Dunkle Gewässer, dunkler Sound
Die 2003 gegründeten Frailty stammen aus Riga in Lettland und gehören spätestens seit dem ersten Gewinn des Independent Latvian Metal Music Award 2009, dem weitere folgen, zur Speerspitze der dortigen Metalszene. Trotz vierer veröffentlichter Alben und einer EP haben sie im übrigen Europa noch keinen hohen Bekanntheitsgrad. Vielleicht könnte dies das jüngste Album Tumši Ūdeņi (zu deutsch: die dunklen Gewässer) ändern, denn es ist vor allem die erstmals eingesetzte lettische Muttersprache, die mich aus dem Promo-Angebot neugierig gemacht hatte. Die Band besteht aktuell aus Sänger Mārtiņš Lazdāns, den Gitarristen Edmunds Vizla und Jēkabs Vilkārsis, Bassist Andris Zacš und Lauris Polinskis, der die Felle bearbeitet.
Im Opening von „Tumši Ūdeņi Drūmi Čukst Krēslā“ spielt eine einzelne ruhige Gitarre, doch dann setzen Salven auf voller Breite ein und ebnen den Weg für die sehr raue und krächzige Stimme von Mārtiņš. Der Gesang geht also deutlich Richtung Death Metal, die Musik hingegen verfällt nicht in Raserei, sondern geht wohldosiert vor und erweitert das Spektrum um Doom und Post Metal. „Es Degu“ verharrt schön im Midtempo, und man kann sich vom Death Doom treiben lassen. Die Nackenmuskeln dürften mittlerweile auch warm sein. Ein schönes Wechselspiel zwischen schwerem Doom und leichtem Post Metal entwickelt sich in „Tā Aiziet Gaisma“, bei dem der Death-Gesang für das I-Tüpfelchen sorgt.
Stimmlich noch tiefer langt „Azraēla Svece“ hin, und speziell hier finde ich es schade, dass ich nichts von den lettischen Lyrics verstehe. Grundsätzlich werden wohl dunkle Emotionen und Ängste, lettische Mythologie oder auch Lovecraft in den Texten behandelt. „Pa Baltu Sniegu Nāve Nāk“ beginnt episch und erhaben, doch nachdem der Gesang einsetzt entwickelt sich eine getriebene Stimmung, die in einem dämonenhaften klingenden Stimme direkt aus der Hölle mündet. Das ist toll inszeniert. Als Kontrast dazu startet „Veļu Māte“ ganz gefühlvoll. Langgezogene Riffs werden vom Schlagzeug begleitet, das hier deutliche Akzente setzt. Und auch, wenn das widersprüchlich klingen mag, so hat der Gesang irgendwie eine zärtliche Note, obwohl sich der Stil nicht grundlegend ändert hat. Zum Abschluss wird mit der Doom-Walze „Tūkstoš Balsis“ noch mal alles plattgewalzt, fette und schwere Riffs prägen den Song.
Fazit: Frailty präsentieren mit Tumši Ūdeņi ein ausgereiftes Album, in dem Death Metal, Doom und Post Metal miteinander verschmolzen werden. My Dying Bride, Candlemass und Evoken dürften eine erste Orientierung ermöglichen. Die lettische Sprache fügt sich dabei wie selbstverständlich ein und erzeugt eine ganz eigene Atmosphäre. Dennoch muss ich im Vergleich feststellen, dass im Bereich Death Doom die zu Jahresbeginn rezensierten Lacrima Mortis (Link) einen stärkeren Eindruck bei mir hinterlassen haben, weil deren Sound deutlich düsterer angelegt ist als die dunklen Gewässer hier. Dabei schlägt aber zugegebenermaßen mein persönlicher Gothic-Background durch und soll die Leistung von Frailty nicht schmälern.
Anspieltipps: Tā Aiziet Gaisma, Pa Baltu Sniegu Nāve Nāk
Frailty: Tumši Ūdeņi
Self-released, Vö.02.10.2020
MP3 8,00 € erhältlich über Bandcamp
Homepage: https://www.facebook.com/Frailty.metal
https://frailtymetal.bandcamp.com/
Tracklist:
01 Tumši Ūdeņi Drūmi Čukst Krēslā
02 Es Degu
03 Tā Aiziet Gaisma
04 Azraēla Svece
05 Pa Baltu Sniegu Nāve Nāk
06 Veļu Māte
07 Tūkstoš Balsis
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