Schöne, weiße Welt

 

Get out

„Wissen sie, dass ich schwarz bin?“ fragt Chris seine Freundin Rose, bevor sie ihre Familie das erste Mal besuchen. „Sollten sie?“ meint Rose. Rose kommt aus einem gutbürgerlichen, gebildeten Haus, und es scheint, dass ihre Familie keine Vorurteile gegenüber Menschen anderer Couleur oder gemischtrassigen Pärchen hat. Im Gegenteil, der Vater ist ein ganz großer Fan von Barack Obama, und er hätte ihn lebenslänglich gewählt, wenn das möglich gewesen wäre. Das klingt ja schon mal gut! Doch irgendwie ist die Stimmung auf dem Anwesen der Eltern seltsam. So herzlich diese sind, so merkwürdig sind die – allesamt schwarzen – Angestellten. Sie verhalten sich abweisend, beobachtend und unterwürfig.

Auch auf der Gartenparty am nächsten Tag verhalten sich die Gäste merkwürdig. Einer ruft ihm sogar „Hau ab!“ zu (Get out). Sie sind nicht offen rassistisch, sie bewundern eher das Schwarze, Starke, was äußerst seltsam auf Chris wirkt. Noch dazu meint er einen jungen Mann aus seiner Nachbarschaft zu sehen, der hier mit einer mindestens 30 Jahre älteren weißen Frau verheiratet ist. Er erkennt Chris nicht. Sein bester Freund Rod, dem er sich telefonisch anvertraut, recherchiert, dass um die Ortschaft herum auffällig viele Schwarze als vermisst gemeldet wurden. Chris solle abhauen! Doch das ist leichter gesagt als getan …

Rassendiskriminierung ist das größte Thema von Get Out. Wir erleben die Welt aus den Augen des schwarzen Chris. Er verhält sich die ganze Zeit sehr zurückhaltend, beschwichtigend, beobachtend, während seine weiße Freundin viel dominanter Anderen gegenüber ist, seien es Familienmitglieder oder die Polizei. Man sagt, der Regisseur Peele rechne gewissermaßen mit den momentanen Umständen in den USA ab. Er ist selbst Afroamerikaner, mit einer Weißen verheiratet, er wird aus dem Nähkästchen plaudern können, wie die Stimmung derzeit ist.

Dieser kleine Indie-Horrorfilm ist von Kritikern wie Zuschauern zum Kassenschlager gekürt worden. Er spielt zwar mit den Mitteln des Horrorfilms, das Ganze geht aber unblutig ab, der Grusel formiert sich im Hirn. Es gibt nur wenige Filme in der Vergangenheit, die auf so subtile Art und Weise Grauen erzeugen, ohne dass man eigentlich etwas sieht. Rosemarie’s Baby würde ich nennen, The Sixth Sense, und ab jetzt Get Out. Die moderne Variante eines unblutigen Horrorfilms, mit ein paar ganz und gar nicht vorhersehbaren Ideen und Wendungen.

Get Out
Genre: Horror, Thriller, Komödie, Mystery
Regie und Drehbuch: Jordan Peele
Nationalität: USA
Start in Deutschland: 04. Mai 2017, 104 Minuten
Cast: Daniel Kaluuya, Allison Williams, Catherine Keener, Bradley Whitford, Caleb Landry Jones, Lil Rel Howery u.a.

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