Der große bekannte Unbekannte

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Derzeit kann man in München mehr als 100 Motive des britischen Street-Art-Künstlers Banksy bewundern. Graffiti, Fotografien, Skulpturen, Videoinstallationen und Drucke. Jeder kennt Banksys Ratten oder das weltberühmte Mädchen mit dem Luftballon, das live vor Publikum bei Sotheby’s geschreddert wurde.
Im Isarforum wird alles zur Schau gestellt. Beginnend nach dem Einlass mit einer ausführlichen Zeittafel kann man nach und nach alle Kunstwerke bestaunen. Zwischendrin gibt es Skulpturen wie eine verknautschte Telefonzelle, aus der rote Farbe läuft, wie Blut (Death of a phone booth), oder eine Installation – wieder eine Telefonzelle – in die man selber eintreten darf und explizit erlaubt bekommt, Fotos von sich selbst zu machen und mit einem Instagram-Account zu verlinken.

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Man sieht all die berühmten Werke wie seine Auseinandersetzung mit Andy Warhol, indem er Kate Moss einsetzt,

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damals seine Verballhornung des Covers der Vogue mit Demi Moore, hochschwanger und nackt.

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Seine falschen Pfundscheine mit Lady Di  und „Banksy of London“ aufgedruckt.

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Zeugnisse seiner politischen Aktionen und Hinweise. Mit „Game Changer“, einem Bild, das eines Tages in einem Krankenhaus in Southampton aufgetaucht ist, verneigt er sich vor den Held*innen der Corona-Krise. Es wurde für 16,75 Millionen Pfund (19,45 Millionen Euro) versteigert, der Erlös kam dem Krankenhaus zugute.

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Dazwischen immer wieder Affen und Ratten, wie hier sein nachgestelltes Badezimmer zu Zeiten von Homeoffice wegen Corona (wir berichteten schon einmal darüber: ( KLICK ).

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Show-Elemente und Multimedia-Projektionen runden das Ganze ab. Es ist ziemlich gut gemacht, wenn man sich tatsächlich wie auf dem Bahnsteig, wartend auf die einfahrende Tube, vorkommt, inklusive aufgehängter Poster zu Konzerten in London oder dem vorbeiziehenden Banner „Mind the Gap“, das jeder kennen wird, der schon einmal in London mit der Tube gefahren ist.

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Die Nachbildung des Londoner U-Bahn-Waggons, in dem Banksy im Juli 2020 mit gesprayten Masken und Ratten und Textbotschaft zum Masken-Tragen aufrief, bildet noch einmal einen kleinen Höhepunkt vor Ende der Ausstellung.

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Und dann muss man ganz stilgerecht durch den Museumsshop, bevor man an den Ausgang kommt, in Anlehnung an den Banksy-Dokumentarfilm „Exit through the gift shop“. Hier wird man dann vor Verlassen noch einmal freundlicherweise dazu animiert, sich doch zusammen mit dem Ballon fotografieren zu lassen, dem Luftballon des kleinen weltberühmten, geschredderten Mädchens.

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Wieso ist diese Ausstellung so hautnah? Warum macht sie so großen Spaß, wird man von niemandem gebeten, nicht so nah an die Exponate heranzutreten? Weil bis auf eine klitzekleine Kleinigkeit (eine besprayte Weinflasche hinter Glas) alles Reproduktionen sind. Fast nichts davon ist von Banksy, sondern von anonymen Künstlern reproduziert.

Sicher, der Ausstellungsflyer weist mit seinem Zusatz „An unauthorized Exhibition“ schon darauf hin, dass all das wohl nicht so ganz mit Banksy selbst im Einklang ist. Tatsächlich hat aber der in Berlin lebende Künstler und Kurator der Ausstellung, Guillermo S. Quintana, munter drauflos gepowert. Banksy, dem es ganz wichtig ist, anonym zu bleiben, würde sicher nicht einschreiten. Es bleibt ein ganz klein wenig schaler Nachgeschmack, wenn man im Nachgang ein bisschen recherchiert und erfährt, dass Banksy beispielsweise 2014 unerlaubte Street-Art-Ausstellungen als „widerlich“ bezeichnet hat und auf seiner Webseite vor „Banksy-Fake-Ausstellungen“ warnt. Wie gesagt, die Ausstellung macht großen Spaß, und diese Reproduktionen erlauben einem auch einen Blick auf immerhin 100 Stücke aus Banksys Werk. Diese Fülle hätte man mit Originalen niemals hinbekommen. Man darf einfach für immerhin stolze 17 Euro (oder 19 Euro am Wochenende) Eintritt keine Originale erwarten. Nicht einmal autorisierte, abgesegnete Reproduktionen. Die Kaffeetasse und der Kühlschrankmagnet aus dem Gift Shop haben mir leider danach gar keine so große Freude mehr bereitet.

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The Mystery of Banksy – A Genius Mind
Isarforum des Deutschen Museums
verlängert bis 2. Mai 2021

(1971)