Symphonischer Wahnsinn
Symphonic Metal war bislang so gar nicht meine Baustelle, da ich zuviel Bombast-Kitsch und Pseudo-Operngesang überhaupt nicht ausstehen kann. Aber das tolle Video aus der Psychiatrie zu „The opposed“ hat mich neugierig gemacht. Noch dazu ist Zornheym eine Allstar-Band, deren Musiker der Hauptsongwriter Zorn aus aktiven oder ehemaligen Mitgliedern von illustren Bands aus dem Extrem-Metal-Bereich wie Dark Funeral, Devian, Diabolical und Facebreaker um sich geschart hat. Mit Bendler von Facebreaker als Vocalist ist auf jeden Fall klar, dass ich mir um Operngesang schon mal keine Sorgen machen muss.
„The opposed“ ist dann auch gleich der erste Song auf Where hatred dwells and darkness reigns. Ein echtes Streichorchester trifft auf fiese Metal-Gitarren, und abgerundet wird das Ganze durch das vertrackte Schlagzeugspiel. Der Song hat einen tollen Rhythmus, der einen direkt mitzieht. Das Verhältnis zwischen Metal und Klassik ist optimal ausgewogen, und der am Death Metal orientierte Gesang hebt sich wohltuend von Möchtegern-Opernarien ab. Auch das Zusammenspiel mit dem bandeigenen Chor Chorus Tenebris ist hervorragend abgestimmt. Das anschließende „Subjugation of the cellist“ ist erst einmal Balsam für die geschundene Seele, da es mit sanft gezupftem Gitarrenspiel beginnt. Doch dann kommen Streichinstrumente und Paukenschläge hinzu, die an Donnergrollen erinnern. Die Stimmung wird unheilschwanger und kippt ins Bedrohliche. Danke für die Warnung, denn „A silent God“ knallt einem gehörig was vorn Latz. Double-Bassdrum-Gewitter, fette Riffs und der bombastische Chor zum brutalen Gesang. „Silent“ ist hier mal gar nichts. Erst im zweiten Teil des Songs gibt es klassische Einlagen mit Einsatz einer Frauenstimme, die aber im Wechsel mit den Riffs unterbrochen werden. „Prologue to a hypnosis“ ist wieder eine kurze Zwischensequenz, auf der ein Nachrichtensprecher verzerrt zu hören ist, während eine Spieluhr oder ein Glockenspiel erklingt. In der Kombination erzielt dies eine beunruhigende Wirkung, eine prima Einleitung für „Trifecta of horrors“. Der heimliche Star des Songs ist das Schlagzeugspiel, äußerst abwechslungsreich und immer wieder rasend schnell. Natürlich gibt es auch hier die Einsätze vom Chor und den Streichern, was den Song aber herausstechen lässt, ist der Einsatz von Klargesang, der den sonst vorherrschenden Growl-Gesang passagenweise ablöst. Er erinnert an klassischen Heavy Metal und könnte von Iron Maiden inspiriert sein.
Langsam und leise baut sich „And the darkness came swiftly“ auf, eine Art Soundcollage. Es kommen Akustikinstrumente hinzu, und dann ist der Song auch schon vorbei, wie ein flüchtiger Hauch. „Whom the nights brings“ bereichert das bewährte musikalische Konzept um eine weitere Facette, nämlich mit Richtung King Diamond in die Höhe steigenden Gesangspassagen, was dann doch eine Überraschung ist, sich aber nahtlos einfügt. Das folgende „Decessit vita patris“ könnte man zu Beginn zunächst wieder für eine kurze Zwischensequenz halten, doch dann setzen mit Wucht die Instrumente ein. Die Passagen, die ohne den Growl-Gesang auskommen, erinnern teilweise an Filmmusik, sogar Orgelklänge werden eingesetzt. Im zweiten Teil des Songs kommt auch wieder Klargesang zum Einsatz, was ihn etwas ruhiger wirken lässt, obwohl der gnadenlose instrumentale Druck nicht reduziert wird. Dank des Chors startet „Hestia“ zum Abschluss mit etwas mehr Bombast, geht dann aber wieder in die Vollen. Fette Riffs, wuchtiges Schlagzeug, Gitarrensolo und immer wieder der Chor, bis nach zwei Dritteln ein abrupter Break erfolgt und der Song mit Mönchsgesängen als Outro ruhig zu Ende geht.
Fazit: Endlich mal Symphonic Metal, der nicht im Kitsch ertrinkt. Den musikalischen Background der Mitglieder im Black- und Death-Metal-Bereich hört man jederzeit heraus, und doch ist Where hatred dwells and darkness reigns so viel mehr. Der bandeigene Chor Chorus Tenebris kommt der Musik sehr zugute, ebenso das echte Streicherorchester. Es macht eben einen Unterschied, dass die Musik richtig eingespielt und nicht künstlich am Synthesizer zusammengemixt wird. Obwohl ich mit typischem Growl-Gesang aus dem Extrem-Metal-Bereich sonst immer meine Probleme habe, gibt es hier die volle Punktzahl, weil das Gesamtpaket von den Arrangements und der Produktion her völlig stimmig ist. Lediglich auf den etwas klischeehaften Black-Metal-Namensschriftzug hätte man meiner Meinung nach verzichten können.
Die einzelnen Songs werden im Album-Artwork übrigens jeweils mit einer Graphic Novel unterstützt. Das ist eine super Sache, da man die Texte naturgemäß nur sehr schwer oder gar nicht versteht. Da mir das Album leider nur digital vorliegt, kann ich dazu allerdings nicht mehr sagen.
Anspieltips: The opposed, Trifecta of horrors
Zornheym: Where hatred dwells and darkness reigns
Non Serviam Records, VÖ: 15.09.2017
CD 20,99 €, erhältlich über WOM
Homepage: facebook.com/zornheym
non-serviam-records.com
Tracklist:
01 The opposed
02 Subjugation of the cellist
03 A silent God
04 Prologue to a hypnosis
05 Trifecta of horrors
06 And the darkness came swiftly
07 Whom the nights brings
08 Decessit vita patris
09 Hestia
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