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Belgisches Märchen

Es war einmal im belgischen Lessinnes, der Geburtsstadt des berühmten Malers und Surrealismus-Vertreters René Magritte, genauer gesagt 1986. Drei Teenager-Freunde gründen aus Langeweile eine Band, The Ultimate Dreamers. Sie begeistern sich für belgischen Cold Wave und englischen Post Punk und starten in der Konstellation mit Frédéric als Sänger, Laurent am Bass und Joël, der die Synthesizer bedient. Zwei Jahre später stoßen Bassist Bertrand und Stéphane an den Synthesizern hinzu, während Laurent ans Schlagzeug wechselt und Frédéric die Gitarre für sich entdeckt hat. 1990 nehmen sie schließlich in kompletter Eigenregie ein Tape auf, doch weiter geht es nicht. Die Band und vor allem diese C-60 Kassette geraten in Vergessenheit.
Doch dann kommt Corona, und wie bei so vielen anderen auch wird im Lockdown mal ordentlich aufgeräumt und das verschollene Tondokument wiederentdeckt. Restauriert und neu gemastert präsentieren The Ultimate Dreamers nun mit 31 Jahren Verspätung ihr Debütalbum Live happily while waiting for death. Die Geschichte dahinter mutet schon irgendwie märchenhaft an. Weiterlesen

Kalte Nacht ist das Dark Synth-Projekt von Nikos Konstantinidis (Synthesizer, Bass) und Myrto Stylou (Gesang). 2018 gegründet, präsentiert das griechische Duo aus Athen 2020 ein beeindruckendes Debüt-Album bei Geheimnis Records, das sofort fesselt. Mit ihrem 80er Sound, der durch Myrtos nebulösen Gesang begleitet wird, erforschen Kalte Nacht die dunklen Gefilde der urbanen Großstadt und erschaffen unterkühlte Klanglandschaften.
Gerade haben Myrto und Nikos ihre neue Single „Our moments are answers“ veröffentlicht, umso mehr ein Grund, einen Blick auf das spannende Duo zu werfen.

Foto: Marilia Fotopoulou

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Nothing stops

Die beste Musik entsteht ja oft dann, wenn jemand diverse Genres richtig gut kennt, gespielt und aufgelegt hat – und dann was anderes macht. Björn Peng hatte seine Wurzeln schon lange im Punk und Hardcore geschlagen, bevor er sich ab 2006 Minimal-Elektropunk und Techno widmete, Wave-, Goth-, EBM- und (jawohl) Eurodance-Einflüssen ihren Lauf ließ und schließlich mit dem Titel des ersten Longplayers Dark Rave (2014) freundlicherweise gleich dazusagte, wie man den so entstandenen, sehr eigenen, extrem düsteren und ebenso treibenden Stil nun nennen darf. Am ersten Mai dieses Jahres erschien der Nachfolger Volk off! Der stetige musikalische Output in diversen Projekten und Kolaborationen und die große Live-Präsenz mögen was anderes nahelegen, aber es ist tatsächlich erst der zweite Björn-Peng-Longplayer, wenn man das 2017 erschienene Nihilist Tunes mit seinen sechs Tracks als EP zählt. Und war der Titel der ersten LP eine Art Genre-Ansage, ist der der zweiten eine inhaltliche, falls irgendwer da irgendwelche Zweifel gehabt haben sollte.

Was draufsteht, ist auch drin, wird aber nicht gepredigt. Bei Björn Peng stehen die allermeisten der Text-Samples für sich, Quellenangaben und damit Verweise auf eine externe Deutungsinstanz gibt es nicht. Tendenzen sind natürlich erkennbar, nötige Durchsagen kommen in nötiger Deutlichkeit, ansonsten bleibt die Auslegung aber den Hörer*innen überlassen. Na dann mal los. Weiterlesen

Reise nach Rom

Die Band mit dem ungewöhnlichen Namen 3+Dead wurde erst 2017 von Gitarrist Roberto Ruggeri, der zusätzlich den Synthesizer bedient, und der Sängerin Elisa Pambianchi in Rom gegründet. Giuseppe Marino am Bass macht das Line-Up komplett. Die Band konnte bereits einige Live-Erfahrung sammeln und hat unter anderem schon mit undertheskin, Miro Sassolini (Ex-Diaframma) und Winter Severity Index gespielt. Mittlerweile haben sie ihr selbstbetiteltes Debüt 3+Dead in einer Co-Produktion zwischen Icy Cold Records und Swiss Dark Nights herausgebracht. Weiterlesen

Tanzt durch die Nacht!

rue-oberkampWaveclash – die großartige Debüt-EP von Rue Oberkampf gehört mit zu den spannendsten Neuveröffentlichungen des Jahres 2018. Seitdem ist das Passauer/Münchner Trio stets präsent. Wenn nicht gerade an neuen Songs und Videos gearbeitet wird, sind Julia, Damien und Michael auf Festivals und den Tanzflächen dunkler Szene-Clubs unterwegs und begeistern ihre stetig wachsende Fangemeinde mit ihrem ganz eigenen und unverkennbaren elektronischen Rue Oberkampf-Sound. Für den ersten Longplayer Christophe Philippe haben sich Rue Oberkampf eineinhalb Jahre Zeit genommen – Zeit für ein extrem vielseitiges Album mit ausgefeilten musikalischen Ideen und fantastischen Arrangements – Zeit für Weiterentwicklung, Liebe zum Detail und klangliche Facetten – Zeit, um den ColdEBMigenTechnoPunkWave perfekt in die Spur und auf die Tanzflächen zu bringen! Weiterlesen

Ein asoziales Experiment

the-toten-crackhuren-im-kofferraum-bitchlifecrisis-700x700Mit dem langersehnten dritten Album Bitchlifecrisis waren The toten Crackhuren im Kofferraum erst kürzlich zu Gast im Münchener Backstage (Link zum Bericht), und nun möchte ich es näher vorstellen. Nach dem Debütalbum jung, talentlos und gecastet (2010) und dem Nachfolger Mama ich blute (2013) war es etwas still um die Crackhuren. Die Zeit wurde für andere Projekte genutzt, so z. B. für Lulu und die Einhornfarm, dem Punk-Nebenprojekt von Sängerin Luise „Lulu“ Fuckface. Des Weiteren singen Doreen K. Bieberface, Ilay Newman und Kristeenager, und die Jungs an den Instrumenten sind Thomas Echelmeyer am Bass, Schlagzeuger Daniel Reuschenbach und Gitarrist Mötley Chrü Funface. Weiterlesen

Nach einigen bereits 2017 veröffentlichten Songs hat das Passauer Trio Rue Oberkampf mit Waveclash im letzten Jahr ein großartiges Debüt-Album herausgebracht – ein genialer Sound aus pulsierenden Coldwave-/Minimal-Elektro-Klängen und eindringlichen französischsprachigen Vocals. Sie selber beschreiben ihre Musik als „ColdEBMigerTechnoPunkWave“. Am 6. Juni spielen Rue Oberkampf auf dem WGT EBM Warm-Up in Leipzig. Hier habt ihr schon jetzt die Gelegenheit mehr über das Trio zu erfahren.

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(Foto: task77_fotografie)
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Mehr als nur Tetris

coverKürzlich waren der Berliner Minimal-Punker Ben Bloodygrave und die Leipziger Wave-Punk-Band Dividing Lines zu Gast im Münchner Kafé Kult, diesen feinen Konzertabend hat der Münchener GrGr eröffnet. Sein wichtigstes Instrument ist der Gameboy, von dem gleich zwei zwischen allerlei Elektro-Equipment bereitstehen. Der Auftritt machte mächtig Spaß, also kaufte ich Gregor Sandler, wie GrGr im bürgerlichen Alltag heißt, nach der Show mangels Alternativen eine Kassette ab. Die erste Auflage war wohl schon vergriffen, aber am Vortag kam zum Glück die neue Ladung. Also GrGr für ein Exemplar einfach anschreiben. Das Gameboy Tape ist giftgrün, und die Black Flag Hommage mit Gameboys ist einfach klasse. Ich habe nun endlich einen Grund, den alten Walkman aus der Schublade hervorzukramen. Weiterlesen

Ich brauche deine Kicks

Vergifte_dich_coverLange nicht mehr habe ich ein neues Album so herbeigesehnt, schon gar nicht von einem Zufallsfund bei YouTube, wie mir das vor zwei Jahren bei den 2012 gegründeten Isolation Berlin passiert ist. Einiges hat sich in der Zwischenzeit getan, es gab Features in großen Magazinen und durchweg positive Kritiken, und in der Folge einen regelrechten kleinen Hype in der Indie-Szene. Aber davon haben sich Tobias Bamborschke (Gesang und Gitarre), Max Bauer (Gitarre und Orgel), David Specht (Bass) und Simeon Cöster (Schlagzeug) zum Glück nicht irritieren lassen. Und nun ist Vergifte Dich direkt auf Platz 30 in die Charts eingezogen, was mich dann doch überrascht hat. Höchste Zeit also für die Hörprobe. Weiterlesen

Dark Disco

EgoprismeEgoprisme ist das Solo-Projekt von Jean-Marc Le Droff aus dem französischen Brest, der mit Among Noise sein Debütalbum vorlegt. Einige kennen ihn vielleicht als Mitglied von Mon Automatique, wo er hauptsächlich für den Sound verantwortlich ist. Mit Egoprisme liegt der komplette künstlerische Prozess allein in seiner Hand, inklusive Lyrics und Gesang. Die Wechselbeziehung zwischen Bühne und Heimstudio treibt ihn an, hat er in einem Interview offenbart. Schauen wir also, wie sich Le Droff auf Among Noise präsentiert. Weiterlesen