Ein ganz anderer Baustil in München

In München finden sich viele architektonische Schönheiten. Der Brutalismus ist ein Gegenbild zu verschnörkelt und bildschön, diese Architektur ist eher ungleichmäßig, mit viel Beton, aber eben auch sehenswert. Dieser Baustil kommt aus der Moderne, der ab 1950 eingesetzt wurde, die Schönheiten muss man sich erschließen, sie bieten aber auch Überraschungen.
Der Begriff Brutalismus leitet sich vom französischen „béton brut“ ab, was so viel heißt wie roher Beton und einfach nur das Hauptbaumaterial der Gebäude beschreibt. Heute werden die Bauwerke zum Teil unter Denkmalschutz gestellt, nachdem in den 1990ern etliche abgerissen wurden.

Als erstes Beispiel habe ich mir den Fuchsbau in Schwabing (Ungererstraße 19) angeschaut. Das Gebäude ist verwinkelt und zeigt auch gebogene Formen, mich würde das mal von innen interessieren. Es ist ein Wohn- und Geschäftshaus, das 1972/73 errichtet wurde, und das mittlerweile zum geschützten Baudenkmal erhoben wurde. Der Architekt Wilhelm Steinel hat diesen dreiarmigen Bau wie im Brutalismus üblich mit Sichtbeton hochgezogen. Meine Recherche ergab, dass die Wohnungen aus 15 verschiedenen Grundrissvarianten bestehen, die kleinsten Wohnungen haben 24 und die größten 125 Quadratmeter Wohnfläche. Diese großen Balkone sind bemerkenswert. Mich erinnert dieser Bau zum Teil an das Olympische Dorf, das verwundert aber nicht, denn auch hier wurde als Baustil der Brutalismus angewendet.

In der Ungererstraße 65 finden sich zwei weitere Gebäude im Stil des Brutalismus: Orpheus (13-geschossig) und Eurydike (9-geschossig). Da war aber mal jemand kreativ in der Namensvergabe, die Grundlage dafür war die dazugehörige griechische Sage. Die Gestaltung der Eingangsschilder deutet auf ihr Entstehungsdatum. Ach ja, die 1970er Jahre! 1973 wurde nach Plänen von Jürgen Freiherr von Gagern, Udo von der Mühlen und Peter Ludwig diese zwei Bauten hochgezogen, für das unterschiedliche farbliche Konzept war Frau von Gagern verantwortlich. Seit 2018 stehen auch diese unter Denkmalschutz. Die vielen Zugänge laden zum Verlaufen ein, habe ich selbst erfahren, aber die Neugierde siegte.

Aus der Reihe an Brutalismus Bauten in München hat mich noch das Pharaohaus in Oberföhring interessiert. Zwischen Effner- und Cosimastraße befindet es sich, und wenn man davor steht, versteht man, dass hier das ägyptische Vorbild maßgebend war. Das pyramidenförmige Haus im Fritz-Meyer-Weg 55 wurde 1974 vom Architekten Karl Helmut Bayer umgesetzt. Im Volksmund wird es auch als „Wohnmaschine“ bezeichnet. Die drei rechtwinklig zueinander angeordneten Flügel beinhalten 20240225_Pharaohaus-8400 Wohnungen, verteilt auf 18, 14 und 10 Stockwerken. Aber etwas Besonderes verbirgt sich im Eingangsbereich, denn hier wiederholt sich das ägyptische Vorbild: Hieroglyphen und Wandbilder im Stil des alten Ägyptens. Dazu gesellen sich 70er Jahre Tapete und Deckenleuchte! Der Versuch reinzukommen rentiert sich und ist auch nicht besonders schwer, am Sonntag war hier reges Kommen und Gehen. Auf dem Rückweg durch das Ladenzentrum mit Gastronomie überrascht die Decke des davor gelegenen Durchgangs, wieder dieser tolle Retro-Charme!

Zu den weiteren Gebäuden im Stil des Brutalismus gehören St. Mauritius in Moosach (Templestraße 5), das Hügelhaus in Bogenhausen (Titurelstraße 5) und das Kulturzentrum Der Gasteig in Haidhausen, das derzeit wegen Generalsanierung geschlossen ist.
Das Arabellahaus im Arabellapark (Bogenhausen) hat es nicht geschafft unter Denkmalschutz gestellt zu werden, es soll 2026 abgerissen werden. Eigentlich eine Schande, es ist ein geschichtsträchtiger Bau, der uns viel erzählen könnte (wenn er denn reden könnte). 1972 wurden Großteile des Gebäudes für die Olympischen Spiele zu einem Hotel umgebaut, und im Keller befand sich ein Tonstudio, die Musicland Studios, in dem bekannte Bands ihre Alben zusammen mit Giorgio Moroder in den 1970er Jahren aufnahmen und Partys feierten (The Rolling Stones, Led Zeppelin, Queen, Freddie Mercury, Electric Light Orchestra, Deep Purple, Donna Summer etc.).

Wer sich diese architektonisch sehenswerten Beispiele selbst anschauen will, kann das auch mit dem Fahrrad machen, hierzu hat MUCBOOK ein Tour-Angebot erarbeitet: https://www.mucbook.de/brutalismus-in-muenchen-eine-architektonische-fahrradtour/

 

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