Mit neuer Kraft

Rübezahl kehrt zurück, besser gesagt Joachim Witt veröffentlicht heute sein nächstes Werk. Seit acht Jahren begleite ich jetzt sein musikalisches Schaffen als Bloggerin, es war mit kleinen Ausnahmen ein Ohrenschmaus. Nach dem Crowdfunding zum Vorgängeralbum Rübezahl folgte letztes Jahr das gleiche Procedere im Vorlauf zu Rübezahls Rückkehr. Den Unterstützer*innen wurde das Album 2019 bereits unter den Weihnachtsbaum gelegt, der offizielle Veröffentlichungstermin musste aufgrund der aktuellen Situation vom 23. März auf den 8. Mai verschoben werden. Dank der perfekten Promotion (danke Jessica!) durfte ich schon vorher ins neue Album reinhören.

Im 71. Lebensjahr und passend zum 40. Jubiläum seines ersten Hitalbums Silberblick mit dem NDW-Hit „Der Goldene Reiter“ steigt Joachim Witt erneut als Rübezahl zu den Sterblichen hinab und verkündet streitbar und entschlossen seine Botschaften mit markanter, melodiöser und unverwechselbarer Stimmkraft. Witt sagt, dass er mit Rübezahls Rückkehr angekommen ist: bei sich und in seiner musikalischen Heimat. Vorbei sind die Ausflüge auf den hohen Synthesizer-Klangwellen, es geht weiter mit orchestraler und doch rockiger Musik und hörenswerten Texten.
Sehr bildhaft und kraftvoll appelliert Witt an die Menschlichkeit („Geist an das Licht“) und wünscht sich: „Bringt wieder Frieden ins Land“. Die Streicher harmonieren perfekt mit Schlagzeug und Gitarren. Mit „Kopfschwul“ könnte man sich im Eisbrecher-Kosmos wähnen. Laut Witt’scher Definition handelt es sich hier um platonische Liebe zum gleichen Geschlecht. Unter anderem singt Witt: „Oh je, das wird nicht jeder verstehen“ – das kann schon sein, aber das passiert nicht zum ersten Mal. Legen Sie da wirklich so viel Wert darauf, werter Herr Witt? Goth sei Dank nicht! „Die Rückkehr“ passt zum Albumtitel, zurückhaltend mit viel Klavier und Streichern und dezenten Percussions:

Zu „Schmerzende Welt“ spielt der Künstler wieder mal seine Gesangsqualitäten aus (herrlich!) und legt musikalisch wieder einen Zahn zu. „Gib mir den Himmel“ sollte man sich aufmerksam anhören, und sich sein eigenes Kopfkino dazu zusammenschneiden. Witt meint: „Ich lasse euch die volle Bandbreite eurer Vorstellungskraft. Es gibt so viele Wege, Situationen zu beschreiben.“ Zurück in die „Steinzeit“ begleiten uns ruhigere Passagen, die sich abwechseln mit rockigeren und angriffslustigen Teilen, für Kenner gilt: große, gut bekannte Witt-Theatralik. Für „Ich bin immer noch hier“ hat sich der erfahrene Künstler junge Unterstützerinnen geholt: Eklipse. Das Streichquartett besteht aus leidenschaftlichen, rockigen Damen, sie werden ihn auch auf der geplanten Tour begleiten. Immer wieder wird bei „Wo blüht der Mohn“ zum Headbangen eingeladen. Die düstere, dunkle Stimme beschreibt die mangelnde Solidarität und nicht endende Ignoranz innerhalb unserer Gesellschaft. „Zora“ ist eine Kooperation mit Gergana Dimitrova, Sängerin des Chors The Mystery of the Bulgarian Voices. Ein stimmlich variantenreiches Stück. „Rote Tränen“: Wieder ein prosaischer Text mit dem Ablauf angepasster musikalischer Umsetzung. Rübezahl spricht zu uns: „Wut und Trauer ist meine Welt“. Ähnlich gestaltet sich „Windstille“: Cello, Geigen und die rockigen Instrumente fehlen auch hier nicht. Der Textphrase „Vieles bleibt versucht“ kann ich nur begeisternd „Immerhin!“ hinzufügen.

Einige der Tracks zu Rübezahls Rückkehr stellt Joachim Witt auszugsweise auf seinem Facebook-Kanal vor. Im Vorlauf hat sich das für mich schon sehr richtig und konsequent in der Folge zu den zwei vorhergehenden Alben angehört. Die gesamte CD überzeugt und lebt durch die großartige Stimme des langbärtigen Rübezahls. Die aufrüttelnden, herausfordernden, melancholischen Texte werden in eine Symbiose von Rock und klassischer Musik gehüllt, Produzent Chris Harms (Lord of the Lost) hat hier wieder großartige Arbeit abgeliefert. Mein Verlangen nach Cello, Geige und Klavier in Verbindung mit Joachim Witt wurde zur Genüge befriedigt. Ich bin restlos begeistert, so kann es gerne weitergehen!

Anspieltipps: Kopfschwul – Steinzeit – Rote Tränen

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Joachim Witt: Rübezahls Rückkehr
Ventil / The Orchard / Sony, Vö. 08.05.2020
14,99 € über https://www.gewitter-merch.de/produkt/ruebezahls-rueckkehr-album/

https://www.facebook.com/joachimwittmusik/

Titelreihenfolge:
1. Geist an das Licht
2. Kopfschwul
3. Die Rückkehr
4. Schmerzende Welt
5. Gib mir den Himmel
6. Steinzeit
7. Ich bin immer noch hier (feat. Eklipse)
8. Wo blüht der Mohn?
9. Zora (feat. Gergana Dimitrova)
10. Rote Tränen
11. Windstille

„Rübezahls Rückkehr“ – Die Tour 2021 (verlegt von 2020)
Support: Eklipse + Special Guests
12.03.2021 Potsdam – Lindenpark
13.03.2021 Cottbus – Gladhouse
18.03.2021 Frankfurt – Das Bett
19.03.2021 Dresden – Tante Ju
20.03.2021 Erfurt- HsD
26.03.2021 Leipzig – Haus Auensee
27.03.2021 München – Backstage
28.03.2021 Nürnberg – Hirsch
08.04.2021 Berlin – Kesselhaus
09.04.2021 Magdeburg – Factory
10.04.2021 Görlitz – Kulturbrauerei
16.04.2021 Oberhausen – Kulttempel
17.04.2021 Hannover – Musikzentrum
18.04.2021 Hamburg – Mojo Club

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