Straight outta Moscow

MDBMoscow Death Brigade sind ein Phänomen, denn sie haben es geschafft, Hip-Hop, Hardcore/Punk und Thrash Metal derart zu kombinieren, dass auf ihren Shows die Anhänger dieser eher unvereinbaren Musikrichtungen zu einer im Schweiß vereinten Familie zusammenwachsen. Damit haben sie trotz Underground-Status schnell europaweit Fans gewonnen. Auch mich fasziniert die Band, dabei habe ich ansonsten mit Hip-Hop wenig zu tun.
Mit einer linken Einstellung hat man es in Russland derzeit nicht leicht, deswegen verwenden die Sänger stets Sturmhauben, um ihre Identität zu schützen und Übergriffe seitens russischer Neonazis zu verhindern. Gleichzeitig passt das natürlich zur Attitüde und trägt durch das auf diese Weise martialische Auftreten zum Gesamteindruck bei. Zuletzt waren sie im Vorprogramm von den Überfliegern Feine Sahne Fischfilet in Deutschland unterwegs, was den Bekanntheitsgrad deutlich gesteigert haben dürfte.

Der Opener „Renegade Stomp“ beginnt sofort mit dem mehrstimmig vorgetragenen Refrain, und dann setzt der überraschend harte Beat ein. Statt wie früher die Gitarre dominieren hier elektronische Sounds. Beim folgenden „What we do“ wird dies besonders deutlich, denn das Stück beginnt wie ein Dark Electro Track. Mit einsetzendem Gesang ist aber natürlich sofort klar, wer hier zu Werke geht. Die Fusion aus Hip-Hop und Electro funktioniert bestens. Überraschend setzt bei „Anne Frank Army, Pt. II“ ein Klavier ein, und dieses Klavierthema bestimmt dann auch im Weiteren den Song. Der mehrstimmige Sprechgesang darf aber natürlich nicht fehlen. Der Titeltrack „Boltcutter“ ist ebenfalls elektronisch untermalt, und das Tempo wird hier wieder erhöht. Beim Refrain setzen die Beats aber aus, sodass der Rhythmus allein durch den Sprechgesang vorgegeben wird. Der Energielevel ist auch bei „All for one“ zunächst am Anschlag, wird aber in den Strophen etwas zurückgefahren, weil diese nur einstimmig vorgetragen werden. Auch „Straight outta Moscow, Pt. II“ beginnt mit einer stimmungsvollen Dark-Electro-Einleitung, dessen Thema immer wieder im Song auftaucht. Aber natürlich wird einem auch hier der Refrain regelrecht entgegengerotzt. Kurz aufatmen kann man wieder nur während der einstimmigen Strophe und den kurzen Instrumentalpassagen. Erst „Collateral murder“ besitzt ein gitarrenähnliches Sample und erinnert damit an den früheren Sound, ist aber ansonsten auch mit atmosphärischen Keyboardteppichen untermalt.
Der Rhythmus von „Brother & sisterhood“ (Remix) ist recht stringeng gehalten, steigert sich zwischendrin aber immer wieder zum Höhepunkt, wie man es vom Tekkno der neunziger Jahre kennt. Das ist wieder einmal eine ungewöhnliche Kombination, die mir richtig gut gefällt. „Rudegirl warrior“ ist zumindest in den schlichteren Passagen der Strophen vielleicht am dichtesten am herkömmlichen Hip-Hop dran, aber beim Refrain wird wieder alles rausgeblasen, man muss einfach mitmachen. In „Crocodile style“ steckt wohl auch eine kleine Hommage an die in den achtziger Jahren so beliebten Lacoste-Shirts (auch wenn es die heute noch gibt). Der Track selbst ist wieder mit Elektro-Passagen untermalt. Die folgenden zwei Bonus Tracks sind bereits vor diesem Album veröffentlicht worden, und nun gibt es endlich ein Wiederhören mit den Gitarren, die ich bislang vermisst habe. „One for the ski mask“ besitzt vor allem beim Refrain einen Wahnsinnsflow, sodass man einfach mitsingen muss. „No one is illegal“ heißt es in der Einleitung zu „Papers please“, und damit ist unmissverständlich klar, dass es in diesem Song nicht ums Kiffen geht. Hier wird noch einmal aggresiv gerappt, während die Gitarre das Grundgerüst des Songs bildet.

Fazit: Moscow Death Brigade machen auch auf Boltcutter wie gewohnt keine Gefangenen und reißen mit ihrer Energie einfach jeden und alles mit, stillsitzen ist unmöglich. Der Sound hat sich verstärkt zu Synthies hin entwickelt, was auch sehr gut funktioniert. Dennoch muss ich feststellen, dass mir persönlich die Gitarrensalven früherer Werke fehlen und ich den Hardcore-Einfluss vermisse, aber zumindest bei den Bonus Tracks sind diese dann doch vertreten. Insgesamt ist Boltcutter so recht Hip-Hop-lastig ausgefallen.

Anspieltips: Boltcutter, Straight outta Moscow Pt. II, Brother & sisterhood, One for the ski mask

:mosch: :mosch: :mosch: :mosch: :mosch2:

Moscow Death Brigade: Boltcutter
Rebel Sound Records, 26.01.2018
LP 13,99 €, CD 12,99 € erhältlich über Core Tex Records
MP3 Download 9,99 € erhältlich über Amazon

Homepage: de-de.facebook.com/moscowdeathbrigade/

Tracklist:
01 Renegade Stomp
02 What we do
03 Anne Frank Army, Pt. II
04 Boltcutter
05 All for one
06 Straight outta Moscow, Pt. II
07 Collateral murder
08 Brother & sisterhood (Remix)
09 Rudegirl warrior
10 Crocodile style
11 One for the ski mask (Bonus track)
12 Papers please (Bonus track)

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