Zwischen 18 und 120 Sekunden

coverWenn einem Hardcore als zu lasch erscheint und Grindcore zu Metal-lastig ist, um den Alltagsfrust irgendwie abzubauen, dann könnte diese Musikrichtung die Lösung sein, die ich kürzlich entdeckt habe: Fastcore. Dabei ist dieser Stil bereits weltweit in den frühen 1980ern entstanden. Wichtige Vertreter des Genres sind Cryptic Slaughter (USA), Lärm (Belgien), S.O.B. (Japan), Electro Hippies (England), Raw Power (Italien), nur um einige zu nennen. Ich will aber hier keine ollen Kamellen aufwärmen, sondern mit ill! aus Münster eine aktuelle Band vorstellen.

Ein kurzes scheppern des Beckens, und schon rast ill! mit „Ein Casting, Sie zu knechten“ voran, der Gesang wird dabei durchgehend geschrien, wie auf dem gesamten Album. „Alte Bekannte“ könnte von der Eröffnungssequenz her schon fast Black Metal sein, doch dann schalten ill! einen Gang zurück, und die progressive Gitarre kommt zum Tragen. Trotz aller akustischer Gewalt entwickelt „Mein Name ist Messer“ einen coolen Groove, dafür geht bei „Post von“ selbige wieder kompromisslos ab. Bei „Blinder Fleck“ ist der Bass etwas dominanter, wird aber durch Schlagzeugsalven unterstützt und von der Gitarre abgerundet. „Einsicht“ ist der kürzeste Song mit Blast Beats vom Schlagzeug, die die Gitarre überlagern. Kaum zu glauben, dass das nur achtzehn Sekunden sind, aber dann eröffnen wuchtige Riffs schon den nächsten Song „Ja, sofort!“, das von mehreren Tempowechseln dominiert wird. Mit ähnlich fetten Riffs startet „Nehmen und nehmen“, bevor es nach einem Urschrei ausgefeilter zugeht. Das setzt sich auf „Karriereleiter“ fort, das vor allem in der zweiten Hälfte einen ganz eigenen Groove bekommt. „Bestes Pferd“ wird Doom-mäßig tief gesattelt und durch die Stimme vorangepeitscht. Bei „Schwacher Sehnerv“ jault die Gitarre in bislang unbekannten Höhen und bringt so noch einmal einen neuen Aspekt in die Musik rein, bevor zum Abschluss „Schlangenbisse“ noch einmal vertrackte Rhythmuswechsel und schöne Riffs bietet.

Fazit: In nur zehneinhalb Minuten bolzen ill! die zwölf Songs auf Wenn endlich alles wertlos ist runter. Bei Längen der einzelnen Songs zwischen 18 und 120 Sekunden besteht keine Chance, dass Langeweile aufkommt. Das Problem dabei ist nur, dass einem keine Zeit bleibt um etwas kaputt zu machen, was dem Frustabbau förderlich wäre. Aber dafür lege ich einfach das Debütalbum Lippenbekenntnisse auf, das mir noch besser gefällt, weil der Sound dort irgendwie klarer abgemischt ist und satter klingt.

Anspieltips: Mein Name ist Messer, Karriereleiter, Schwacher Sehnerv

:mosch: :mosch: :mosch: :mosch: :mosch2:

ill!: Wenn endlich alles wertlos ist
Spastic Fantastic Records, 07.08.2017
7″ Single-Album 5,00 €, erhältlich über Spastic Fantastic Records
MP3 Download ab 0,00 € – pay what you want – erhältlich über Bandcamp. Bitte die Band angemessen unterstützen.
Homepage: facebook.com/illFastcore/
ill-hc.bandcamp.com/

Tracklist:
01 Ein Casting, Sie zu knechten
02 Alte Bekannte
03 Mein Name ist Messer
04 Post von
05 Blinder Fleck
06 Einsicht
07 Ja, sofort!
08 Nehmen und nehmen
09 Karriereleiter
10 Bestes Pferd
11 Schwacher Sehnerv
12 Schlangenbisse

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