Technisch versiertes Todesmetall
Der Name. Der Titel. Das Cover. Seltsam geschminkte Männer mit langen Haaren. Alles lässt einen rein optisch an den düsteren Norden, Norwegen, denken, vielleicht im nebligen September, den schon Darkthrone so schön besungen haben.
Weit gefehlt: Norse ist ein Zwei-Mann-Projekt aus – haltet euch fest – Australien, bestehend aus Gitarrist und Sänger Treelo Harrington und Drummer Robin „Frog“ Stone. 2006 machten sie erstmals mit ihrer Debut-EP The Unrelenting auf sich aufmerksam, 2008 folgte, nach unzähligen Konzerten in ihrer Heimat, dann das Debut-Album Hellstorm. Jetzt liegt das zweite Album der Nordmänner vor.
Das Etikett auf der Scheibe weist Norse als „Blackened Death Metal“ aus, was im Grunde genommen schon ganz gut das trifft, was den Hörer erwartet: Einen technisch sehr guten, experimentellen Mix aus Black und Death Metal. Schnelle, perfekte Drums, harte Riffs, Gekreische, zwischendrin Cleargesang – wenig Überraschung hier. All is Mist and Fog ist kein Album, bei dem man sofort bei einem Track hängen bleibt. Es ist eher eines, das einfach durchläuft, man immer wieder auf einzelne Passagen aufmerksam wird, dann aber schnell wieder abschweift. Und trotzdem immer mit dem Kopf nickt oder die unsichtbaren Drumsticks schwingt, wenn man zum Fenster hinaussieht und sich fragt, was zum Henker man in so ein Review packen soll.
Belanglos ist die Scheibe aber auf keinen Fall. Man kommt einfach nur schwer rein in den aalglatten Sound, den die Jungs da produzieren. Mir kommt es so vor, als stecke da noch mehr drin, als würden uns Norse nicht alles zeigen, was sie so drauf haben. Immer und immer wieder läuft die Scheibe im Player, doch der Funke will und will einfach nicht überspringen. Die letzten vier Tracks des Albums – „Plaguewhore“, „Concrete Wastes“, Magus“ und „Gravel“ – sind etwas vielschichtiger als der Beginn, der wie eine Leistungsschau anmutet. Hier stutzt man beim Hören, freut sich über die raren Pausen im wilden Gedresche, bleibt an Textfetzen hängen. Hier zeigt sich meiner Ansicht nach, dass Harrington und Stone noch nicht da sind, wo sie hinwollen und –können, und dass sie es durchaus verdient haben, erneut mit Größen wie Absu und Dark Funeral auf der Bühne zu stehen.
All is Mist and Fog ist ein technisch durchaus anspruchsvolles Stück Metall – aber mir war es streckenweise zu versiert, zu glatt. Doch die Jungs haben sich Raum für Steigerungen gelassen, und ich werde Norse definitiv im Auge behalten – ich glaube, wir haben noch einiges aus Down Under zu erwarten!
Anspieltipp: Plaguewhore
Norse: All is Mist and Fog
Release: April 2013
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Tracklist:
1. Neglect
2. Worn and Grey
3. Towards the Shining Sky
4. Black Ocean
5. Silently Awake
6. Plaguewhore
7. Concrete Wastes
8. Magus
9. Gravel
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