Was blieb, war die Scham

Am 3. Juli 1883 geboren und am 3. Juni 1924 unter großen Schmerzen an Tuberkulose gestorben, wurde Franz Kafka nur 40 Jahre alt. Es jährt sich 2024 also Kafkas Todestag zum 100. Mal. Das Museum Villa Stuck läutet das Kafka-Jahr ein. Sehr drastisch wird den Besucher*innen hier der Mann und sein Werk dargebracht. Denn egal, ob man viel oder wenig von ihm weiß und kennt, geblieben sind doch gewisse Erinnerungsfetzen. Skurrile und beklemmende Ideen hat er zu Blatt gebracht, ein Mann, der eines Morgens plötzlich ein Käfer war, oder immer wieder diese Gewalt- und Folterfantasien oder das Gefühl von Unvermögen, etwas nicht zu schaffen, etwas wofür man sich intensiv schämen muss. Situationen mit Angst verbunden, Verzweiflung, unheimlichen und klaustrophobischen Verhältnissen, bürokratischer Enge, (Macht)-Missbrauch und Ausweglosigkeit sind seither „kafkaesk“.

Franz Kafka ist als deutschsprachiger Jude in eine Kaufmannsfamilie in Prag hineingeboren. Sein Vater hatte kein Verständnis für seine Kunst- und Philosophie-Interessen, sodass er schließlich Jura studierte. Er landete beruflich in einer Unfallversicherung. Wer sein Werk kennt, weiß, was daraus entstanden ist. Mit 20 Jahren lernte er den Schriftsteller, Theater- und Musikkritiker Max Brod kennen. Er wurde sein Freund und Unterstützer. Ihm hat er auch vor seinem Tod sein Werk hinterlassen, mit der Bitte, alles zu vernichten. Dies tat Brod nicht, und seither kennt man Franz Kafka.

Über mehrere Stockwerke hinweg kann man in dieser Ausstellung Kafka kennen lernen, ihn und seine Beziehung zur Kunst. Originalbücher aus seiner Bibliothek gibt es am Anfang, Originalzeichnungen von Kafka und Alfred Kubin. Anschließend gibt es Kunst anderer Künstler*innen, auch aus der Gegenwart, die Themen Franz Kafkas aufgegriffen haben. Einzelne Erzählungen, Romane, zentrale Themen Kafkas: Ein Rundgang durch das Haus zeigt alles.

Die Nadeln aus der Strafkolonie, Foltermaschinen, die Ameisen, die Spinnen, das Labyrinth. Videoinstallationen oder auch Installationen im Raum zeigen mutlose, kafkaeske Situationen.

Dazwischen immer wieder Auszüge des Comic-Klassikers Kafka (Kafka for Beginners, erschienen 1993) von Robert Crumb und David Zane Mairowitz,

die auch Nicht-Kenner in die Thematik einführen und einzelne Figuren aus Kafkas Werk zeigen, wie der Offizier aus der Strafkolonie, Gregor Samsa aus der Verwandlung, Karl Rossmann aus Der Verschollene, der Landvermesser K. aus dem Schloss, das namenlose Tier aus dem Bau und Josef K. aus dem Prozess.

Franz Kafka hatte zwei Brüder, Georg und Heinrich, die bereits als Kleinkinder verstarben. Er hatte drei Schwestern, Elli, Valli und Ottla. Sie wurden später deportiert und in Konzentrationslagern umgebracht. Franz Kafkas Verhältnis zu seinem Vater war zeitlebens schwierig. Viel davon sieht man in seinem Werk. Es lohnt sich, sich mit diesem und mit Franz Kafka auseinanderzusetzen.

Die Ausstellung läuft noch bis zum 11. Februar 2024, dann wird die Villa Stuck für mindestens anderthalb Jahre wegen Renovierung geschlossen. Es wird zwar Interimsräumlichkeiten in einem Geschäftshaus in der Goethestraße 54 geben, diese herrliche historische Villa werden diese aber nicht ersetzen können.

Kafka 1924
noch bis 11. Februar 2024
Museum Villa Stuck
Prinzregentenstr. 60
81675 München
https://www.villastuck.de/

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