Nachhall eines Konzerts

Das Quartett Solbrud frönt dem Black Metal, stammt aus Dänemark und hat sich 2009 gegründet. Sänger Ole Luk spielt ebenso Gitarre wie Adrian Utzon Dietz, Tobias Hjorth bedient den Bass und Troels Hjorth knüppelt in die Felle. Trotz bisher veröffentlichter drei Alben gelten sie vor allem außerhalb des skandinavischen Raums noch immer als Geheimtipp. Dies könnte sich mit dem hier vorliegenden Release ändern. Denn obwohl sich Black Metal nicht gerade auf meiner Favoritenliste wiederfindet, hat mich der folgende Auszug aus dem Pressetext zur Veröffentlichung getriggert:

Solbrud are also known for performing at unique locations, with special care for lights and props, which now results in ‚Levende I Brønshøj Vandtårn‚, a carefully curated live double-album and video. All tracks were recorded inside Brønshøj Water Tower in Copenhagen at two totally sold-out nights. The tower is known for its brutalist architecture and unique acoustics – 15 seconds of natural reverb, which creates a fitting atmospheric backdrop for the monumental sound of the band. On top of that, the tower was freezing cold, amplifying the nature of the music.“

Da mir das dazugehörige Video leider nicht vorlag, kann ich an dieser Stelle nur die Musik besprechen.
Den Abend eröffnet „Øde lagt“ mit ruhigem und monotonem Schlagzeugspiel, das leise Ahnungen an die Durchführung eines Rituals weckt. Behutsam schleichen sich die übrigen Musiker ins Bild und erweitern den Sound zu einer sakralen Atmosphäre. Dies wird sicherlich durch die Location gefördert und verstärkt. Schließlich setzt auch der Gesang ein, krächzend-kreischend, wie das im Black Metal meist die Regel ist. Genau das, was mich normalerweise abtörnt, doch hier fügt es sich perfekt ins Bild und sorgt für einen kalten Schauer, der den Rücken herunterläuft. Die Saiteninstrumente steuern zum Teil reichlich psychedelische Vibes bei, doch eine Blast-Beat-Attacke hält alles zusammen, bevor der Track ruhig ausklingt und in „Skygge“ übergeht. Dies ist zusammen mit dem folgenden „Menneske“ mit knapp über zwei Minuten überraschend kurz. Man spürt, wie dabei die Akustik ausgereizt wird, vor allem bei diesen langgezogenen und Doom-änlichen Riffs, die urplötzlich abreißen und den Nachhall in Szene setzen. Dafür folgen nun drei Songs mit weit über zehn Minuten. Den Beginn macht dabei „Sortedøden“, das unvermittelt mit einem heftigen Double-Bass-Drum-Gewitter loslegt. Schließlich setzt der Gesang ein und die weiteren Instrumente, die sich jedoch eher begleitend im Hintergrund halten. Eine ruhige Zwischenpassage lässt Zeit zum Luftholen, dann setzt sich die Lärmorgie fort, eine einzige Kakophonie. Doch schließlich gewinnen Harmonien die Überhand.
„Klippemennesket“ zeigt sich zunächst Drone-beinflusst, und einzelne klare Klänge durchziehen das Bild, bis sich die sakrale Stimmung vom Anfang aufbaut, nun allerdings in einer schwermetallischen Version. Die folgende gefühlvolle Überleitung lässt es schon erahnen, dass der nächste musikalische Gewaltausbruch bevorsteht. Im Anschluss beginnt „Bortgang“ langsam und episch. Dichte, schwere Riffs werden begleitet vom Schlagzeugspiel, dessen einzelne akzentuierte Betonung auf mich wie Glockenschläge eines alten Kirchturms wirken. Schließlich nimmt der Song an Fahrt auf, und der Gesang setzt ein. Im ruhigeren Übergang lassen sich Zwischenrufe aus dem Publikum ausmachen, die den Nachhall in der Location gut dokumentieren. In der Schlusspassage setzt zusammen mit Oles Stimme das zu erwartende Lärmgewitter ein, das fast so erlösend wirkt wie das sommerliche Pendant am Ende eines schwülen Tages. Dafür gibt es auch den gebührenden Applaus. Der neue Track „Sjæleskrig“ klingt zu Beginn reichlich psychedelisch und wird dann ganz ruhig und gefühlvoll. Solbrud lassen hier bewusst die besondere Akustik noch einmal wirken. Mit „Besat af mørke“ setzt zunächst allein das Schlagzeug ein, das für die nächsten vier Minuten unbarmherzig malträtiert wird. Diese Präzision über die Zeit nonstop zu halten zeugt von enormer Leistung und Ausdauer. Zwischenzeitlich gesellen sich auch die übrigen Instrumente sowie der Gesang hinzu, und gemeinsam wird dieser besondere Konzertabend zu Ende zelebriert. Das jubelnde Publikum sorgt für den Ausklang.

Fazit: Ich bin sehr überrascht, dass Levende I Brønshøj Vandtårn bei mir so gut ankommt. Aber hier wird eben nicht einfach nur standardmäßig auf Teufel-komm-raus geknüppelt und gegrunzt, sondern Solbrud verarbeiten vielfältige musikalische Stimmungen und tragen dabei auch der besonderen Location des Brønshøj Wasserturms Rechnung, indem sie deren Akustik ganz bewusst ausnutzen und Teil ihres Sounds werden lassen. Wiegedod und Auđn können dazu als Referenzen herangezogen werden.
Man kann hier endlich wieder ein Konzert spüren, was echt gut tut. Und gleichzeitig erinnert es daran, was wir alle so schmerzhaft vermissen. Hörpflicht und volle Punktzahl für Genre-Fans, für mich persönlich muss ich leider einen Punkt abziehen, diese Art des Gesangs ist einfach auf Dauer nichts für mich. Undskyld!

Anspieltipps: Øde lagt, Klippemennesket

:mosch: :mosch: :mosch: :mosch: :mosch2:

Solbrud: Levende I Brønshøj Vandtårn
Eisenwald, Vö. 26.03.2021
MP3 7,00 €, DVD+CD 21,00 € erhältlich über Bandcamp, LP ist in Planung
Homepage: http://facebook.com/solbrud
https://solbrud.bandcamp.com
https://store.eisenton.de

Tracklist:
01 Øde lagt
02 Skygge
03 Menneske
04 Sortedøden
05 Klippemennesket
06 Bortgang
07 Sjæleskrig
08 Besat af mørke

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  1. […] Solbrud (Link zur Review) schon wieder ein Livealbum, aber es geht ja gerade sonst nix. Die emsigen Jungs von Enforcer haben […]

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