Beiträge

Ground control to Milan Tom

Das bereits 1980 gegründete Künstlerkollektiv Laibach muss ich wohl nicht wirklich vorstellen, daher nur kurz: Sie sind ein Teil der Bewegung Neue Slowenische Kunst (NSK), die 1984 ins Leben gerufen worden ist. Ein immer wiederkehrendes Motiv in ihrem langen Schaffen ist die Ästhetik und Symbolik, Sprachgebrauch und die Musik totalitärer Systeme. Laibach sind ein ewiges Mahnmal daran, dass faschistische Elemente noch immer in der Gesellschaft vorhanden sind und leider wieder überall auf der Welt aufleben.
2019 haben sie die Musik für die finnische Nazi-Persiflage Iron Sky: The coming race beigesteuert. Das Stück „Love is Still Alive“ haben sie auf einer EP gleich achtmal bearbeitet, die nun live präsentiert wird. Weiterlesen

Weckruf: „Here are the dead“

Um den Jahrtausendwechsel gab es ein großes Batcave und Deathrock Revival, allen voran mit Cinema Strange und Antiworld. Doch auch Bloody Dead And Sexy gehörten zur Speerspitze der Vorreiter und räumten so manches Festival ab. Acht Jahre nach ihrem letzten Album Bad Ambient melden sich Bloody Dead And Sexy zurück, mit Sänger Rosa Iahn, Drummer Björn Henningson, dem Gitarristen Matias 13 und Bassist Tim Schande. Wer hätte damit noch gerechnet. Gerade in diesem Schnittmengen-Bereich von Batcave und Deathrock ist in den letzten Jahren wenig passiert, und es schien, als sei das Genre eingeschlafen. Nun aber ist das fünfte Album Fade to glitter über Alice in… / Dark Dimensions Label Group erschienen, und das gibt Anlass zur Hoffnung, dass dieses zusammen mit den kürzlich vorgestellten Götterdämmerung (Link zur Review) ein Weckruf sein möge. Weiterlesen

The King is dead

King-Dude-DeathAls Thomas Jefferson Cowgill mit seinen ersten beiden EPs 2010 als King Dude mit Dark American Folk bereits einen überraschenden Erfolg hat, befürchtet er seinen eigenen Worten nach, auf ewig an King Dude und dessen düsteren Folk gebunden zu sein. Er sieht die Gefahr, dass seine Kreativität einem strengen Korsett unterworfen wird und beschließt einen Pakt mit dem Teufel, sich selbst. Das Schaffen von King Dude soll nach zehn Alben enden, die sich um die thematischen Meilensteine Liebe, Angst, Sex und Tod drehen. Love (2011), Fear (2014) und Sex (2016) wurden bereits veröffentlicht, und nun ist mit Death auf Ván Records das letzte Kapitel in der Geschichte von King Dude erschienen. Weiterlesen

Das polnische WGT

20220708_180104Eigentlich war es schon länger geplant, die Castle Party zu besuchen, das legendäre kleine „dark independent festival since 1994“, und damit fast so alt wie die große Schwester Wave Gotik Treffen in Leipzig. Doch erst passte es nicht in die sonstige Urlaubsplanung, und dann kam die Pandemie dazwischen. Doch nachdem das Festival bereits letztes Jahr als eines der wenigen überhaupt wieder stattgefunden hatte, sollte uns dieses Jahr nichts mehr aufhalten. Bolków, wir kommen! Weiterlesen

Eine runde Sache

ArtworkIm italienischen Parma wurde die Band Caronte 2010 gegründet, um sich fortan dem Doom Metal zu widmen. Dabei entwickeln sie ihren Sound stets weiter und integrieren auch Elemente aus dem Psychedelic und Stoner Rock in ihre Musik. Um Dorian Bones, dem Mann am Mikrofon, gruppieren sich die beiden Gitarristen Tony Bones und Gianmarco Rossi, Bassist Henry Bones und Mike De Chirico an den Drums. Nach diversen Alben und EPs präsentiert ihre neue EP Circle über Ván Records vier Songs, die in enger Zusammenarbeit mit vier weiteren Bands bzw. Künstlern entstanden sind. Weiterlesen

Unterwegs auf der Route Six Six Six

King Dude aus Seattle, Washington, ist für uns im Webzine schon fast ein alter Bekannter, verfolgen wir seine musikalische Reise doch schon eine ganze Weile. Auch auf den Münchner Konzertbühnen ist er ein immer wieder gern gesehener Gast. Und nicht nur da, wie die aktuell laufende Europa- und Russland-Tour beweist, die Thomas Jefferson Cowgill, wie er mit bürgerlichem Namen heißt, nur leider nicht in hiesige Gefilde führt. Ein Grund mehr, sich bis zum Wiedersehen mit ihm und der Band erst einmal an das neue Album Full Virgo Moon zu halten, das seit Freitag in den Startlöchern steht und wieder bei Ván Records erschienen ist. Weiterlesen

torshammare:

Lust-Syndicate1-1-von-1Den Freitag beginne ich mit einer kleinen Shoppingrunde in der Stadt und treffe mich später mit Freunden zum Mittagessen, bevor um halb vier in der Kuppelhalle das WGT auch musikalisch für mich beginnt. The Lust Syndicate lassen allerdings noch ein wenig auf sich warten beziehungsweise der Einlass verzögert sich, sodass wir draußen noch ein inbrünstiges „Jesus is the king!“ von einer vorbeiziehenden christlichen Gemeinde zugerufen bekommen, was unter dem Schwarzvolk milde Erheiterung auslöst. Schließlich geht’s dann aber doch in die unheiligen Hallen. Hinter The Lust Syndicate verbirgt sich u. a. Simone Salvatori von Spiritual Front, und das verbergen ist durchaus wörtlich zu nehmen, denn die drei Musiker treten mit schwarzen Kapuzen und schwarzen Halbmasken vor dem Gesicht auf. Die Musik ist sehr rhythmisch und trommellastig, teilweise hämmern alle drei auf die vor ihnen stehenden Trommeln ein und erzeugen damit schon mal Gänsehautstimmung. Simone ist ein wenig nervös, offensichtlich spielt die Technik auch immer wieder Streiche, aber das WGT-Publikum verzeiht ja eh alles. Im Hintergrund laufen Schwarz-Weiß-Filme von verschiedenen Aufständen auf der ganzen Welt, die Lyrics sind ebenso kämpferisch („Capitalism is cannibalism“), alles in allem macht diese Post-Industrial-Pop-Mischung mit gelegentlichen Neofolk-Ausreißern richtig Spaß.
Wegen der anfänglichen Verzögerung sehe ich von St. Michael Front nur ein bisschen was, bevor ich weiterziehe, das reicht mir dann aber auch. Im Vorfeld dachte ich, ironischer Kitsch könnte Spaß machen, dann ist es aber nur Kitsch. Nicht mein Ding, daher geht es rasch Richtung Stadtbad für den elektronischen Teil des Abends.
Void-Vision-1-von-1Void Vision (aka Shari Vari) aus New York bereitet mir dann die erste veritable Überraschung des WGTs (und wird auch rückblickend die größte Entdeckung für mich sein), denn sie dominiert mit Stimme und Sound das Stadtbad, dass selbst King Dude hinter mir nur noch andächtig murmelt „She’s soooo good“. Hier tun sich Soundwelten auf, spacige Klangteppiche, eine Reise durch Jahrzehnte elektronischer Musik, gekrönt von Sharis unglaublicher Stimme, alles aus einer riesigen Armada von Synths und Effektgeräten mit einer Beiläufigkeit hervorgezaubert, dass es einem den Atem verschlägt. Ganz großes Kino und eine absolute Empfehlung für alle, die was mit Hante., Zanias, Boy Harsher etc. anfangen können. Wobei – das ist auch nur eine Annäherung. Lieber selbst anhören und vor allem anschauen! Weiterlesen

Night of the living bass players

Es ist Mittwoch, der Wiesn-Wahnsinn ist in vollem Gange, und das Feierwerk liegt genau im Torkelbereich – es ist also mit erhöhtem Bierzombieaufkommen zu rechnen. Wir hoffen aber, dass uns heute nicht Menschen mit mehr Alkohol als Blut im Körper vor die Flinte – äh Linse und den Stift – laufen, sondern hochkarätige Bands mit dem entsprechend begeisterten Publikum. King Dude ist ein alter Bekannter in München, nach Konzerten in der Milla und im Backstage Club (so war es z. B. letztes Jahr) bittet er heute in die etwas größere (aber weniger gemütliche) Kranhalle des Feierwerks, um sein neuestes Düsterwerk Music to make war to vorzutragen – hoffentlich mit den üblichen schlagfertigen Sprüchen garniert. Als Vorband hat er die drei jungen Isländerinnen Kælan Mikla dabei, die sich auch zu äußerst beliebten Stammgästen in Münchens Untergrundclubs entwickelt haben. Statt abgründig-dunkler Wärme wie bei King Dude strahlt ihr Sound zwar eisige Kälte und karge isländische Weiten aus, aber die Mischung ist trotzdem fantastisch, und das SB-Team scharrt schon mit den Hufen – zumal mit The Dark Red Seed noch ein kurzfristig angekündigter besonderer Support Act auf der Bühne stehen wird. Weiterlesen

Spiegelbild einer dunklen Seele

King_Dude_CoverMusic to make war to steht auf dem Cover des neuen Albums von T.J. Cowgill alias King Dude, und das in einem Schriftzug, der an alte Freak-Show-Plakate erinnert. Doch statt fröhlich bunt ist hier alles tiefgründig schwarz. Es ist nur der Kopf von King Dude zu sehen, mit einem riesigen Loch im Gesicht, als wurde ihm das Gesicht von einer Granate weggerissen. Das lässt einen nun in den Abgrund seiner Seele blicken. Insgesamt ein schlichtes, aber auch beunruhigendes und verstörendes Bild. Spiegelt das damit auch den Inhalt von Music to make war to wider? Weiterlesen

Bildquelle: www.stefano-pico.de

Mrs.Hyde: Am Montag zieht es uns zuerst zum Hauptbahnhof, wo eine kleine Steampunk-Ausstellung aufgebaut ist. Das Highlight aber ist eine Hommage-Ausstellung in der Buchhandlung Ludwig mit Bildern von Künstlern, die sich von H. R. Giger haben inspirieren lassen. Vor allem die Darstellung eines Obst- und Gemüsekorbs hat mich fasziniert. Nach mexikanischem Vorbild wurde auch ein Totenaltar für Giger errichtet.
Danach geht es für uns ins Täubchenthal, wo die kanadischen Horrorpunker Nim Vind einen soliden Gig spielen.
Anschließend fahren wir zum Landratsamt, wo es traditionell schon wieder zu schwül-warm ist. Doch davon lassen sich die beiden Musiker von Drab Majesty nicht stören, die den Auftritt mit Kapuzenumhang bzw. Ledermantel samt Kapuze und Sonnenbrillen bestreiten. Der Sound irgendwo zwischen Gothic und Psychedelic vermag das Publikum zu fesseln. Außerdem wird King Dude alias T.J. Cowgill überraschenderweise von der befreundeten Band auf die Bühne geholt, um einem Song seine Stimme zu verleihen. Ein toller Moment, der vom Publikum auch gebührend honoriert wird. Er wirkt zwar etwas zurückhaltend und schüchtern, aber es war ja eigentlich nicht seine Bühne.
Bei den folgenden deutlich von The Cure beeinflussten Klez.e ist es nur noch halb voll, wahrscheinlich treffen die deutschen Texte nicht jedermanns Geschmack. Dafür erinnert der Sänger von Aussehen und Gestik her tatsächlich an Robert Smith.
B-Movie haben wir schon einmal beim WGT gesehen, deswegen wird nun ein Zwischenstopp im Dönerladen beim Felsenkeller eingelegt. Wir sind hier nicht allein und finden uns zwischen Spikes wieder, weil im Felsenkeller ein Pagan (Black) Metal Abend läuft. Wieder im Täubchenthal laufen die letzten zwanzig Minuten von Creepshow, wir kommen also pünktlich zum Höhepunkt der Show. Die Hütte kocht, wie man so schön sagt. Vorne hat sich ein Pogokessel gebildet, und bis in die letzten Reihen reißen die Leute die Arme hoch und feiern die Band. Creepshow sind mittlerweile perfekt eingespielt und reißen alle mit ihrer Energie mit. Leider ist eine Grippe im Anflug, daher verzichten wir wegen der bevorstehenden Heimfahrt auf eine letzte Aftershow-Party.

Es war wieder einmal schön auf dem WGT. Tausende Gothen weltweit können nicht irren. Weiterlesen