Beschwörung à la Lovecraft

Haxandraok_CoverBitte, was für’n Ding? Ja, ein merkwürdiger Bandname und ein quasi unaussprechlicher Albumtitel weisen schon auf etwas Außergewöhnliches hin. HAXANDRAOK sind ein griechisch-polnisches Duo bestehend aus Saevus H. Aldra -Al-Melekh, der für Gesang, Beschwörungen und Gitarren zuständig ist und Marcello, der Schlagzeug und Percussion übernimmt. Für die Bassspuren hatten sie Unterstützung von Arkhus A. Die Lyrics zu “Lilith Unbound“ stammen von dem schwedischen Okkultisten und Autor Thomas Karlsson, den manche vielleicht noch als Texter der Band Therion kennen. Der Text von “Tower Sub Rosa“ wurde hingegen von Fredrik Eytzinger beigesteuert, der zwei schwedische Bücher über schwarze Magie ins Englische übersetzt hat. Das alles zusammen klingt schon reichlich obskur, und ich fürchte schon, mich mit dieser Rezension zu weit aus dem Fenster gelehnt zu haben.

Mit akustischen Klängen beginnt „The temptress of UD DA KAR RA“, bevor unvermittelt die Instrumente losbrechen. Chorgesänge, Growls und Black-Metal-mäßiges Gekrächze wechseln sich ab, zum Teil untermalt von Double Bass Drums. Die verspielte Gitarrenmelodie trägt deutlich orientalische Züge, und ich fühle mich mitten in einer unheilvollen Lovecraft’schen Beschwörung. Das ändert sich auch nicht mit „Ba’al zel Bul at the gates of NOX“, das die soeben aufgebaute atmosphärische Dichte mit denselben Stilmitteln aufrecht erhält und einen immer weiter in eine dunkle, unheilvolle und verborgene Welt zieht. Aus einer schweren Gitarren-Wand wird der „Tower Sub Rosa“ errichtet, und die anhaltenden Blast Beats könnten jeden einzelnen darin verarbeiteten Stein darstellen. Der Growl-Gesang besitzt reichlich Hall und scheint daher im inneren des Turms aufgenommen worden zu sein. Die fortlaufende musikalische Raserei lässt sich jedoch nicht eingrenzen, erst gegen Ende kommen ansatzweise leichte Breaks auf, die in eine ruhige Schlussphase einleiten. Erst bei „Lilith Unbound“ kommt traditionelleres Metal-Riffing zum Einsatz, und der Gesang ist zwar rau aber weit weniger brutal und weicht schließlich einer Art beschwörendem Sprechgesang. In der epischen Schlussphase ertönen wieder die Chöre und sorgen für eine mystische Atmosphäre. Sie setzen sich auch bei „La Sorciere Rouge“ fort, nur ergänzt durch tribalartige Percussions. Über vier Minuten hinweg wird dies trotz der meditativ anmutenden Ruhe, die alles zusammen ausstrahlt, nicht eine Sekunde langweilig.

Fazit: Wenn man sich aus dem Fenster lehnt, dann kann man fallen, aber so ein Blick über den Tellerrand kann auch belohnt werden. HAXANDRAOK sind anders als alles, was ich bis dato gehört habe, weswegen ich kaum vernünftige Vergleiche anbieten kann. Vielleicht vereinzelt eine Prise (frühe) Primordial, manchmal Batushka (Yekteniya) von den Chören und der Mystik her, und Heilung für die schamanischen Tribal Drums. Occult Black Metal – okkult definitiv, aber mit herkömmlichem Black Metal hat HAXANDRAOK trotz enthaltener stilistischer Elemente zum Glück nicht viel zu tun, denn sonst würden sie mir nicht so gut gefallen. KI SI KIL UD DA KAR RA ist ein Album, das beinahe wie ein Hörspiel daherkommt und daher entsprechend auch im Ganzen gehört werden sollte. Ich bin fasziniert – oder verhext worden.

Anspieltipp: The temptress of UD DA KAR RA
:mosch: :mosch: :mosch: :mosch: :mosch:

HAXANDRAOK: KI SI KIL UD DA KAR RA
Ván Records, Vö. 17.12.2019
CD 12,50 €, LP 18,00 € erhältlich über Ván Records
Homepage: https://www.facebook.com/haxandraok
http://www.van-records.de
https://www.facebook.com/vanrecs

Tracklist:
01 The temptress of UD DA KAR RA
02 Ba’al zel Bul at the gates of NOX
03 Tower Sub Rosa
04 Lilith Unbound
05 La Sorciere Rouge

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