Inferno!

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Überraschungen aus dem Nichts

Der eine oder andere war wohl mehr als nur ein bisschen überrascht, als am 17. März auf der Website des Metal Hammer die Newsmeldung zu lesen war, das Angela Gossow nach 13 Jahren Arch Enemy als Sängerin verlassen wird. Wieso und warum, wird man sich gefragt haben. Das neue Album ist doch schon angekündigt, was wird nun? Tatsächlich waren diese Neuigkeiten vielleicht für den unbedarften Fan überraschend, intern allerdings war die Sache schon lange in trockenen Tüchern. Tatsächlich hatte Angela ihre Stimme für das neue Album noch nicht einmal mehr eingesetzt, sondern schon vor den Aufnahmen alles mit der Band geregelt, um sich nach über einem Jahrzehnt anderen Dingen zuzuwenden. Und War Eternal bildet einen Schnitt, in dem sie das Szepter weitergibt.



Gemischte Gefühle?

Tja, wie wird dann wohl das neue Album werden? Am 6. Juni ist es erschienen und mit ihm präsentiert sich in voller (Stimm-)Größe die neue Frau am Mikro: Alissa White-Gluz, gewechselt von The Agonist. Und sie ist schlichtweg der Hammer! Mit der ersten Auskopplung, dem Titellied „War Eternal“, verfliegen die Zweifel bereits. Die Band bleibt dieselbe, Alissa wirft sich mit vollem Einsatz in den Ring und wir bekommen ein wahrlich höllisches Inferno entfacht.

Gleich am Erscheinungstag wanderte die Scheibe in den CD-Player und wurde einem intensiven Dauertest unterzogen. Der Anfang ist erst einmal recht ruhig. „Tempore nihil sanat“ (dt.: Zeit heilt nichts) ist ein Instrumentales Intro und lässt einen noch einmal eine knappe Minute zappeln, während die Spannung weiter aufgebaut wird. Schon zupft etwas im Hinterkopf und sagt „Oha, da wurde richtig Energie rein gesteckt.“. Ja, und dann bricht auch schon das Feuer aus, wenn uns im zweiten Track „Never Forgive, Never Forget“ gleich ein wunderschöner Blastbeat die Trommelfelle tief in den Schädel drückt, die Nackenmuskeln automatisch anfangen zu Zucken und die Haare danach schreien verdammt nochmal geschüttelt zu werden. Kurz gesagt, War Eternal brettert mit Wucht los und lässt keinen Deut nach. Und erfreulich über alles ist: Aliisa White-Gluz passt hinein wie die Faust aufs Auge. Ihre Stimme ist logischerweise hörbar unterschiedlich zu Angela Gossows, höher, heiserer und mit einer sehr offen liegenden Aggressivität, im Gegensatz zu der tieferen, growligeren Stimme, der man eine kalte Wut anzuhören vermag. Aber die eine wie die andere Stimme passt einfach. Das neue Album ist einmal Arch Enemy, wie man es kennt, andererseits aber auch wieder einen Schritt weiter, der den Sound mit der neuen Stimme perfekt fusioniert. Alissa ist anders als Angela, aber genauso genial.

Kein Nachlassen

Geniesst man das Album in seiner Gänze, fällt auf, dass fast alle Lieder nicht unter ein etwas gehobeneres Midtempo fallen. Ausnahmen sind hier lediglich die drei Instrumentalstücke: Intro „Tempore Nihil Sanat“, „Graveyard of Dreams“ in der Mitte und „Not Long For This World“ als Outro. Ansonsten ist die Scheibe schnell und lässt weder Härte, noch Abwechslung vermissen.

Nach dem Intro und dem Opener lassen uns das Titellied „War Eternal“ und „As The Pages Burn“ kaum Zeit zum Verschnaufen und brettern uns noch schön was. Fast wäre man versucht dann zu sagen, dass danach das Gas rausgenommen würde, doch das wird der Sache nicht gerecht. Michael Amott, der quasi die Musik komplett geschrieben hat, hat eine wahnsinnige Power in den Silberling verpackt, ohne langweilig zu werden. Das Gaspedal bleibt daher an der Bodenplatte, stattdessen wird der Melodic-Regler etwas nach vorne geschoben. Die dritte Videoauskopplung nach „War Eternal“ und „You Will Know My Name“ könnte man mit Fug und Recht als das melodischste der Lieder bezeichnen: „No more Regrets“ wartet mit einer wunderbaren Leadguitar und einem Refrain auf, der mit leichten Änderungen auch für eine Powermetalband taugen würde. Dennoch auch hier: Kein Weichkram, es wird nur dem Melodic in Melodic Death Metal mehr Rechnung getragen.

Über „You Will Know My Name“ und „Stolen Life“, mit dem Zwischenspiel von „Graveyard of Dreams“, wird es wieder ein wenig härter, ehe es zu „Time is Black“ wieder die melodische Kurve nach oben treibt. Tatsächlich sind die Strings, die man eben auf jenem Lied und dem zwei Tracks später folgenden „Avalanche“ hören kann, echte Instrumente, die die sonst üblichen programmierten Orchesterpassagen unterstützen. Eine Mischung, die runter geht wie Öl.
Schließlich, wenn sich die Tracklist dem Ende neigt, kommt mit „Down to Nothing“ noch einmal ein schön harter Gruß, ehe uns das Intrumental „Not long for this World“ entlässt. Danach bleibt nur noch festzustellen, dass es eine verdammt gute Entscheidung war, dass Arch Enemy bei einer Frontfrau geblieben sind.

Wer ist diese Alissa White-Gluz?

Zeit, zumindest einmal einen kurzen Blick auf das neue Gesicht in den Reihen von Arch Enemy zu werfen. Die 28-jährige Alissa ist gebürtige Kanadierin und war vorher seit 2004 bei The Agonist aktiv. Neben dem offensichtlichen Shouting kann sie durchaus auch mit Klargesang aufwarten, welchen Angela Gossow zum Beispiel nie verwendete. Interessanterweise teilt Alissa mit ihrer Vorgängerin die Bekennung zum Veganismus. Und um endgültig zu beweisen, dass auch ein guter Kern in Death-Metal-Sängerinnen steckt sei erwähnt, dass sie sich für Menschen- und Tierrechte sowie den Umweltschutz einsetzt.


Fazit: Ein absolut gelungenes Album. Fans von Arch Enemy und des Melodic Death Metal kommen voll auf ihre Kosten. Michael Amott hat einen Brecher-Sound kreiert, zu dem Alissa White-Gluz‘ Stimme wunderbar harmoniert. Langeweile kommt bestimmt keine auf und man darf hoffen, dass Arch Enemy genau so weiter machen.
Nebenbei gesagt steht Angela Gossow lediglich nicht mehr am Mikro, bleibt aber für die Band weiter als Business Manager aktiv. Somit hat Arch Enemy nichts verloren, sondern richtig gewonnen.

Anspieltipps: As The Pages Burn & Time Is Black

:mosch: :mosch: :mosch: :mosch::mosch:


Arch Enemy: War Eternal
Century Media, 6.6.2014
ab 12.99 €
Amazon

Tracks:
1. Tempore Nihil Sanat (Prelude in F Minor)
2. Never Forgive, never Forget
3. War Eternal
4. As The Pages Burn
5. No More Regrets
6. You Will Know My Name
7. Graveyard Of Dreams
8. Stolen Life
9. Time Is Black
10. On And On
11. Avalanche
12. Down to Nothing
13. Not Long for this World

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