Zwei Todesfälle und eine Hochzeit

Pfarrer Daniel Clement lebt mit seiner Mutter Audrey bereits seit acht Jahren im Pfarrhaus der kleinen Gemeinde von Champton. Seine Schäfchen sind ihm alle ans Herz gewachsen. Unterstützt wird er von der resoluten aber liebevollen Audrey, ebenso von seinen geliebten Dackeln Cosmo und Hilda. Eines Tages möchte er seiner Dorfgemeinde etwas beibringen. Er findet, die Dorfkirche benötigt dringend eine Toilette. Doch es ist nicht zu fassen, er stößt damit auf ganz schön viel Widerstand!

Die einen möchten, dass einfach alles so bleibt, wie es immer war, die anderen möchten unbedingt ihre angeblich antiken Kirchenbänke behalten, wieder andere wollen genau da sitzen, wo sie immer sitzen, und das geht eben nicht, wenn wegen dieser unnötigen Toilette zwei Reihen Kirchenbänke herausgerissen werden! Plötzlich ist es aus mit der Harmonie, und es kommt zu Streitereien und Intrigen. Doch dann passiert etwas weitaus Schlimmeres: Der Archivar des Adelssitzes Champton House wird tot in der Kirche aufgefunden, auf einer Bank kniend, wie zum Gebet. Nun gilt es den/die Mörder*in zu finden, bevor noch weiteres Unheil passiert! Zuerst scheint ein altes Badehaus auf dem Anwesen des Adelssitzes Hinweise über den Mord zu geben, doch dann passiert genau hier in der Nähe wieder etwas! Daniel Clement ist sehr bestrebt, bei der Lösung des Falls zu helfen. Doch es wird hektisch: Sein Bruder reist aus London an und steht überall im Weg, seine Mutter spioniert und recherchiert, Beerdigungen müssen organisiert werden, der Bischof stört, und überraschend wird sogar eine Hochzeit angekündigt! Und wenn sonst nichts ist, wuseln die frechen Hunde irgendwo dazwischen! Natürlich ist am Ende der Mörder nicht – wie sonst immer – der Gärtner, nein, es ist jemand völlig Unvorhergesehenes.

Richard Coles hat sich der Langsamkeit verschrieben. Er schafft es, ein Muster auf einer Keksdose zu beschreiben wie Marcel Proust in „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“. Er ist so selbstironisch und nimmt sogar auf die berühmten Madeleines darin Bezug. Trotzdem lässt sich das Buch vergnüglich weg lesen. Und es ist doch auch so: Ein Pfarrer, der allen Ernstes erwägt, zu einer Trauung Monty Pythons Holzfällerlied zu spielen, ist schon ein Frechdachs!

Das Aufregendste am Buch ist jedoch der Autor selbst. Auf Richard Coles Website wird man begrüßt mit „Welcome to the official website of The Reverend Richard Coles — cleric, broadcaster, author and former Communard“, und damit ist kein Bewohner einer Kommune gemeint. In den 1980er Jahren bildete Coles zusammen mit Jimmy Sommerville das Pop Duo „The Communards“. Wer kennt nicht „Don’t leave me this way“ oder „Never can say goodbye”? Wer muss dabei nicht sofort mitsingen oder tanzen? Tatsächlich ging Richard Coles nach einiger Zeit das Communards-Leben so dermaßen auf die Nerven, dass er das Gerücht streute, er sei HIV-positiv, um seine Ruhe zu haben. Als sich die Communards trennten, war Coles Journalist. Er studierte Theologie und trat zum Katholizismus über, kehrte aber zur anglikanischen Kirche zurück. Er wurde Priester der anglikanischen Kirche und ist seit 2011 Gemeindepfarrer in der Grafschaft Northamptonshire. Seit 2005 lebte er in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft mit seinem Mann David, ebenfalls anglikanischer Priester. Dieser starb im Jahr 2019.

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Richard Coles: Der Tote in der Dorfkirche: Ein Fall für Pfarrer Daniel Clement
Originaltitel: Murder before evensong
Übersetzung: Sibylle Schmidt
Goldmann Verlag, Vö. 17. Mai 2023
Broschiert, 320 Seiten, 16 Euro
eBook: 9,99 Euro

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