Rasant, düster, fantastisch

Die Schwarze Kompanie ist eine Söldnertruppe – womöglich DIE Söldnertruppe. Jahrhunderte alt, ihrem Auftraggeber gegenüber stets loyal, mit einem Ruf, der ihnen durchs ganze Land vorauseilt. Als sie in einem Auftrag feststecken, der das Ende der Kompanie bedeuten könnte, greifen sie nach dem einzigen Strohhalm, der sich bietet, und nehmen einen neuen Auftrag im fernen Norden an, wo sich die „Entführten“, mächtige, aus dem Grab wiedererweckte Magier, einen erbitterten Kampf gegen Rebellentruppen liefern – die Kompanie soll helfen, den Aufstand zu zerschlagen. Croaker, Arzt und Schreiber der Schwarzen Kompanie, erzählt ihre Geschichte.

Noch nie habe ich eine so rasant erzählte Geschichte gelesen. Ich war anfangs direkt überrumpelt, WIE schnell in diesem Buch alles passiert – es geht Schlag auf Schlag, von Ereignis zu Ereignis, ohne lange Zeit mit Erklärungen oder Beschreibungen zu vertrödeln. Dieser Stil spiegelt sehr gut die Erzählweise eines Geschichtsschreiber, der eine Söldnertruppe begleitet, wieder: kurz und knapp, es soll ja keine Belletristik werden, sondern ein Ereignisbericht. Zunächst hat mich diese extreme Hektik etwas gestört, doch sie beschleunigt die Geschichte so dermaßen, dass man das Buch nach wenigen Seiten nicht mehr aus der Hand legen möchte. Auch der flapsige Stil von Croaker, voller blöder Sprüche und Galgenhumor, passt wunderbar zu seiner Figur und steigert das Lesevergnügen. Allerdings ist es manchmal doch etwas schwer, der Geschichte zu folgen.
Ungewöhnlich ist an The Black Company: Seelenfänger auch, dass hier ausnahmslos von der Seite der „Bösen“ erzählt wird. Die Söldner arbeiten für den, der am besten zahlt – und in diesem Fall sind das eben die „Entführten“, jene untote Gruppe von Magiern, die das Paradebeispiel für den Bösewicht in jedem Buch abgeben. Und natürlich machen Croaker und seine Kumpane sich darüber ebenfalls Gedanken – nicht, dass es etwas ändern würde, Auftrag ist schließlich Auftrag, aber auch sie fragen sich, für welche Seite sie hier eigentlich kämpfen. Allerdings wird auch schnell klar: Das Böse ist Definitionssache, und es ist leicht, als Außenstehender mit dem Finger darauf zu zeigen. Wenn man allerdings mittendrin steckt, verschwimmen die Grenzen zwischen schwarz und weiß. In diesem Zusammenhang ist The Black Company für einen Dark Fantasy Roman erstaunlich philosophisch und geht weit über das übliche epische Schlachtengetümmel hinaus.
Bei dem hohen Tempo geht leider bei vielen Nebencharakteren die Entwicklung etwas verloren, sodass man im Grunde nur Croaker wirklich kennenlernt. Andere Charaktere haben ihre liebenswerten Eigenschaften, genau wie ihre merkwürdigen Marotten (diese Kindereien zwischen Goblin und One-Eye sind ja nett, aber irgendwann doch etwas übertrieben), aber es tut sich dabei nicht wirklich viel. Allerdings lässt Cook am Ende noch viel Spielraum für eine Weiterentwicklung in den folgenden Bänden.
Das hohe Tempo und die spärlichen Beschreibungen haben einen ganz klaren Vorteil: Dark Fantasy unter 1000 Seiten! Endlich wieder ein Autor, der verstanden hat, dass Quantität nicht gleich Qualität ist, und dass eine packende Geschichte von sich selbst leben kann, ohne auf biblische Ausmaße ausgewälzt zu werden.

The Black Company: Seelenfänger ist ein großartiger Einstieg in eine spannende Dark-Fantasy-Reihe, auf deren Fortsetzung in der Neuübersetzung ich mich bereits freue, auch wenn das Tempo hier und da für meinen Geschmack ein wenig zu extrem angezogen wird. Es bleibt stets mitreißend und spannend, und schwupps – hat man es auch schon weggeschnupft.

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Glen Cook – The Black Company: Seelenfänger
Mantikore Verlag, 30. Juli 2015
400 Seiten
14,95€

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