Islands Speerspitze

CoverDas Jahr 2017 neigt sich langsam dem Ende entgegen und ich besinne mich musikalisch eher auf ruhigere, atmosphärische Klänge, das liegt wohl an der eher trist-grau-depressiven Phase des Winters, wenig Licht und Vitamin D, ein böser Mix. Von Auðn, einer aufstrebenden Black / Folk Metal Band aus Island (was aus Island stammt ist zu 99 % grandios) hatte ich vor kurzem erst einen Artikel gelesen, und es blieb so einiges hängen. Seit 2010 spielen die fünf Männer zusammen (einige von ihnen sind ehemalige Mitglieder der Band Dynfari, die eine Offenbarung ist) und veröffentlichten vor wenigen Tagen ihr zweites Album Farvegir fyrndar über Season of Mist aus Frankreich. Ich habe für mich und für Euch in das Album hineingehört:

Zu Beginn fällt gleich die perfekte Produktion auf, die Erinnerungen an seelige Mid 90´s Black Metal Meisterwerke weckt. Das 50-minütige Album wird rituell / nordisch folklorisch eingeleitet. „Veröld hulin“ geht sogleich in das von mir geliebte Midtempo über. Die Vocals erinnern sofort an Sölstafir. Diese Screams sind unverwechselbar Island. Leisere akustische Parts wechseln sich mit Post Black Metal ab, der Einstig ist super gewählt. „Lífvana jörð“ treibt mir fast Freudentränen in die Augen. Von der ersten Sekunde an wird Highspeed zelebriert und klingt so verdammt nach Norwegen und Bands wie Darkthrone. In der Mitte wurde ein kleiner, fein platzierter Ambient Part eingefügt, der wieder zum Uptempo-Drumming übergeht. In diesem Moment könnte ich die Repeat Taste wieder und wieder betätigen, mein absoluter Lieblingstitel auf diesem Album. „Haldreipi hugans“ und „Prisund“ schallen mit einer Wucht aus den Boxen, melodische Raserei in Reinform. Das Schöne sind die wiederkehrenden Melodien, die man bei jedem Hören aufs Neue anders empfindet und wahrnimmt. „Ljósaslæður“ ist für mich der Inbegriff purer Macht und Gewalt, die Misanthropie ist allgegenwärtig. Gleichzeitig wird der Schönheit der isländischen Landschaft Tribut gezollt. „Blóðrauð sól“ ist der mit Abstand atmosphärischste Stpck auf dem Album. Schleppend und mit einer Präzision dargeboten, dass einem nichts anderes übrig bleibt als die Augen zu schließen und zuzuhören. Für „Eilífar nætur“ sollte man sich Zeit nehmen. Es ist so episch in seiner Geschwindigkeit! Die Melodie der Gitarren (sie hören sich manchmal nach einem gutklingenden Sägewerk an) gehen direkt ins Hirn, und man bekommt sie nicht mehr dort heraus. In „Skuggar“ werden Anleihen von Sölstafir, Post Rock der Marke Sleepingmakewaves und Depressive Black Metal vermengt. Ein Sound, den man so nicht so oft gehört haben dürfte. Nahezu perfekt! Das abschließende „Í hálmstráið held“ mach Hunger auf mehr. Das ist vernichtender Mid-Tempo-Black-Metal mit gelegentlichen Ambient-Ausflügen.

Fazit: Zum Glück habe ich eine Ausnahme gemacht, nicht nur Doom Metal gehört zur tristen Jahreszeit. Wie oben bereits erwähnt ist für mich Island fast das neue Norwegen, was den Black Metal betrifft. Alles passt hier perfekt zusammen, angefangen vom herbstlichen Coverartwork bis hin zur Produktion und der genau richtigen Prise Folk. Schön, dass es Alben gibt, bei denen man weiß, dass man sie öfters hören wird. Eine faustdicke Überraschung für mich, da ich die Band nicht kannte. Jedem Freund gepflegter norwegischer Black-Metal-Schule und Nostalgikern, die sich nach dem Sound sehnen, kann ich das Album nur empfehlen. Allen anderen Fans dieser Spielart empfehle ich auch mal reinzuhören. Man darf gespannt sein wie sich diese Formation weiterentwickelt!

Wer die Band demnächst live erleben will, merkt sich den 12. Dezember 2017 vor: Auðn spielen im Backstage in München zusammen mit Gaahl’s Wyrd und The Old Ones. Pflichttermin!
Gaahl’s Wyrd + The Great Old Ones + Auðn, Backstage Halle, München

Auðn: Farvegir fyndar
Nuclear Blast, 10. November 2017
CD 15,99€

Band https://audnofficial.bandcamp.com/
Facebook https://www.facebook.com/audnofficial

Tracklist
Veröld hulin
Lífvana jörð
Haldreipi hugans
Prísund
Ljósaslæður
Blóðrauð sól
Eilífar nætur
Skuggar
Í hálmstráið held

 

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2 Kommentare
  1. Jens
    Jens sagte:

    Das erste Album ist auch sehr empfehlenswert ;)
    Und live vor allem der HAmmer, habe ich dieses Jahr auf dem Eistnaflug gesehen; hoffe ja dass sie eventuell auch mal nach DE kommen.

Trackbacks & Pingbacks

  1. […] hat die vor kurzem erschienene zweite CD Farvegir fyrndar (etwa „Flussbetten aus der Vorzeit“) ordentlich abgefeiert, ich konnte mit dem auf epische Breite ausgelegten und recht melodiösen Post-Black-Metal auf […]

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