Friedhofsspaziergang

Carma_OssadasDie portugiesische Band Carma wurde 2012 gegründet und besteht aus Sänger und Bassist Nekruss, Gitarrist Æminus und Drummer Igniferum, die manchen vielleicht auch aus Bands wie Everto Signum und Lacrau bekannt sind. Mit ihrem zweiten Album Ossadas haben sie sich konzeptuell von dem Conchada Friedhof in Coimbra inspirieren lassen. Das macht mich natürlich richtig neugierig.

Mit plätscherndem Regen startet „Leirão 1“, zu dem sich schließlich die ziemlich deprimierenden Klänge einer Tuba (vielleicht auch Trompete, jedenfalls ein Blechblasinstrument) hinzugesellen. Das klingt für mich wie ein Trauerstück. Plötzlich erschreckt mich eine wuchtige Doom-Gitarrensalve, die das nächste Stück „Jazigo“ einläutet. Eine raue, krächzige Stimme und erhabener Chorgesang unterstreichen die Friedhofsatmosphäre. Trotz der Wechsel zwischen laut und leise ist dies Funeral Doom fernab jeglicher Fröhlichkeit. Gesungen wird hier übrigens auf Portugiesisch. „Memória“ zeichnet sich durch schweres Doom-Riffing aus, wobei sich auch zart gezupfte Gitarrenklänge dazumischen. Die Stimme growlt mit leichten Black-Metal-Anleihen passend dazu, und ein dramatisch klagender Zwischenpart sorgt dabei für besondere Spannung.

Der Regen und die Tuba kehren mit „Leirão 4“ zurück und vermitteln absolute graue Trostlosigkeit. Auch hier folgt bei „Paz“ eine Gitarren-Salve, die den langsam schleppenden Song einleitet, der auf epischen elf Minuten plattgewalzt wird. Mehrere Tempiwechsel strukturieren dabei das Stück. „Destino“ entwickelt dank dem Chorgesang eine sakrale Atmosphäre, der die Finsternis des Krächzgesangs gegenübersteht. Mit „Leirão 7“ folgt wiederum ein regnerisches Zwischenspiel, bevor „Monumento“ groß auftrumpft. Es basiert auf der Toccata „Suite gothique“, die 1895 von dem Franzosen Léon Boëllmann komponiert worden ist. Zarte instrumentale Gitarrenparts kontrastieren dabei mit den schweren Doom-Passagen. Zum Ende wird in „Saudade“ das Tempo erhöht, was als Antrieb genutzt werden kann, um wieder ins Leben zurückzufinden.

Fazit: Ossadas von Carma ist ein toller Soundtrack, der einen traurigen Friedhofsspaziergang bestens widerspiegelt. Der Einfluss, den die Atmosphäre des Conchada Friedhof in Coimbra auf die Musik hatte, ist deutlich spürbar. Davon kann mensch sich dank Google überzeugen, ohne diesen Ort selbst besucht haben zu müssen. Acht Jahre nach ihrer Erstveröffentlichung zeigen sich Carma deutlich gereift. Die Regen-Zwischenspiele gefallen mir gut, bieten sie doch die Möglichkeit innezuhalten und den düsteren Gedanken nachzuhängen. Funeral Doom mit Elementen aus Death und Black Metal sowie Dark Ambient, das sollte die Doom-Szene aufhorchen lassen.

Anspieltipps: Memória, Monumento

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Carma: Ossadas
Monumental Rex, Vö. 03.03.2023
MP3 gegen Spende, CD 12,00 € erhältlich über Bandcamp
Homepage: https://www.facebook.com/carma.doom
https://www.instagram.com/monumental_rex/

Tracklist:
01 Leirão 1
02 Jazigo
03 Memória
04 Leirão 4
05 Paz
06 Destino
07 Leirão 7
08 Monumento
09 Saudade

(1880)