Totentanz und Agnes Bernauer

20230707_Friedhof_St_Peter_00_EingangEin heißer Tag im Sommer 2023 in Straubing. Mein Ziel ist der historische Petersfriedhof. Aber erst einmal geht es zu Fuß vorbei am Straubinger Stadtturm, durch die Einkaufsmeile in der Altstadt, weiter durch verschiedene Gassen, vorbei an der Krönungskapelle, und dann stehe ich endlich vor dem Eingangsportal mit der mittig gesetzten Figur des Petrus, links und rechts erstreckt sich die friedhofstypische Mauer. Dahinter erkennt man ein bewaldetes Gelände und den Turm der Kirche St. Peter. Mein nächster To-See-Punkt kann nun begangen und abgehakt werden.

Die Grabmäler stammen aus dem 14. bis 20. Jahrhundert. Sobald man durch das Tor tritt, begibt man sich in eine andere Welt, schattig, ursprünglich, ruhig und etwas in der Zeit zurückversetzt. Die Grabsteine sind größtenteils verwittert und strahlen Geschichte und Geschichten aus. Seit 1879 finden hier keine Begräbnisse mehr statt. Allerdings musste 1945 zur Beerdigung von Schlesiern, die nach ihrer Flucht im Mai oder Juni 1945 verstorben waren, hier noch einmal Bestattungen vorgenommen werden.
Der Totentanzkapelle gilt als erstes mein Augenmerk. So einiges habe ich schon darüber in Erfahrung gebracht, heute habe ich sogar das Glück, dass an diesem Freitag eine Führung (Link dazu siehe unten) stattfindet. Das bedeutet, dass ich diese Seelenkapelle auch von innen zu sehen bekomme, denn alle Kapellen-Eingangstüren sind leider aufgrund von Vandalismus eigentlich nur durch ein angebrachtes Eisengitter zu besichtigen. Ich mische mich möglichst unauffällig einfach unter die Besucher*innen. Das Gebäude wurde 1486 als Karner erbaut, im südlichen Schiff befindet sich eine Gruft. Allerdings geht es mir weniger um die Geschichte als um die Wandbemalung, die sehr eindrücklich und noch gut erhalten ist. Wirklich beeindruckend ist der Bilderreigen des Totentanzes (Erläuterungen dazu gibt es unter Wikipedia). 1763 bemalte Felix Hölzl die Wände des Langhauses im Auftrag der Straubinger Bierbrauerin (!) Barbara Kienbergerin mit über dreißig Bildern. Ein schaurig-schönes Erlebnis!

Es geht wieder hinaus auf das oval angelegte Friedhofsgelände. Der Friedhof St. Peter soll zu Anfang baumlos gewesen sein, allerdings entwickelte sich bald ein Wildwuchs, der jetzt den alten Friedhof ausmacht. Das Gräberfeld mit seinen verwitterten Grabsteinen und alten Grabkreuzen ist Zeitgeschichte, verschiedene Angaben können heute noch auf den ausgewaschenen Inschriften abgelesen werden. An den Kapellen befinden sich Grabtafeln aus dem 16. Jahrhundert, diese waren den adeligen und vornehmen Patriziern der Herzogstadt vorbehalten.
20230707_Friedhof_St_Peter_Agnes_Bernauer_Kapelle-01Von den drei Friedhofskapellen interessiert mich als nächstes die Agnes Bernauer Kapelle. Vor kurzem habe ich eine detailreiche und interessante Schrift zu dieser historischen Person gelesen, aber RegioWiki Niederbayern bietet auch einen guten Überblick. Der tragische Tod von Agnes Bernauer am 12. Oktober 1435 und das schlechte Gewissen ihres Schwiegervaters haben den Grundstein zu der Kapelle gelegt. Das Netzrippengewölbe, der Epitaphaltar von ca. 1618 und ein Gemälde der Verstorbenen zeichnen diese Gedächtnisstätte aus, ansonsten herrscht hier eher Schlichtheit. Auch hier kann man die Innenansicht eigentlich nur durch ein Gitterchen in der Tür besichtigen, aber auch diese wurde mir dank der Führung wieder geöffnet (welch ein Glück!).

Das Friedhofsgelände bietet eine weitere Kapelle, die Liebfrauenkapelle, und die Kirche St. Peter, allerdings schaffe ich diese sakralen Bauten nicht mehr, die Eindrücke der Totentanz- und Agnes-Bernauer-Kapelle sowie des Friedhofs im allgemeinen und bei der Hitze müssen erst einmal verarbeitet werden, auch dank eines Cafebesuchs in der Straubinger Altstadt.
Der Friedhof St. Peter ist auf jeden Fall ein Besuch wert, in meinem Fall hat der Friedhof, die künstlerische Ausgestaltung und die tragische Gestalt der Agnes Bernauer einen langen Nachhall.

Weitere Links:
Video Rundgang auf dem Friedhof St. Peter
Führungen auf dem Friedhof St. Peter

(1023)

0 Kommentare

Hinterlasse ein Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert