Geburtstag Infernale

Ganz rund ist der Geburtstag ja nicht, zu dem wir  geladen sind: Gorgoroth feiern ihren 31. Geburtstag mit einer Europa-Tour, die Ende Februar auch im Münchner Backstage Station macht. Rund oder nicht, wir feiern natürlich trotzdem mit dem norwegischen Black-Metal-Urgestein. Um dem Ganzen den angemessenen Rahmen zu bereiten, wird Gorgoroth von drei Bands begleitet, die fürs altersgerechte Aufwärmen der Nackenmuskeln sorgen.

DSC_8884Den Auftakt machen Tyrmfar vor einem noch sehr leeren Werk. Davon lässt sich der Schweizer Vierer allerdings nicht beirren, ebenso wenig von der Tatsache, dass sie an diesem Abend zwar auch zu viert auf der Bühne stehen, jedoch trotzdem ohne Bassist Marc. Seine Kollegen geben sich jedoch wacker und arbeiten sich voller Elan und Spielfreude durch die nächsten dreißig Minuten, während der sich der Raum vor der Bühne auch langsam füllt. Musikalisch sind Tyrmfar auf der härteren Seite des melodischen Black Metal angesiedelt, aber so ganz ausgegoren wirkt die Sache (wie auch die Live-Abmischung) noch nicht. Dennoch haben die Schweizer eine klare Marschrichtung, und die stimmt auf jeden Fall – beeindruckend in einzelnen Momenten zu sehen, etwa wenn Sänger Robin ohne Mikro von der Bühne brüllt.

DSC_9047Nach kurzer Pause und einem noch kürzeren Soundcheck geben sich Hats Barn aus Frankreich die Ehre – aber nicht ohne vorher mit Kerzen und Räucherstäbchen entsprechend für Stimmung zu sorgen. Die Truppe um Frontmann Psycho ist seit 2005 aktiv und bringt es auf inzwischen sechs Studioalben, deren neuestes den Titel Y.a.HW.e.H. (2022) trägt und dessen Titelsong den düsteren Reigen an diesem Abend eröffnet. Mit atmosphärischer Bühnendeko, viel Theatralik und Vocals, die zwischen ohrenbetäubendem Kreischen und Depressive-Screams angesiedelt sind, arbeiten sich Hats Barn munter einmal durch die Discografie. Für mich stechen besonders die Lieder in Originalsprache – „Le chant du mort“ vom 2014er-Album A necessary dehumanization und „L’enfant doit mourir“ vom aktuellen Album – hervor; diese beiden Chansons der etwas härteren Gangart sind auf jeden Fall ein Ohr wert. Stimmungsvolle Samples sorgen für die nötigen Pausen, um sich die Knoten aus den Haaren zu kämmen. Alles in allem eine reife Leistung der Franzosen!

DSC_9102Die Kerzen, die Hats Barn ausgeblasen und abgebaut haben, hätten sie für Doodswens aus Eindhoven eigentlich gleich brennen lassen können, denn auch hier wird vor Konzertbeginn von Drummerin I. ein Altar mit Kerzenleuchter, Totenschädeln, Kelchen und Räucherwerk auf der Bühne aufgebaut. Das, was draufsteht, ist hier auch drin: Doodswens, zu Deutsch Todeswunsch, sind seit 2017 aktiv und haben sich dem Black Metal der alten Schule verschrieben: rasend schnell, bitterkalt und mit viel Hass im Herzen schreddern sich die Dame und die zwei Herren durch Songs vom Debütalbum Lichtvrees (2021, zu Deutsch etwa „Lichtphobie“) und dem 2019er Demo Doodswens, die sich allesamt nicht hinter den Werken der älteren und etablierteren Kollegen verstecken müssen. Nach dem phänomenalen „IJsheiligen“ und „In mijn Bloed“, dem Opener von Lichtvrees, arbeiten sich Doodswens durch zwei Songs vom Demo, ehe sie mit „The gate of Moria“ neues Material zum Besten geben. Wer auf räudiges Kreischen, abwechslungsreiches Schwarzmetall mit einer extra Portion Stimmung und einer guten Prise Oldschool steht, sollte Doodswens auf jeden Fall eine Chance geben. Alles in allem sind die Niederländer die mehr als optimale Vorbereitung auf die übermächtigen Gorgoroth, die noch auf uns warten.

DSC_9193Und die uns warten lassen: Die Herren um Gitarrist Infernus und Sänger Hoest gönnen uns nämlich eine lange Raucherpause, bis sie die Bühne entern. Danach fackeln Gorgoroth aber nicht lange: Die Herren sind in Höchstform, und kaum ist Chopins „Marche funèbre“ verklungen, reißt uns „Bergtrollets hevn“ aus der Melancholie. Spätestens bei „Aneuthanasia“ haben wir dann auch kollektiv vergessen, dass wir schon drei Vorbands in den Nackenmuskeln haben, und beim direkt anschließenden „Prayer“ ist jede Müdigkeit dahin. Spielfreudig versetzen Gorgoroth die ohnehin schon aufgeheizte Menge mit Gassenhauern wie „Katharinas bortgang“ und „Forces of Satan storms“ endgültig in Raserei. Verschnaufpause? Fehlanzeige. Der obligatorische Circlepit lässt nicht lange auf sich warten – für mich der erste seit der Pandemie und daher ein besonderes Vergnügen, ebenso wie „Ødeleggelse og undergang“, einer meiner persönlichen Lieblingssongs, der an diesem Abend zum Besten gegeben wird. Kaum sind die letzten Klänge von „Blood stains the circle” verklungen, jagen uns Gorgoroth „Cleansing fire“ und den „Destroyer“ um die Ohren, ehe sie uns mit dem heiß erwarteten „Incipit Satan“ den Höhepunkt des Konzerts bescheren. Die Herren sind exzellenter Laune und arbeiten sich einmal durch die Discografie, springen zwischen alten und nicht ganz so alten Sachen hin und her, jeder Song wird kollektiv gefeiert. (Böse Zungen könnten jetzt behaupten, das Publikum hätte ja auch jede Menge Zeit gehabt, sich mit dem Material vertraut zu machen, schließlich ist das letzte Album Instinctus Bestialis bereits acht Jahre alt …) Nach „Krig“ und „Kala Brahman“ werden wir mit „Unchain my heart!!!“ ohne Zugabe in die Nacht entlassen. Brüllender, kreischender, wütender, eiskalter Black Metal ohne Schnickschnack, wie man ihn gerne genießt – und auf jeden Fall eine würdige Geburtstagsparty! 

Text: Nekrist

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Setlist Gorgoroth:
(Intro: Marche funèbre)
Bergtrollets hevn
Aneuthanasia
Prayer
Katharinas bortgang
Revelation of doom
Forces of Satan storms
Ødeleggelse og undergang
Blood stains the circle
Cleansing fire
Destroyer
Incipit Satan
Krig
Kala Brahman
Unchain my heart

Bilder: torshammare

(1860)