Sauber.

Liv Kristine, die charismatische Frontfrau von Leaves‘ Eyes und ehemals Theatre of Tragedy ist seit Jahren eine echte Größe im Gothic Rock. Ihre kristallklare Stimme ist unverwechselbar, mit Leaves‘ Eyes feiert sie derzeit weltweit Erfolge. Doch ganz auf symphonischen Gothic Metal mag sie sich anscheinend nicht beschränken – in bereits vier Soloalben zeigte sie sich stets musikalisch sehr vielseitig, wenn auch oft etwas „poppig“. Nun ist es Zeit für Nummer fünf: Vervain. Und das rockt.


„My Wilderness“ steigt mit starken Gitarren und Synthie-Chor ein, und man spürt auf Anhieb: Das wird Gothic Rock vom Feinsten. Ein packender Refrain, simpel, aber immer wieder mit guter Struktur. Liv beherrscht ihr Handwerk und verkünstelt sich nicht unnötig in Schnörkeleien, so wird der erste Track zu einem super Einsteiger und fängt den Charakter des Albums perfekt ein.
Für „Love Decay“ holt sich die Sängerin Verstärkung ins Boot: Die dunkle Stimme von End of Green Frontmann Michelle Darkness bildet einen wunderschönen Gegenpol zu Livs engelsgleichem Sopran, der Song ist düster, kraftvoll, mitreißend.
Ein weiterer Stargast tritt in Track Nummer vier auf, niemand Geringeres als La Grande Dame des deutschen Metals Doro Pesch. Auch hier hätte das Duett nicht besser gelingen können: Doros rauchige Metal-Röhre prallt auf Livs Kristall-Organ wie Feuer auf Eis.
Track sechs ist die obligatorische Ballade des Albums „Lotus“, und die hat alles, was eine gute Rock-Ballade braucht: ein perlendes Klavier, gefühlvoller Gesang, sphärische Klänge im Hintergrund, ein herzzerreißend schöner Refrain und ein kraftvoller Bandeinsatz. Nichts Neues, natürlich, aber es funktioniert einfach.
Als nächstes folgt „Elucidation“: mitreißender, tanzbarer Rhythmus, eingängig, rockt. Mehr muss man gar nicht sagen.
„Creeper“ beginnt etwas zäh, bekommt aber plötzlich einen wunderschönen zweiten Teil, der dem Stück mehr Abwechslung gibt und mich dann doch überzeugen konnte.

Dass Liv Kristine ein ganz alter Hase des Gothic Rock ist, spürt man in jedem Takt dieses Albums. Sie weiß, worauf es ankommt, verkünstelt sich nicht und behält das Wesentliche im Blick: Gesamtstimmung, Instrumentierung, Texte – da stimmt einfach alles. Sie verkompliziert ihre Musik nicht unnötig sondern lässt das Gesamtpaket des eingängigen, düsteren Rock Albums einfach stehen und wirken. Vervain geht ins Ohr, ist aber weit weniger poppig als andere ihrer Soloalben, was mir persönlich sehr gefällt. Generell ist das gesamte Album recht langsam, ein, zwei rasantere Stücke hätten eine schöne Ergänzung und Abwechslung ergeben, denn stilistisch sind sich die Songs doch alle recht ähnlich. Dennoch ist Vervain ein absolut solides Gothic Rock Album, das Genre-Freunde sicher mitreißen kann. Die Digipack-Version kommt mit 3 Bonus Tracks und signiertem Poster heraus.

:mosch: :mosch: :mosch: :mosch: :mosch2:

Anspieltipps: Elucidation, Lotus, Love Decay

Liv Kristine – Vervain (2014)
Napalm Records, 13,99 €

http://shop.napalmrecords.com/livkristine
http://www.livkristine.de/

Tracklist:
1. My Wilderness
2. Love Decay (feat. Michelle Darkness)
3. Vervain
4. Stronghold of Angels (feat. Doro Pesch)
5. Hunters
6. Lotus
7. Elucidation
8. Two and a Heart
9. Creeper
10. Oblivious
11. Unbreakable (Bonus Track)
12. Love Decay (Bonus Track)
13. Stronghold of Angels (Bonus Track)

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