600 Quadratmeter Buntes in Dachau

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Der in Dachau gegründete Outer Circle e.V. kümmert sich um die Förderung zeitgenössischer bildender Kunst und Kultur. Die Förderung und auch die selbstständige künstlerische Tätigkeit ist Leben und Leidenschaft der Vereinsmitglieder, deshalb haben sie sich aus ihrem Inner Circle herausbegeben und zu einem Outer Circle zusammengeschlossen. Sie wollen Kunst im öffentlichen Raum fördern, Workshops abhalten, Aufklärungsarbeit leisten, Ausstellungen schaffen. Unterstützt werden sie von der Stadt Dachau und dem Kulturamt. Schwerpunkt ihrer Arbeit ist Graffiti. Einige Jahre hintereinander haben sie nun schon Künstler, Kunstschaffende und Sprayer eingeladen, zur stillgelegten MD-Papierfabrik in Dachau zu kommen. Dort bietet sich die Außenmauer ganz ideal an, denn sie bietet über 600 Quadratmeter Ausstellungsfläche. Vor zwei Jahren wollte ich schon hinfahren, dann wurde ich krank. Letztes Jahr fiel die Veranstaltung sprichwörtlich ins Wasser: Auf Facebook wurden enttäuscht Wasserpfützen mit Farbresten und schwimmenden Spraydosen gepostet. Doch die Veranstalter luden auch dieses Jahr ein zum Outer Circle Festival, dem Festival in Dachau für Urban Street Art und Graffiti Kunst.

Dieses Jahr war ideales Wetter, eine schöne Ausgangssituation für Maler und Sprayer. Die Veranstaltung selbst kostete nichts, es wurde auch vorab nicht bekannt gegeben, wer alles kommt. Man sollte offen sein und sich überraschen lassen, als Teilnehmer wie auch als Zuschauer.

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Von Freitagnachmittag bis Sonntagabend war eingeplant: Wandbemalung, Musikbühne, Kino mit Graffiti-Filmen, Performances, Workshops, eine Kunstinstallation, dazu überdachte Sitzgelegenheiten und Gastronomie.

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Ich hatte am Sonntagnachmittag vor einer privaten Feier hinter Dachau die Gelegenheit zu sehen, wie weit die Künstler waren. Es war 14 Uhr, sie hatten an diesem letzten Tag ihre Arbeit gerade erst wiederaufgenommen. An der Mauer der MD wurde fleißig gewerkelt, sonst passierte noch nicht viel. Als ich nach 18 Uhr dort hielt und mir alles ansah, waren die Graffitis zum großen Teil fertig.

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Eine knappe Stunde später wurde es ja auch dunkel. Leider war das Rahmenprogramm enttäuschend: Man räumte schon zusammen, ein Lieferwagen kam und packte ein, nur ein wenig wehmütige Reggaemusik vom Band ertönte, und man konnte noch ein Bier bekommen. Nicht nur ich war enttäuscht von der geringen Resonanz in Dachau, auch die Veranstalter bedauerten, dass die Künstler weitgehend unter sich blieben. Zu den Workshops sind wohl eine Menge Kinder und Jugendliche gekommen, um sich von den Graffiti-Cracks aus Deutschland, Frankreich, Peru, Mexiko, Spanien, der Schweiz, England und den Niederlanden das Graffiti-Sprühen zeigen zu lassen, und es waren wohl um die 1000 Besucher vor Ort, aber von den Künstlern und Kunst-Interessierten, die sonst Galerien und Museen überfüllen, Vernissagen besuchen und in München beispielsweise so ein Event bereitwillig angenommen hätten – man denke nur an die vergangenen Events an der Großmarkthalle in München – war wenig zu sehen. Wirthmüller vom Outer Circle Verein ist enttäuscht.

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Es seien renommierte Künstler anwesend gewesen, deren Werke auf dem Kunstmarkt schon so richtig wertvoll sind, aber von offizieller Seite ist die drei Tage niemand gekommen, und das, obwohl das Künstlerkollektiv Outer Circle mittlerweile einen Namen hat und sogar auch schon einige größere Auftragsarbeiten bekommen hat. Das ist wirklich schade, denn dieses Event hat dieses Jahr zum letzten Mal stattgefunden. Die Abbrucharbeiten an der ehemaligen Papierfabrik haben begonnen. Das komplette Gelände wird umgestaltet und wird dann den Künstlern entzogen. Es wird zu einem neuen Wohn-, Arbeits- und Gewerbegebiet umgestaltet. Somit gibt es in Dachau eben auch diese Graffiti Wall nicht mehr.
600 Quadratmeter weniger Buntes in der Welt.

 

https://www.outercircle.de/

www.outercircle.de/festival

 

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