Wave-Gotik-Treffen 2014 – Konzertberichte

Unsere Blogger haben schon direkt live die ersten Eindrücke des diesjährigen Wave-Gotik-Treffens geschildert – jetzt kommt endlich die Nachlese mit Konzertberichten, Bildern und Links. So individuell wie die grandiosen Kostüme und Roben, die man jedes Jahr in Leipzig zu sehen bekommt, so einzigartig sind auch die Musikvorlieben unserer Schreiberlinge, weswegen hier von Rumms-Industrial bis Neofolk alles abgedeckt ist, was das WGT zu bieten hat – und trotzdem haben wir nicht alles gesehen. Deswegen findet ihr ganz am Ende dieses Beitrags eine kleine Link-Sammlung zu weiteren Reviews und jeder Menge Fotos! Um euch einen musikalischen Überblick zu verschaffen, haben wir die Bands verlinkt bzw. Konzertmitschnitte direkt eingebunden – vielleicht ist ja die ein oder andere Neuentdeckung noch drin?

Freut euch noch einmal an den Erinnerungen an 2014 – der Countdown für 2015 hat bereits begonnen!

 

Freitag

Yura Yura – Photo: Gandy Ea (Facebook)

torshammare:

 

Ah Cama-Sotz (Kuppelhalle): Mit einer unerklärlichen halben Stunde Verspätung – alles ist fertig gestöpselt und gesoundcheckt – beginnt mein erstes Konzert des diesjährigen WGTs, ein Dark-Ambient-Set des belgischen Soundtüftlers. Ruhige, aber düstere Klänge winden sich schon bald in die Kuppel empor und durchfließen den runden Raum, die Atmosphäre ist, wie sie sein soll (und kühl ist es auch), auch wenn’s musikalisch allein ohne die Örtlichkeit sicher nicht ganz so berauschend gewesen wäre. Gut war es aber allemal. Dann ging es weiter in die Moritzbastei, wo feinster Brachial-Elektro gespielt wurde.


Yura Yura
(MB): Die CD des Franzosen habe ich schon länger daheim (Be sexual), ich bin gespannt auf die Live-Darbietung. Leider dauert es ein wenig, der Arme versucht verzweifelt seinen Sony-Rechner dazu zu bringen, ein bestimmtes Programm zu öffnen. Zeitgleich stürzt mein Sony-Handy ab. Hat das was zu bedeuten? Als Kompromiss wird erst mal die CD abgespielt, die Anwesenden sind zum Glück alle äußerst wohlwollend und fangen schon mal zu tanzen an. Als die Technik dann mitspielt, erzittern die Steinwände der MB und alles tanzt. Beschreiben kann man diese Musik (und auch die der nachfolgenden Acts) schlecht – es ist laut, es ist tanzbar, es ist rhythmisch, es ist brachial, und ich bin immer wieder fasziniert, was ein Mensch aus einem kleinen silbernen Kästchen mit ein paar Knöpfen (und einem Computer) herausbringen kann. Toller Einstieg in den Lärmabend!

MDS51: Die Deutschen hatte ich mir vor dem WGT per YouTube ein wenig angeeignet und habe mich auf das eher düstere, schleppendere, bösartige Material gefreut. Musikalisch ist’s auch gut, alles dröhnt fein, man kann tanzen (was auch alle tun), nur die heisere Stimme (noch dazu hinter Strumpfmaske) ist jetzt nicht so meins. Insgesamt ist’s aber ein guter und musikalisch interessanter Auftritt.

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Syntech: Nach Yura Yura die zweite Hands-Band des Abends, und hier bricht ein Sound-Rhythmus-Noise-Party-Gewitter los, dass mir schier der Mund offen stehen blieb. Nicht nur mir, die beiden Knöpfchendreher ernten begeisterten Beifall, alle lassen sich von dieser Lärmwolke umfangen und sind einfach nur glücklich. 

Geistform
: Noch ein Hands-Act, wieder „ein Mann und sein silbernes Kästchen“, diesmal aus Spanien. Auf Konserve hatte ich das alles als etwas ruhigeres Electro-Geplucker in Erinnerung und fragte mich schon, wie das wohl zu dem Lärm der ersten drei Bands passt. Des Rätsels Lösung – Geistform lassen auch einen gar wunderbar tanzbaren Noise-Tornado los, wenn auch etwas verfrickelter als Syntech. Ich hätte von der Dynamik her die Bands an diesem Abend etwas anders angeordnet, erst MDS51, dann Yura Yura, gefolgt von Geistform und als finale Lärmekstase dann Syntech. Aber das ist Nörgeln auf hohem Niveau, die Liebhaber von ausgefallenem Rhythm’n’Noise kommen hier auf ihre Kosten, und ich wanke glücklich zurück ins Hotel.

Phoebe:

Schauspielhaus
Überraschenderweise ganz lockeres Reingehen, kein Andrang. Einziger Wermutstropfen: ich muss meinen Rucksack abgeben, zu groß. Warum? Das Schauspielhaus ist bislang nur zu einem Drittel besetzt. Ich nehme das Nötigste raus. Es stellt sich nach ein paar Minuten heraus, falsche Brille, Labello brauche ich auch noch. Dem freundlichen Herrn an der Garderobe gebe ich mein Markerl, er mir lächelnd den Rucksack. Da mir das mehrmals an dem Abend so geht (u.a. muss ich meine Strickjacke holen – Klimaanlage), ist der Herr an der Garderobe immer schon so freundlich nach meinem Rucksack zu greifen, wenn er mich von oben runterkommen sieht. Nett. 

Verdiana Raw: Das Internet sagt mir, sie ist Italienerin. Neofolk. Ich finde sie erstaunlich gut. Auf Youtube hat sie mir nicht so gut gefallen wie live. Sie ist zwar ein bisschen zickig und kratzbürstig, aber sie ist stimmgewaltig. Sie erklärt viel vor den Liedern, was liebenswert ist, weil man an und für sich den Eindruck hat, dass sie eine stolze Frau ist, der es nicht egal ist, dass nicht viele Leute im Saal sind und manche auch mitten in der Performance rausgehen. Das liegt aber nicht nur an Verdiana Raw sondern daran, dass die Leute einfach so sind. Reingehen, schauen, nicht gleich gut genug? Dann schnell zum Nächsten, es könnte ja was Besseres geben.
Ich will mir später eine CD kaufen, aber man sagt mir am Stand, Verdiana hat ihre ganzen CDs mitgenommen. Sie spielen am nächsten Tag im Heidnischen Dorf. Da gibt es dann die CDs wieder. 

Beck Sian & Jonathan Kershaw: Beck Sian hat mich vorab sehr interessiert, klar, weil sie die Cousine von Kate Bush ist. Was ich vorher auf YouTube gesehen habe, gefiel mir. Es war aber nur eine Live-Darbietung zu finden, und ich fand das süß, dachte mir aber, hoffentlich kriegt sie es stimmlich hin. Die Höhen manchmal nicht ganz zu treffen, das kann in einem größeren Saal schnell peinlich werden.
Aber nein, sie singt astrein, eine tolle, wuchtbrummige, volle Stimme, mit Höhen und Tiefen. Sie erzählt, wo sie herkommt (über Australien nach UK), wo der Gitarrist/Songwriter herkommt (aus Yorkshire, Nordengland), was sie gemeinsam machen (Konzertauftritte und das gemeinsame Projekt „Acoustic Goth.com – Beautiful Ghosts and bizzarre Tales“), aus welcher Familie sie kommt (die Cousine heißt Kate Bush – ach was?). Und das hört und sieht man. Wie gesagt, sie singt wundervoll, ab und an, wenn man die Augen schließt, könnte man meinen, man hätte Kate Bush vor sich. Leider hat sie sich all die Gesten und Bewegungen von ihrer Cousine auch abgeschaut. Auf mich wirkt das berührend und peinlich zugleich.
Nicht lange und sie singt auch „Wuthering Heights“, mit der Choreographie aus dem Kate Bush Clip Ende der 70er, mit den Bewegungen, mit denen Kate simuliert, als wäre sie „Catherine“ aus der Verfilmung des Romans von Emily Bronte, die nach ihrem Ableben rein will, durchs Fenster, ins Haus. Da passt dann fast dazu, dass der Kleidungsstil der Dame etwas verschroben ist.
Der Gitarrist hingegen ist wundervoll. Langes lockiges Haar, er versteht sein Instrument zu spielen, im Gehrock und in Stiefeln, ein wahrer „Heathcliff“.
Kleines Malheur wieder mal am Verkaufsstand, verursacht durch falsche Beratung: Die gekaufte CD ist nicht das gemeinsame Projekt der beiden sondern eine Solo-CD von Kershaw. Ärgert mich kurzfristig, aber es stellt sich heraus, dass sie auch tolle Musik beinhaltet.

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Cecile Corbel: Ein Muss für mich. Was ich auf YouTube gesehen habe, hat mir gut gefallen, nur die Stimme erschien mir in manchen Teilen etwas quietschig, live gar nicht. Die keltische Harfinistin ist eine wahre Elfe. Sie sitzt während der gesamten Performance an ihrer Harfe, erzählt zu jedem Lied eine kleine Geschichte, stellt auf unheimlich charmante Art und Weise ihre Mitspieler vor – der Gastmusiker mit dem Dudelsack, der Italiener (?) mit der Drehleier („I think he is cute“) und hat eine wundervolle Stimme und Ausstrahlung. Männer und Frauen sind ihr verfallen.
Wieder fast ein Malheur am Verkaufsstand: Zuerst ein Riesenrun auf die CDs, dass ich mir denke, das warte ich ab. Als es sich etwas lichtet, sind die CDs ausverkauft. Ich bin so desorientiert ob der Aussage, dass ich ein paar Minuten brauche, um mich zu erden. Währenddessen kommt die kleine Cecile selbst mit einer Schachtel voll CDs, die sie dann ganz liebenswürdig und geduldig den Interessierten verkauft sowie persönlich und liebevoll ausschmückend signiert.

Sconsolato:

(Volkspalast)

Ah Cama-Sotz: Als eines der Aushängeschilder des Hands-Labels sonst bekannt für eher rhythmisch-industrielle, aggressive Klänge präsentiert das belgische Einmannprojekt ein Dark-Ambient-Set, dem es für meinen Geschmack ein bisschen an Tiefe fehlt, das insgesamt aber dennoch überzeugt.

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SixComm – Photo: Liupaimagazine



Nebelung: Deutschsprachiger Neofolk der – sorry – langweiligeren Sorte. Verträumte, romantische Klänge, handwerklich gut gemacht und mit drei Akustikgitarren, Cello und diversen Schlaginstrumenten auch schön arrangiert, aber insgesamt wenig abwechslungsreich und eher was für wirkliche Liebhaber dieses Genres. (Eine Aufnahme des Konzerts gibt es bei YouTube zu sehen: klick)

Joy Of Life: Eine (mit Schaffenspausen) schon seit rund 30 Jahren existierende Band, die bisher aber an mir vorbeigegangen war. Zu Unrecht, denn dieser Auftritt ist das Highlight des Abends. Instrumentiert mit E-Gitarre, Bass, Schlagzeug und Akkordeon wird eine kaum zu kategorisierende Mischung aus Neofolk, Rock und Ritual geboten, die einen von Beginn an in ihren Bann zieht. Absoluter Höhepunkt für alle Freunde rhythmisch-rituellen Getrommels ist das Zusammenspiel mit acht Schlagzeugern des Fanfarenzugs Leipzig.

Desiderii Marginis: Nochmal Dark Ambient, wieder ein Einmannprojekt, diesmal aus Schweden. Finstere Drones, die die Magengrube vibrieren lassen, düstere Soundflächen, auf der Leinwand im Hintergrund untermalt durch Bilder eines verrottenden Schiffswracks oder auch von „Lost Places“: atmosphärisch dichter Dark Ambient, wie er sein soll, unüberhörbar in der Tradition von Genregrößen wie Lustmord oder Raison D’Être.

Six Comm: Tja … bis zum Auftritt der legendären Six Comm hat sich bereits eine Verspätung von etwa 45 Minuten angesammelt. Nachdem sich zunächst der Soundcheck noch länger hinzieht und Mastermind Patrick Leagas bereits nach den ersten gespielten Takten eine Diskussion mit dem Mixer und Tontechniker anfängt und erstmal wieder die Bühne verlässt, verlassen mich ein wenig die Geduld und die Kondition und ich daraufhin den Volkspalast, so dass ich von dem Auftritt, so er denn irgendwann mal begonnen haben mag, nichts mehr mitbekomme.

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Samstag

Diesen Tag verbringe ich musikalisch in der Theaterfabrik, einer fürs WGT neuen Location im Stadtteil Leutzsch. Der ebenerdige Bereich ist noch schön kühl, der Konzertraum im ersten Stock leider eine furchtbare Sauna (für die Münchner: auf der Sisters-Konzert-Skala fast gleichwertig), ich sehe meine vier Bands des Abends großteils an einem der Ausgänge sitzend, wo es ein wenig Luft gibt. 

Lebanon Hanover: Larissa Iceglass und William Maybelline machen am späten Nachmittag den Anfang und ziehen schon mächtig Leute in den Leipziger Nordwesten, die Trambahnen sind überfüllt. Das Duo sorgt mit seinen düsteren, melancholischen Songs für die perfekte Stimmung und erntet begeisterten Beifall.

Oppenheimer MK II: Dies ist das neue Projekt von Andy Oppenheimer, der zusammen mit dem im April 2013 verstorbenen Mark Lloyd Oppenheimer Analysis bildete. Mit Mahk Rumbae am Mikrofon hat er nun wieder Verstärkung und ein neues musikalisches Betätigungsfeld. Oppenheimer MK II spielen eine nicht ganz perfekt zur Ausrichtung des Abends passende Mischung aus Elektropop und Pop der Sechzigerjahre, die beim Publikum aber trotzdem gut ankommt, auch wenn sich die Halle merklich geleert hat. 

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Kiss the Anus of a black Cat: Auf diese Band hatte ich mich gefreut, und ich werde auch nicht enttäuscht. Die Belgier mit dem doch etwas absurden Namen spielen Postpunk im weitesten Sinne, ich werde ab und zu auch an Woven Hand und 16 Horsepower erinnert (ohne den Country, aber von der Stimmung, den Melodien und auch der Stimme des Sängers). Großartige Songs, in denen man sich verlieren kann.

Little Nemo: Die Franzosen haben früher eher Cold Wave gespielt, was sie heutzutage (nach einer langen Bandpause) machen, wusste ich nicht. Sie haben auf jeden Fall zum ersten Mal auf dem WGT gespielt, und das ist bei einer Szeneband, die grundsätzlich seit 1983 existiert, ja schon mal einen Besuch wert. Das aktuelle Material ist etwas rockiger und gitarrenorientierter, die Band hat das Publikum mitgerissen – an mir sind die Songs etwas vorbeigegangen, was aber auch an Hitze und Erschöpfung gelegen haben mag. Schlecht war es aber auf keinen Fall.

Mein Gemahl und ich haben es schön, denn wir müssen nicht mit den überfüllten Trambahnen aus der Stadtmitte sondern aus der anderen Richtung zur Theaterfabrik. Obwohl es auf dem Weg dahin schon so heiß ist, dass ich immer wieder mit dem Fächer die 36 Grad warme Luft durcheinander quirlen muss, bin ich noch voller guter Hoffnung und Vorsätze. Ich will etliche gute Bands sehen an dem Abend. OK, wir kommen easy rein, wir sehen gleich ein paar nette Bekannte, im Erdgeschoss ist es wohltemperiert, aber oben, wo die Konzerte stattfinden: Ich denke, es hat 50 Grad. Ich bin in einer Sauna, nur angezogen. Vereinzelt scheint es den Leuten nichts auszumachen, aber 90 Prozent aller Anwesenden fächeln mit allem, was ein bisschen Erfrischung verspricht. Ich höre zwei, drei Lieder von Lebanon Hanover, aber bevor ich kollabiere, mäandere ich durch die Menschenmenge zu einem Nadelöhr, das sich Ausgang nennt. Auf der Toilette unterhalte ich mich mit mehreren Damen, wir müssen uns 
alle frisch machen, alle wollen nicht mehr in den Saal zurück.

Mir fällt dann als Alternative das Kino ein, an dem ich am Tag zuvor vorbeigekommen bin. Um 19.30 Uhr läuft Boyhood im Passage-Kino, ich verbringe wundervolle drei Stunden im klimatisierten Kino und treffe mich danach mit dem Gemahl, um gemeinsam ins Panamoke zu Siggi Sputniks Party zu fahren.

Trotz Anlaufschwierigkeiten ein feiner Tag!

 

Altes Landratsamt:

Albireon – Photo: Liupeimagazine/Facebook

Albireon: Den Auftakt an meinem zweiten WGT-Tag bildet die italienische Formation Albireon. Anzusiedeln irgendwo im Bereich zwischen Dark Folk und Neoklassik arbeitete die Band im Laufe ihres rund 15jährigen Bestehens schon mit Mitgliedern von Szeneprominenz wie beispielsweise Ataraxia oder Fire & Ice zusammen; bei ihrem Genregrenzen überschreitenden Auftritt im Landratsamt fließen jedoch auch verstärkt folkrockige Elemente mit ein, die einen schönen Kontrast zu den ebenfalls vorhandenen balladesken Momenten bilden. Durchaus gelungen und vom Publikum sehr wohlwollend aufgenommen.

Sieben: Noch nie zuvor hatte ich Sieben live gesehen, was sich zum Glück nun endlich ändern sollte. Ich bin sehr gespannt auf dieses Soloprojekt des Violinisten und Sängers Matt Howden, der ja auch bekannt ist durch seine Kooperationen vor allem mit Sol Invictus, aber auch mit Of The Wand And The Moon, Pilori oder Hekate, um nur einige zu nennen. Das Landratsamt wird voller und voller, schließlich sogar so sehr, dass ein Einlass-Stopp verhängt wird, wie mir später von zwangsweise Draußengebliebene berichten werden. Man fragt sich da im nachhinein schon, was den Veranstalter bewogen hat, einen Interpreten, der in früheren Jahren bereits problemlos das Schauspielhaus gefüllt hatte, in diesem doch vergleichsweise kleinen Veranstaltungsort zu plazieren. Sei’s drum, der Qualität des herausragenden Konzerts tut das absolut keinen Abbruch. Erstaunlich, wie ein nur mit einer Geige „bewaffneter“ Mann einen Saal mehr zum Kochen bringen kann als mitunter eine ganze Band (und dies soll keine Anspielung auf die zu diesem Zeitpunkt subtropischen Temperaturen im Landratsamt sein). Matt Howden streicht und zupft seine Violine, benutzt sie mitunter auch als Perkussionsinstrument, schichtet diese Klänge mittels eines Loop-Pedals schleifenförmig übereinander, um dazu schließlich noch zu singen. Klassische Grundelemente treffen auf eine kongeniale Mischung aus Dark Wave, Neofolk und Independent Pop, gehen ins Ohr, fesseln und reißen von Beginn an mit. Wenn dies auch noch von einem so sympathisch und bescheiden wirkenden Künstler präsentiert wird, ist das Konzertglück vollkommen. Mein absolutes und unangefochtenes WGT-Highlight, und sicherlich nicht nur meines, wie man an den Begeisterungsstürmen des Publikums ablesen kann.

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Argine: Mit Argine sind nach Albireon zum zweiten Mal an diesem Abend Italiener zu Gast im Landratsamt. Ihre Variante neofolkiger, neoklassischer Klänge ist gewohnt druckvoll, geprägt von Gitarre, Bass und Schlagzeug, aber vor allem auch vom virtuosen Geigenspiel von Alfredo „Edo“ Notarloberti. Den Neapolitanern gelingt der Spagat zwischen mediterraner Nostalgie und zeitgemäßer Dynamik außerordentlich gut.

Sonne Hagal: Deutschem Neofolk stehe ich immer etwas skeptisch gegenüber. Oft versinkt er in Gleichförmigkeit und allzu verkitschter Romantik und Rückwärtsgewandtheit. Glücklicherweise nicht so bei Sonne Hagal aus Brandenburg. Zwar bleibt auch bei ihnen die melancholische Lagerfeueratmosphäre nicht aus, dennoch wird das Tempo auch mal angezogen, und Cello sowie dezente elektronische Tupfer sorgen für zusätzliche Abwechslung. Davon abgesehen verstehen Sonne Hagal es brillant, einschmeichelnde und schöne Melodien in bester Neofolk-Tradition zu schreiben. Ein wunderbarer Abschluss eines nachhaltig im Gedächtnis und Ohr bleibenden Abends.

 Sonntag

xotox – Quelle: Xotox/Facebook

Der Sonntag steht wieder im Zeichen von Brachialelektro, diesmal im Alten Landratsamt und später noch in der fürs WGT neuen Location Täubchenthal im tiefsten Plagwitz. Ob das Alte Landratsamt wieder so eine unerträgliche Sauna wird wie letztes Jahr? Am späten Nachmittag zum ersten Act ist es noch angenehm kühl in der Halle.

SaturmZlide: Wieder was aus dem Hands-Stall, wieder eine Entdeckung, wieder ein dermaßen mitreißendes Rhythm’n’Noise-Konzert, dass ich mich hier einfach wiederholen muss. Ein Mann und seine Kästchen – maximaler Lärm – maximaler Enthusiasmus beim Publikum, das ab dem ersten Ton tanzt. Chapeau.

Imminent: Der Belgier Oliver Moreau, der früher unter dem Namen Imminent Starvation unterwegs war, knüpft nahtlos da an, wo SaturmZlide aufgehört haben. Industrialwände, die sich aufbauen, abflauen, ausweiten, wieder anschwellen, einen unaufhaltsam mitreißen. Alles tanzt, alles grinst ekstatisch ins Leere, der Meister selbst interagiert zwar in keinster Weise mit dem Publikum, gibt aber alles hinter seinem Equipment. Doppel-Chapeau. 

This Morn Omina: Belgisch geht’s weiter, und auf diese Electro-Krach-Pioniere hatte ich mich sehr gefreut. Und werde sehr enttäuscht. Was die fünf Herren hinter Synthies und an Trommeln da abliefern, ist für mein Empfinden eine Unverschämtheit. Das erste Lied im härteren Goa-Trance-Rhythmus mit seltsam ins Mikro gechanteteten Wortfetzen mag ja noch ganz unterhaltsam sein, aber so und nicht anders geht es die nächste Stunde weiter. Immer wenn man denkt, jetzt packen sie mal die guten Sachen aus ihrem Repertoire aus, geht es in haargenau demselben Rhythmus und mit genau denselben komischen Wortfetzen weiter – nur der Mann am Mikrofon wechselt. Selbst das göttliche „One Eyed Man“ in der Zugabe wird so verhunzt. Aber offentsichtlich war ich hier die Einzige, die sich eher auf einer schlechten DJ-Techno-Party gefühlt hat, um mich rum waren alle begeistert. Geschmäcker sind ja zum Glück verschieden, ich brauche This Morn Omina live garantiert nicht mehr. 

Architect: Umso schöner – durch die neue Frauenstimme auf der Bühne aber auch sicher überraschend – ist dann Daniel Myers neues Projekt Architect, das zuerst noch recht gefällig und ruhig daherkommt, aber mich durchaus überzeugen kann. Nach diversen Stunden Lärm tut das Ganze sogar sehr gut. In der Zugabe – „Vorsicht, jetzt wird’s ganz komisch!“ – zeigt der Leipziger dann, was er wirklich an den Synthieknöpfchen kann: wunderbar durchgeknallte Soundspielereien. Sehr schön!

Xotox: Danach spare ich mir Klangstabil, sondern fahre mit der Trambahn ins Täubchenthal, das dieses Jahr der Ersatz für’s Werk II ist, sowohl von der Größe und Gemütlichkeit der Anlage her als auch von der musikalischen Ausrichtung. Da im Werk II ja sonst am WGT-Sonntag traditionell Elektro läuft, wird das auch hier weitergeführt. Ich muss unbedingt Xotox live sehen, die mich schon letztes Jahr auf dem Amphi begeistert haben. Und es ist auch dieses Mal wieder phänomenal. Es wundert mich, dass nicht das Mauerwerk zu bröckeln anfängt bei dem Inferno, das Andreas Davids mit Frau Claudia da entfesseln. Und das Schönste ist – die Halle ist knallvoll. Man genießt unter vielen vielen Gleichgesinnten hochgradig schwer verdauliche Musik. Ein wunderbares Gefühl. 

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Jekyll & Hyde: Am Sonntag ist mein Plan, mich an der Musikalischen Komödie für das Musical „Jekyll & Hyde“ anzustellen. An dem Tag ist es entsetzlich heiß, und ich träume schon bei der stickigen Hinfahrt von einem Platz im Theater mit ein bisschen Klimaanlage.
Ohne lange Wartezeit in der flirrenden Hitze, kaufe ich mir eine Karte. Noch ein bisschen frischmachen, etwas trinken und rein in das klimatisierte Vergnügen.
Es ist ein wirkliches Vergnügen! Die Inszenierung, die schauspielerische Darbietung, die stimmliche Leistung: wundervoll! Jekyll & Hyde, nach der Vorlage des Romans vom schottischen Schriftsteller Robert Louis Stevenson aus dem Jahr 1886, eine der berühmtesten Doppelgängerstories überhaupt. Diese wurde 1990 am Alley Theatre Houston (Texas) von Frank Wildhorn (sein Erstlingswerk) uraufgeführt.
Die brav/böse Doppelgänger-Geschichte ist perfekt inszeniert. Klassisch die Kostüme und das Bühnenbild bei Dr. Jekyll, frech, frivol, krachert meist bei Hyde, schon gleich in der ersten Konfrontation, als Jekyll zum Junggesellenabschied von seinen Spezln ins Puff ausgeführt wird. Dort trifft er die Dame, die er später als Hyde vernichten wird. Hier sind die Darsteller so modern und frech herausgeputzt, dass ich mir unwillkürlich denke, machen die das jetzt extra für das WGT Publikum? Am Schluss Standing Ovations.

Klangstabil: Danach mache ich mich auf den Weg zum Alten Landratsamt zu Klangstabil. Es ist noch Zeit für ein kleines Chilli con Carne. Liegt es am Chilli oder ist es hier schon wieder so heiß? Ich muss an den Rand flüchten und stehe seitlich an einem Bistrotischchen.
Die zwei Jungs von Klangstabil, Maurizio Blanco und Boris May, fangen pünktlich an und spielen einfach die Sachen, die man erwartet. Es kommt irgendwann „Lauf lauf“, „Shadowboy“, „Push yourself“, „You may start“ und „Vertraut“. Ich liebe diese Songs einfach.

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Nettes Erlebnis am Rande: Nachdem es hier wieder brütend heiß ist, muss ich wieder heftig fächern. Eine luftbedürftige Norwegerin braucht dringend meinen Fächer. Gegenseitig belüften wir uns und kommen total nett ins (laute) Plaudern. Am Schluss hat jede eine Facebook-Freundschaft mehr. Begegnungen am Rande.

 

(Schauspielhaus)

Persephone: Unter dem Namen Persephone wandelt die L’Âme-Immortelle-Sängerin Sonja Kraushofer schon seit zwölf Jahren auf neoklassischen Pfaden. Dementsprechend finden sich zur musikalischen Unterstützung an diesem frühen Abend zwei Cellisten, ein Kontrabassist und ein Pianist auf der Bühne ein. Musik zum entspannten Zuhören und sich Fallenlassen (von einer kurzen, fast schon atonalen, experimentellen Passage auf irritierende Weise unterbrochen), sicherlich am besten zu genießen daheim bei einem guten Glas Rotwein. So sehr sie stimmlich auch zu überzeugen weiß, lässt aber Sonja Kraushofers arg klischeehafte Theatralik den Auftritt mitunter leider etwas ins unfreiwillig Komische, wenn nicht Peinliche kippen. Dennoch ein schöner Beginn im Schauspielhaus, das an diesem brütend heißen Sonntag schon allein wegen der angenehmen Klimatisierung die richtige Wahl zu werden verspricht.

Edo Notarloberti & Viviana Scarinci: Am Vortag stand er mit seiner Geige noch bei Argine auf der Bühne, heute tritt Edo Notarloberti als Dirigent eines vierköpfigen Streicherensembles auf, das unter seiner Leitung ein von ihm komponiertes Werk zu Gehör bringt. Dieses kammermusikalische Stück ist Resultat der Zusammenarbeit mit der 1973 geborenen römischen Autorin und Lyrikerin Viviana Scarinci und quasi die Vertonung deren Dichtung „La Favola di Lilith“, die von ihr selbst live zur Musik vorgetragen wird. Also: klassisches Streichquartett mit gesprochener italienischer Lyrik, deren englische Übersetzung auf die Leinwand im Hintergrund projiziert wird – sehr ungewöhnlich und eine Konzentration erfordernd, die nicht jeder aufzubringen bereit ist, so dass sich das Schauspielhaus im Laufe der circa 40minütigen Darbietung etwas leert. Die große Mehrzahl des Publikums bleibt jedoch durchaus gebannt bei der Sache und dankt mit freundlichem bis begeisterten Beifall.

 

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Der Blaue Reiter: Auf seiner Facebook-Seite klassifiziert das spanische Duo seine Musik als “Apocalyptic Industrial Ambient“, was etwas bemüht klingt, aber durchaus zutrifft. Orchestrale Arrangements treffen auf düstere Ambientcollagen, wuchtige Live-Percussion und martialischen Sprechgesang und erzeugen so eine enorm eindringliche, dunkle Atmosphäre, die vor allem dem Thema des letzten Blaue-Reiter-Albums „Nuclear Sun“ angemessen ist, in dem die Katastrophe von Tschernobyl und deren bis heute reichende Folgen behandelt werden. Beklemmend, intensiv und beeindruckend.

Collection d’Arnell-Andréa: An diesem Abend können Collection d’Arnell-Andréa bereits ihren vierten WGT-Auftritt (nach 1993, 2005 und 2008) feiern. Und es macht ihnen sichtlich Spaß, ihren mit Streichern, Gitarre, Klavier und Schlagzeug vielfältig arrangierten, teils elegischen, teils rockigen Darkwave zu präsentieren, getragen von der einzigartigen Stimme von Chanteuse Chloé St. Liphard. Im Hintergrund originell anzuschauen auch die nostalgischen, ruckeligen Schwarzweißfilme aus der Frühzeit der bewegten Bilder. Frenetischer Beifall und Standing Ovations des Publikums, das aufgrund des leicht verspäteten Beginns dieses Gigs bis kurz vor halb eins im Schauspielhaus ausharrt.

 

Montag

 

 

Der Montag wird ruhiger, das Thermometer klettert auf 37 Grad, zu viel ist man nach diesen Tagen nicht mehr fähig. Ein paar Bands gehen aber noch. 

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The Foreign Resort: Nachdem ich spielplanbedingt The Woken Trees verpasst habe, will ich unbedingt die anderen Dänen mit Postpunk-/Indieeinschlag auf dem WGT sehen. The Foreign Resort sind etwas eingängiger und rockiger, eigentlich schon fast „normal“, aber sie passen trotzdem gut zum WGT, sind voller Leidenschaft dabei und reißen die müden Besucher ordentlich mit. Wie ich später erfahre, dürfen sie am Abend noch mal auf die Bühne, da Motorama ihren Auftritt absagen mussten. Freut mich für die sympathischen Dänen!

Almara: Der restliche Abend wird im klimatisierten Schauspielhaus verbracht, vor allem wegen Almara, die ich letzten Herbst hier in München schon mal sehen durfte. Sängerin Elisabeth Pawelke hat eine der schönsten Stimmen, die ich kenne, gerade für mittelalterliche Musik, und durch sie wird auch dieser Auftritt wieder zu etwas ganz Besonderem. Auch die Begleitband bekommt ausreichend Raum, ihre musikalische Virtuosität zu zeigen. Unbedingt anschauen, wenn Almara das nächste Mal in der Nähe spielen!

Hexperos: Die Italiener Hexperos sind mir bis dato vollkommen unbekannt, sie spielen sehr ruhige mittelalterliche, neoklassische Musik mit Geige, Harfe und Trommeln. Zentraler Mittelpunkt ist die Stimme von Sängerin Alessandra Santovito, die sehr wandelbar und perfekt ausgebildet ist. Insgesamt sind die Lieder zwar alle sehr schön und anmutig, aber auch austauschbar und ähnlich. Mich persönlich hat auch etwas das sehr operndivenhafte Gehabe der Sängerin gestört. Die musikalische Leistung soll hier aber nicht geschmälert werden, das restliche Schauspielhaus ist begeistert, und es gibt sogar Standing Ovations. 

Theodor Bastard: Die russische Band bildet mit ihrer hypnotischen, psychedelischen Weltmusik einen entspannten Abschluss des diesjährigen WGTs. Untermalt von wirklich wunderbaren Videoanimationen zelebrieren die Musiker ihre Songs, Sängerin Yana Veva tanzt entrückt und singt meist in einer Fantasiesprache. Ein schöner Auftritt, der das Publikum noch ein letztes Mal verzaubert, bevor es am nächsten Tag zurück in die bunte Realität geht.

Almara: Am Montag ist es wieder so heiß. Nach einem ausgiebigen Mittagessen im Cafe Luise gehe ich nach schräg gegenüber ins Schauspielhaus, um vor allen Dingen Almara zu sehen. Es ist putzig, wie kritisch Elisabeth Pawelke beim Soundcheck ist. Das Publikum raunt schon, weil es lange dauert, es ist aber doch auch nett, wenn jemand sich wirklich Mühe gibt, dass das Publikum den bestmöglichen Klang hat. Nett ist auch die Idee, die beiden Musiker, den Dudelsackspieler und den Percussionisten (von Estampie) zuerst alleine von draußen reinzuschicken. Sie spielen zuerst ein flottes, schnelles Stück, das dann in ein Mittelalterstück übergeht, wozu dann die anderen Musiker und Frau Pawelke dazu kommen. Es wird ein sehr schönes, feines Konzert.


Das WGT wird in der Moritzbastei unten im Innenhof sitzend ausgeläutet.
Ich freue mich schon auf nächstes Jahr.

Vatican Shadow: Meinen Finalabend im Volkspalast eröffnet der Kalifornier Dominick Fernow alias Vatican Shadow (übrigens auch aktiv unter dem Namen Prurient). Während auf seinen Studioalben auch Dark-Ambient-Elemente einfließen, präsentiert Fernow hier ein Set, in dem hauptsächlich Industrial, Noise und technoide Klänge gekonnt mit einander verwoben werden.


Land:Fire: Weiter geht es mit düsteren Ambientklängen des britischen Duos Land:Fire. Dark Ambient der gehobenen Art, der sich nicht nur in gleichförmig finsterem Gewaber erschöpft, sondern durch den zusätzlichen Einsatz rauschiger, knarziger und verzerrter Akzente äußerst fesselnd und abwechslungsreich gestaltet ist. Eindrucksvoll und sicherlich ein Highlight für alle Fans und Freunde apokalyptischer Klanglandschaften.

Sardh: Nun soll die wohl ungewöhnlichste Darbietung des Abends folgen, nämlich durch die Dresdener Sardh, die sich weniger als Band mit regelmäßigen Outputs denn als eine Art Kollektiv von Künstlern verstehen, von dem einige auch solo in den Bereichen Video- und Klanginstallation kreativ tätig sind. Ihre Performance ist mitunter verstörend, aber durchaus faszinierend und stilistisch überhaupt nicht einzuordnen: rituell anmutenden, komplexen Klangstrukturen folgt eine rhythmisch-rockige Passage, die nahtlos in eine brachiale Noise-Attacke übergeht, die wiederum abgelöst wird von neubauteneskem Eindreschen auf Metallplatten, bis schließlich wieder Dark-Ambient-Elemente die klangliche Oberhand gewinnen. Die dazu mal geflüsterten, mal gebrüllten Wort- und Satzfetzen unterstreichen den experimentellen und avantgardistischen Charakter dieses bemerkenswerten Auftritts.

Svartsinn: Mit Svartsinn betritt ein skandinavischer Dark-Ambient-Act die Bühne der Kantine im Volkspalast. Eigentlich ein Soloprojekt, wird der Norweger Jan Roger Pettersen durch einen Cellisten verstärkt, der die typischen finsteren Drones und Soundscapes mit live gespielten Streichertupfern anreichert. Klassischer, traditioneller, aber absolut nicht langweiliger Dark Ambient, der (ähnlich wie Desiderii Marginis am Freitag) Vorbilder wie Raison d’Être nicht leugnen kann.

Sigillum S: Das italienische Duo Sigillum S präsentiert bei meinem persönlichen WGT-Abschluss ein infernalisches Gewitter aus analogen und digitalen Tönen jedweder Farbe und Frequenz, mal eher noisig und ohne erkennbare rhythmische Struktur, mal aggressiv treibend und nahezu tanzbar. Resultat ist eine hochkomplexe Soundwalze, der man sich einfach ausliefern und von der man sich mitreißen und überrollen lassen muss. Genial und nochmal ein Highlight zum Ende.

Links und Quellen

 

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Bildquellen/Galerien Konzerte:
Yura Yura
Albireon
Sonne Hagal
SixComm
Klangstabil
xotox
Sigillum S
Almara

 

 

 

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2 Kommentare
  1. Phoebe
    Phoebe sagte:

    Ganz toll ausgedacht und umgesetzt, Elly. Gefällt mir gut mit den verschiedenen Farben und den Ornamenten zwischen den verschiedenen „Redakteuren“. <3

  2. modermichl
    modermichl sagte:

    Super von allen geschrieben und super moderiert. Ganz grosse Klasse.!!

    Ja, dies Rauslaufen bei klassischen und ruhigen Darbietungen ist echt nervig.
    Das macht selbst vor dem (wirklich empfehlenswerten WGT-Kammerorchester) in der alten Börse nicht halt.

    Frei nach dem Motto, wir haben ja ein Bändchen und haben das Recht, zu stören…

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