt der Meister dann endlich zusammen mit Teho Teardo an der Gitarre und einigen Streichern die Bühne, wirkt wie so oft leicht ungehalten und bricht nach den ersten Tönen gleich mal wieder alles ab. „There’s NO monitor!“ Nachdem die kleine Panne behoben ist, kann es aber losgehen, und schon bei „Nerissimo“ – der englischen Fassung – ist man sofort drin. Blixas Stimme klingt so einzigartig wie eh und je, und auch wenn man vielleicht mit den schon sehr, sehr ruhigen Stücken dieser Kollaboration weniger anfangen kann als mit den Neubauten-Songs, ist es ein Genuss. Einige Songs sind auf Italienisch, weshalb Blixa auch gleich zu Anfang fragt, ob Italiener anwesend sind – ein paar versprengte scheinen sich im Raum zu befinden. Nach einem Caetano-Veloso-Cover, „The empty boat“, geht es Schlag auf Schlag, trotz der späten Stunde und des langen Festivals sind die Leute konzentriert und andächtig dabei – wie auch der Song „Ich bin dabei“, der mir den zweiten tagelangen Ohrwurm beschert und mein Liebling auf der Platte Nerissimo ist. Leider kann ich nicht ganz bis zum Schluss bleiben, weil ich noch eine vernünftige Trambahnverbindung erwischen möchte, aber ich bin froh, so lange ausgeharrt zu haben. Blixa ist immer ein Erlebnis, egal in welcher Bandkonstellation, und zusammen mit der geliebten Kuppelhalle ein perfekter WGT-Ausklang. Wehmütig, aber auch rundum glücklich fahre ich in die Wohnung zurück. Danke, Leipzig, danke, WGT!

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Phoebe:

westside story_Bild Copyright_Ida Zenna

Der Schatz musste zum Zug, und das passte zeitlich hervorragend zu meinem Anstehen an der Oper für West Side Story. Noch nie war ich so früh dran, dass ich oberhalb der Stufen Platz hatte, was dafür sprach, dass man große Chancen aufs Reinkommen hatte. Aber: Man musste sich wirklich vor der Sonne schützen, es war außerordentlich warm. Als dann um 14 Uhr die Tür aufging, die schwarze Meute sich auf das Kontingent von 150 Karten gestürzt hatte und dieses ausgegeben war, konnte man ganz ruhig etwas Kaltes trinken und seinen Platz aufsuchen. West Side Story ist ein amerikanisches Musical von 1957. Die Musik stammt von Leonard Bernstein, selbst Sohn einer Einwandererfamilie und Zeit seines Lebens in gewisser Weise ein Rebell. Die Handlung ist eigentlich schnell erzählt: Es ist im Prinzip eine Übertragung der Geschichte von Romeo und Julia ins New York der Neuzeit, handelt von einem Paar, das nicht zusammenkommen darf. Das Mädchen, Maria, ist nämlich Puertoricanerin, Tony, der junge Mann, ist US-Amerikaner. Das Stück ist ganz modern inszeniert, Hits wie „Maria“, „America“, „I feel pretty“ klingen gar nicht angestaubt, sondern passen, wie das ganze Musical, sehr gut in die heutige Zeit, vor allem in das heutige Amerika. Es gab Standing Ovations, mehrere Vorhänge, und noch der letzte Goth hat vom Rang herab mit den Schuhen Applaus getrampelt. Immer wieder schön zu sehen, dass diese Kultur-Events in der schwarzen Szene so einen großen Fan-Kreis haben. Schade, dass es heuer weder ein Musical in der Musikalischen Komödie noch ein Ballett in der Oper für uns Schwarze gab.

Danach sich noch mit lieben Menschen zum Essen treffen und zum Ausklang nochmal auf die Gothic Pogo Party. Ist einfach nicht so überfüllt dort wie in der Moritzbastei und dergleichen.

Freu mich schon auf nächstes Jahr!

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Mrs.Hyde:

© Crimson Ghosts-FB

© Crimson Ghosts-FB

Wir fahren zunächst zur agra raus, um noch einmal zu bummeln, aber viel ist auch heute nicht los. Im Täubchenthal eröffnen dann Scarlett And The Spooky Spiders den Tag mit solidem Horrorpunk. Die Band ist gut, aber auf Dauer ähneln sich die Songs etwas zu sehr. Das machen die Crimson Ghosts besser, denn sie verarbeiten auch Hardcore- und Metal-Einflüsse und variieren mit Tempo und dreistimmigem Gesang. Nun geht es ins Haus Leipzig zu Modern English, oder besser gesagt in die fünfzig Meter lange Schlange am Einlass, die schnell um das Fünffache anwächst. Nichts geht voran, es soll laut den Ordnern drinnen überfüllt sein. Ohne erkennbares System geht es ab und zu mal vorwärts, so dass wir erst nach einer Stunde endlich rein dürfen. Doch was ist das? Foyer leer. Treppenhaus leer. Vorraum leer. Der Saal vor der Bühne halbleer. Links und rechts befinden sich unter den Balkonen zusätzliche Seitenflügel von jeweils ca. 10×20 m, wo ein paar wenige Leute einsam am Boden sitzen. Ich strecke vor dem Mischpult meine Arme aus und drehe mich im Kreis, ohne dabei jemanden zu berühren. Nach einem halben Song werden Modern English von denjenigen frenetisch bejubelt, denen es gestattet worden ist, die Show zu sehen.

Es folgen nun Trisomie 21, zu deren Konzert der Saal gegen Ende zwar doppelt so voll wird, weil sich die Einlassschlange aufgelöst hat, wie mir ein Gang nach draußen zum Abkühlen zeigt. Aber immer noch ist das Haus Leipzig weit davon entfernt, als ausverkauft zu gelten. Sicherheitsbedenken können also nicht der Grund für den Einlassstop sein. Wir wurden schlicht von den Ordnern verarscht. Ich hätte da einen Musiktipp: Molly Nilsson – „I hope you die“. Trisomie 21 liefern ein unterirdisch schlechtes Konzert. Sänger Philippe Lomprez muss nicht nur die Texte allesamt ablesen und schafft es dennoch, Textteile zu vergessen – er verlässt sogar kurzzeitig die Bühne, als die Beleuchtung an seinem Pult ausfällt. Noch dazu gerät er stimmlich regelmäßig ordentlich in Schieflage. Als letzter Song folgt der Klassiker „The Last Song“, auf den alle gewartet haben, und nun gibt es kein Halten mehr. Wir lachen uns regelrecht schlapp, weil die Stimme Lichtjahre von der Melodie entfernt ist, es gibt nicht einmal bei einem einzigen Ton einen Zufallstreffer. Das hätte jede/r im Saal besser gesungen. Völlig unverständlich, wie man das auch noch bejubeln kann. Die Leute müssen einen Hörschaden haben oder völlig besoffen gewesen sein oder beides. Zitat eines Bekannten: „Noch nie in meinem Leben habe ich mir gewünscht, dass ein Konzert Vollplayback gewesen wäre.“

Nach der zweiten Enttäuschung ist die Laune heute endgültig im Keller, das können auch die noch folgenden Chamaeleons Vox nicht mehr rausreißen, obwohl sie nichts dafür können und das Konzert witzig eröffnen mit: „Are there any Goths in here? We like Goths, they’re the best audiences!“ Nach ein paar schönen Songs geht es dann für uns vorzeitig nach Hause. Schade, dass das WGT mit so einer Enttäuschung endet. Aber halt, es wartet ja noch zum Ausklang eine vergnügliche Küchenparty, die bis zum Morgengrauen andauert.

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Ankalætha:

Mein Montag beginnt zunächst damit, eine Freundin, die am Vortag ihr Handy zerstört hat und die ich deshalb nicht erreichen kann, anhand der Statusmeldungen ihres Freundes in der Innenstadt aufzuspüren, um ihr noch ein paar Sachen mitzugeben. Nach erfolgreicher Detektivarbeit fühle ich mich wie der reinste Philip Marlowe, aber auch genauso durstig, und mache mich auf den Weg ins Heidnische Dorf auf eine Flasche Wildrosenwein. Anschließend schaffe ich es tatsächlich, endlich auf der agra noch den einen und anderen Bekannten zu treffen, durch die Markthalle zu bummeln – und nichts zu kaufen.
Pünktlich um sieben bin ich aber in der Halle, Faderhead habe ich noch nie live gesehen, da wird es langsam mal Zeit. Der Hamburger erweist sich als durchaus sympathischer Gastgeber, bekommt zwischenzeitlich für „Watching over you” Gesellschaft von Daniel Myer sowie bei „I got my bass back” von einer maskierten Dame, deren Namen ich leider nicht mitbekommen habe, macht kurz mal Werbung für das (kostenlose) „Fist full of fuck you”-Videogame, in dem man inzwischen nicht nur ihn, sondern auch seine Opponenten aus Teil 1 spielen kann, und zwischendurch kann man beruhigt tanzen, denn wie er zu „Dancers” extra betont, ist es ja völlig egal, wie man dabei aussieht, solange man Spaß hat! Dann noch ein Hinweis auf die Tour mit Project Pitchfork im Herbst, und schon ist wieder Schluss – das hätte jetzt ruhig auch noch ein bisschen länger gehen können.
Ich verlasse die Halle nochmal, um mit einem Bekannten auf dem Zeltplatz (auf den ich eigentlich gar nicht darf, aber das interessiert am Montagabend auch keinen mehr) in der Sonne zu sitzen, schaue aber doch, dass ich zum Auftritt von Grendel wieder zurück bin. Die Musik der Niederländer mag ich eigentlich recht gerne, live wirken sie auf mich leider irgendwie fahrig. Die Songs der unterschiedlichen musikalischen Phasen werden wild durcheinandergewürfelt, ohne dass sich irgendein Spannungsbogen aufbaut. Die meisten Stücke werden dann auch noch zwecks Publikumsanfeuerung unterbrochen, was ernsthaft beim Tanzen stört, und so beschließe ich vor der – ohne Pause als solche angekündigten – Zugabe nach Hause zu fahren um zu packen, schließlich habe ich Dienstag eine lange Heimreise vor mir.
Wie immer war es sehr schön in Leipzig, auch wenn das WGT dieses Jahr für mich teilweise ein wenig unter dem Motto „Pleiten, Pech und Pannen” stand. Konzerttechnisch hat man gemerkt, dass der Wegfall des Kohlrabizirkus als zweite große Halle nicht wirklich kompensiert werden konnte. Ich hoffe sehr, dass sich dafür in Zukunft eine adäquatere Lösung findet – das Westbad ist toll, und ich würde mich freuen, wenn es weiterhin dabei ist, in Sachen Kapazität eignet es sich aber halt einfach nicht für die großen Publikumsmagneten.

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littlenightbird:

Ein relativ ruhiger Tag, an dem wir zunächst zwei Freundinnen in der Sixtina treffen, bevor diese abreisen (mein Fazit: Freunde getroffen, ein Konzert gestört und keinen Cocktail gekriegt), dann entspannt und ohne Schlange (!) im Heidnischen Dorf mit Freunden im traditionellen Mokkazelt herumsitzen und später zur agra gehen, um einzukaufen, was sich bis jetzt noch nicht in meinem Besitz befindet und noch zu haben ist. Günstig, da am Montag viele Dinge reduziert sind (Geheimtipp?!). Allerdings ungünstig, wenn man dann tütenweise Einkäufe zu Faderhead mitschleppen soll. So lerne ich nach 19 Jahren WGT auch mal die Schließfächer an der agra schätzen.

Faderhead: Mein zweites Wunsch-Highlight auf diesem WGT und die einzige Band neben SITD, die ich unbedingt sehen will. Zum Glück klappt es. Untypisch für meine sonst in Blautönen gehaltene Outfits habe ich als Gag eine rosa Flamingo-Lichterkette in meinen Haarteilen und denke schon, damit allein zu sein, als ich an der agra-Cocktailbar (wo sonst trifft man Flamingos?) plötzlich auf eine Gruppe Fremder stoße, die Aufblas-Getränkehalter-Flamingos und Plüschflamingos dabei haben! Wir feiern also schnell unsere persönliche Flamingoparty, bevor Faderhead einsetzen. Die Band präsentiert die gewohnt treibenden Elektrobeats und kommt dabei auch recht sympathisch rüber. Hier kann ich sogar die Texte zum Mitsingen verstehen (ist aber auch nicht schwer, da vieles groß auf der Leinwand steht). Ich komme endlich auf meine Tanzkosten. Sehr auch zur Freude anwesender Freunde, weil ich mich wegen der Hitze teilweise nackig machen muss (naja, bauchfrei).

© Alexander Jung - Faderhead-FB

© Alexander Jung – Faderhead-FB

Nach durchtanztem/durchschwitztem Konzert kühlen wir uns draußen im Raucherbereich ab und beraten gerade, was wir noch tun wollen, als uns eine Kohlmeisen-Familie auffällt, die ihr Nest in einer Fassadenspalte direkt über der Türe der agra-Halle hat. Rührend füttert gerade Papa Meise die lautstark zeternde (und wahrscheinlich schon konzerttaube) Brut und erinnert mich an meinen eigenen Meisenkasten zuhause, wo dieses Jahr zum Glück drei Kinder gesund ausgeflogen sind und wohl auch noch im Hof herumturnen (ich höre sie manchmal) … aber okay, ich will ja übers WGT berichten, ähem.

Wir beschließen, die Kuppelhalle aufzusuchen wegen ihrer schönen Poker-Pfandmarken, die ich sammle, aber eigentlich auch, um Freunde bei deren Konzertfavoriten aufzusuchen und später Blixa Bargeld anzusehen. Dort angekommen, müssen wir aber feststellen, dass Author & Punisher und alle anderen Bands wegen Blixa Bargelds ausführlichem Soundcheck zum einen mit über einer Stunde Verspätung losgelegt haben und zweitens keinem der Freunde so recht taugen. Dies ist wieder mal ein Punkt, an dem ich die ganzen Smartphone-Besitzer unter ihnen (also alle außer meinem Freund und mir) verteufele, die zu dem ohrenbetäubenden Krach seelenruhig Katzenbilder etc. anschauen, so dass an Konversation nicht zu denken ist.

Trepaneringsritualen in der angrenzenden Kantine erweist sich wie erwartet auch nicht als mein Fall (ein bärtiger Schrat, der mit einem Sack über dem Kopf mit Dark-Power-Electronics-Ambient-Metal–Noise-was-auch-immer loslegt), aber immerhin ist er erträglich verglichen mit Author & Punisher (liegt vielleicht auch an zwei Cuba Libres), und zumindest ein Lied gefällt mir auch tatsächlich, das ein bisschen rhythmischer als alle anderen ist. Den Kopfsack nimmt er auch irgendwann ab (Kommentar aus dem Publikum „Auflassen!!“), aber das macht die Show auch nicht besser.

Tja, für Blixa Bargeld, der etwa um zwei Uhr nachts anfangen soll, ist es mir dann fast zu spät, da die Freunde noch in die Moritzbastei auf einen Absacker drängen. Dem schließe ich mich gerne an, um das jährliche Ritual der vergeblichen Platzsuche in der am letzten Abend heillos überfüllten Bastei zu vollziehen. Nach zwei vergeblichen Rundgängen verschlägt es uns mehr oder weniger frierend auf das zugige „Oberdeck“ bei der Würstelbude. Jetzt zeigt sich, wie praktisch es doch ist, wenn sich unter den mitgeschleppten Einkäufen auch eine neue Leggings befindet, die man über die eigene ziehen kann. Manchem Freund wäre es jedoch lieber, ich hätte noch einen Wollmantel gekauft, den ich ihm leihen könnte.
Doch es ist ebenfalls sehr von Vorteil, dass es auch draußen Chili con Carne und heißen Met gibt (und eine Schlange – hinter mir). Zu uns gesellen sich noch weitere Freunde, und wir stehen trotz Kälte nicht eher vom Tisch auf, bis auch der letzte von uns nach dem BlixaBargeld-Konzert zumindest noch bei uns an der MoBa angekommen ist. Dann verabschieden wir uns, wünschen eine gute Heimfahrt, ein schönes WGT 2019 und ein Wiedersehen in München.

Für meinen Freund und mich klingt das WGT 2018 mit einem Frühstück, einem Besuch des Völkerschlachtdenkmals und einem zum Glück heil umfahrenen Unfall bei Nürnberg aus.

Mein Resümee dieses WGTs: Schön, anstrengend, gefühlsreich, meinen Horizont erweiternd und stellenweise sehr überraschend, aber auch irgendwie wie immer.

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