Hoods up! Hoods up!

1_MDBMoscow Death Brigade, die Underground-Sensation aus Moskau, erfreuen sich immer größerer Beliebtheit, nicht nur in Europa, sondern auch in der Punk-Gemeinde im fernen Thailand, wie ich im letzten Urlaub wieder feststellen konnte. Die Crew um Ski Mask G und Boltcutter Vlad findet also weltweit Beachtung, das sieht man auch in den Kommentaren der Videos auf Youtube.
Die Europa-Tour im April musste Corona-bedingt leider ausfallen, doch als Ersatztermin der neuen Tour ist nun der 27.09.2020 für das Münchner Backstage angesetzt. Mit dem aktuellen Maskenzwang dürften sie noch am wenigsten Probleme haben, da sie es gewöhnt sind, ihre Auftritte mit Sturmhauben zu bestreiten, um auf auf diese Weise ihre Identität vor den russischen Neonazis zu schützen. Hoffen wir also das Beste und widmen uns bis dahin dem neuen und dritten Album Bad accent anthems. Ich bin gespannt, welche Entwicklung Moscow Death Brigade eingeschlagen haben.

Mit einem Trommelwirbel startet „Out the basement“, und dann sind nicht nur Moscow Death Brigade zurück, sondern auch die Gitarren, die mir auf dem Vorgängeralbum Boltcutter schon abgängig gewesen sind. Mit den im Text zitierten „crocodiles“, den Bandmaskottchen, schaffen die Jungs aber mühelos die Brücke. Das ist die Initialzündung für einen gewaltigen Energiekick, den es in der aktuellen Krise dringend braucht. Das Tempo des abwechselnden Sprechgesangs auf „Feed the crocodile“ kann schon für Schwindel sorgen, aber der gnadenlose Rhythmus hält alles auf Spur. Auch im Titeltrack „Bad accent“ tickt die Rhythmus-Maschine unerbittlich, und so steht das vordergründige High-Energy-Tempo im Gegensatz zu den begleitenden entspannten Keyboardklängen im Hintergrund. „Break the mold“ ist ein gewaltiger Smasher, bei dem die Thrash-Metal-Gitarren die Haare bzw. das Basecap nach hinten föhnen und der Refrain dazu einlädt, die Fäuste in die Höhe zu strecken. Bei dem Titel „Sound of sirens“ schießen mir sofort Simon and Garfunkel in den Kopf, doch hat der Track nichts mit deren „Sound of silence“ zu tun. Schade eigentlich, das hätte interessant werden können. Aber auch so ist der Song für eine Gänsehaut geeignet, wenn man sich auf einer Show beim Refrain in den Armen liegt. Keyboard-Spuren unterstützen das Feeling zusätzlich.
Auf „Megaphone“ ist der Elektronik-Anteil deutlich erhöht. Wie das hohe Tempo zugunsten eines mehrstimmigen „oh oh oh“ raus genommen wird ist toll inszeniert. Aber eigentlich liegt der Fokus voll auf dem Sprechgesang. Die Gitarrenspur liefert bei „Whack-a-mole“ einen dichten Teppich, auf dem hochenergetisch gerappt wird. Zwischendurch bedient sich der Elektronik-Anteil originellerweise beim Eurodance der Neunziger Jahre. „Shy kids 2020“ wird über einen New Wave ähnlichen Sound hinweg gerappt und der MDB-Lifestyle propagiert. Ein regelrechtes Thrash-Metal-Gewitter leitet „Throw ya cans 2020“ ein, bevor es im charakteristischen zwei-Stimmen-Gesang heißt: „Hoods up! Hoods up!“ Eindrucksvoll, wie hier die Symbiose aus Metal und Hip Hop funktioniert. „Dirty white sneakers“ hingegen betont mehr den Sprechgesang, während die Keyboard-Musik im Hintergrund nur der Untermalung des Tracks dient. Zum Abschluss weckt „Never walk alone“ noch einmal Erwartungen an die bekannte Fußballhymne, die auch den traditionellen Abschluss der Live-Shows von The Adicts bildet, aber wieder daneben. Party ist hier zwar auch geboten, aber in Form von Eurodance-Hip-Hop. Der Sound hätte auch von HC Baxxter stammen können, und ähnlich Spaß macht es denn auch. Schade, dass die Scheibe schon endet, aber dann eben noch einmal von vorn.

Fazit: Moscow Death Brigade stehen seit je her auf der Seite der Unterdrückten und singen gegen das herrschende System an, so auch auf Bad accent anthems. Die Scheibe ist all denen gewidmet, die vor Krieg und Hunger fliehen mussten und nun mit „schlechtem Akzent“ versuchen, in der Fremde ein neues Leben aufzubauen. Musikalisch verbinden sich die ersten beiden Alben und nehmen neue Einflüsse mit auf. Moscow Death Brigade machen dabei ihrem selbst geschaffenen Genre Antifascist Circlepit Hip Hop alle Ehre. „More than a band, it’s a techno rap metal command.“ Diese Textzeile trifft es sehr gut, denn sie verarbeiten in ihrem Crossover eine große Bandbreite an Einflüssen und scheuen keine Experimente, sodass Hardcore-Anhänger zusammen mit Hip-Hop-Fans, Punks und Metalheads abfeiern können, demnächst auch im Münchner Backstage. Always antifascist, always straight outta Moscow. Hoods up!

Anspieltipps: Out the basement, Break the mold, Never walk alone

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Moscow Death Brigade: Bad accent anthems
Fire & Flames Music, Vö. 10.04.2020
CD 12,00 €, LP 14,00 € erhältlich über Fire & Flames Music

Homepage: https://www.facebook.com/moscowdeathbrigade/
https://www.fireandflames.com/label/

Tracklist:
01 Out the basement
02 Feed the crocodile
03 Bad accent
04 Break the mold
05 Sound of sirens
06 Megaphone
07 Whack-a-mole
08 Shy kids 2020
09 Throw ya cans 2020
10 Dirty white sneakers
11 Never walk alone

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