Welcome to the Psycho Hotel California

P1140915Die ursprünglich aus Kopenhagen stammende Psychobilly-Band Nekromantix um Mastermind Kim Nekroman muss man wohl niemandem groß vorstellen, haben sie sich doch nach Bandgründung 1989 im Laufe der Zeit eine beachtliche Fangemeinde auch außerhalb der klassischen Psychobilly-Szene erspielt. Nach einigen dem Umzug nach Kalifornien bedingten Line-Up-Wechseln ist die Band mit Gitarrist Francisco Mesa (seit 2008) und Neuling Rene „Delamuerte“ Garcia (seit 2018) an den Drums von den Genre-Kollegen The Brains hoffentlich wieder stabil.
Auch bei der ebenfalls kalifornischen Vorband Rezurex sind Posten neu besetzt worden. Die Mitstreiter von Sänger und Gitarrist Daniel DeLeon sind (laut Facebook) Gitarrist Matti Jade, Drummer Ben 9000 und Bassist Michael Maniacal. Auf der Europa-Tour jedoch sitzt Bret Ryan am Schlagzeug und Dusty Grave von Stellar Corpses übernimmt die zweite Gitarre.
P1140788Anfangs ist es im Strom ungewöhnlich leer, und es füllt sich nur langsam. Dafür aber sorgt DJ Alley Cat King für einen gut gelaunten Warm-Up, zu dem man bestens seine Freunde begrüßen kann. Schließlich betreten die Mannen um Daniel DeLeon mit seinem steil aufragenden blauen Irokesenschnitt und seiner charakteristischen halbseitigen Totenkopfschminke vor erst halbvollem Saal die Bühne. Ohne viel Federlesens steigen sie direkt mit der Hymne „Dead world“ ein, das die Fans vorne direkt mitsingen. Wer Rezurex noch nicht kennt, merkt schnell, dass hier kein reiner Psychobillly geboten wird, denn ein Schuss 80er Jahre New Wave sorgt für die bandtypische melodiöse Note, die von Daniels warmer Singstimme unterstützt wird. Nach „Walk on the edge“ begrüßt Daniel kurz das Publikum: „We are Rezurex from L.A.!“ Leider gibt es heute fast ausschließlich rotes Licht, was das Fotografieren immens schwierig macht, zumal die Jungs beständig in Bewegung sind. Weiter geht es mit „Armageddon“ und „Rockin‘ in your coffin“, zu denen die Menge langsam warm wird und in Bewegung kommt. Also wird noch ein bisschen angeheizt: „Are you ready for great Nekromantix?“ Zu „Devil woman from outer space“ wird das sogleich unter Beweis gestellt. Mittlerweile ist es doch zu warm auf der Bühne, sodass die Bandmitglieder eine kleine Unterbrechung nutzen, bei der Daniel die Gitarre weglegt, um sich kleidungstechnisch zu erleichtern. Nur Daniel trägt eisern weiter seine stylische Knochenlederjacke. Mit „Graveyard girl“ folgt eine schöne Ballade, auch hier klappt es gut mit dem Mitsingen. „Ok, thank you very much!“ P1150117Bei „Blue kiss“ trägt Daniel einen abgetrennten Damenkopf und verlässt mit diesem die Bühne für einen Ausflug ins Publikum. Titelgerecht gibt es zum Ende des Songs auch einen innigen und vom Publikum bejubelten Kuss. Nun kündigt Michael Maniacal an: „Ok, you guys! We have a brand new song from the coming brand new album!“, aber vorher gilt es noch die durstigen Kehlen zu ölen: „Cheers!“ prostet Daniel der Menge zu, und Dusty Grave, der mich vom Typ her übrigens an Dave Vanian von The Damned erinnert, schiebt nach: „This song is ‚Sacred heart‘ from the new album!“ Endlich neues Material, ist doch das letzte reguläre und dritte Album Dance of the dead bereits von 2011.
Nach „Prisoner of love“ trocknet sich Daniel mit einem Handtuch den Schweiß, ohne sein kunstvolles Skull-Makeup zu verschmieren. Qualitätsschminke zahlt sich eben aus. Dann reicht er es an Drummer Bret Ryan weiter, der es wirklich nötig hat, erst mal die Achseln abwischt und daraufhin auch ein eigenes Bühnenhandtuch bekommt, das er vorher scheinbar übersehen hat. Nach „Black Rose“ gibt es wieder lauten Beifall: „Thank you! Happy Halloween to everybody!“ Damit ist natürlich klar, dass „Every day is Halloween“ ordentlich im Wrecking Pit abgefeiert wird. Daniel muss nun kurz die Gitarre nachstimmen, daher nutzt Bassist Michael Maniacal die kleine Pause für Eigenwerbung und weist auf den aufgebauten Merchandise-Stand hin. Zum allseits bekannten „Dia de los muertos“ gibt der Wrecking Pit noch einmal alles, bevor Gitarrist Dusty Grave fragt: „Do you want one more song?“ – „Yeah!“, aber hallo! „We have one more song, thank you!“ Damit hat er geschickt eine Art Zugabe herausgeschummelt, nur funktioniert die zum Einsatz kommen sollende X-Ray-Gun beim Abschluss-Song „Psycho radio“ leider nicht (obwohl die auf der Bühne liegende Packung von frischen Batterien zeugt), also wirft Daniel die Strahlenkanone schnell wieder weg und performt den Song eben einfach ohne Spezialeffekte. Die Begeisterung der Fans ist trotzdem groß. „Thank you and good night!“ Rezurex spielen eine schöne Show und lassen es sich nicht nehmen, anschließend am Merchandise und an der Bar in die Menge einzutauchen für einen Plausch und Selfies. Mit der unterhaltsamen Show und der anschließenden Fannähe haben sie mit Sicherheit neue Anhänger hinzugewonnen, denn am Merchandise ist einiges los.

P1150525_SWIn der Umbaupause ist sich Kim Nekroman nicht zu schade, selbst die Bühnenhandtücher zu verteilen. Dabei ist auch Grischa von Demented Are Go anwesend, der einige Roadie-Aufgaben übernimmt. Ein wenig müssen wir uns allerdings noch gedulden, denn erst gegen 21:00 Uhr betreten Kim Nekroman mit seinem Coffin-Bass, Gitarrist Francisco Mesa und Drummer Rene „Delamuerte“ Garcia die Bühne. Dafür ist es nun doch richtig voll geworden. Den ersten Block bilden „Nice day for a resurrection“, „Night nurse“ und „Alice in Psycholand“, die in rasender Geschwindigkeit rausgepeitscht werden. Delamuerte schlägt im Stehen auf sein Drumkit ein, Francisco Mesa schrammelt wie ein Derwisch auf der Gitarre, und auch Kim Nekroman hält nicht eine Sekunde still. Noch dazu schreit er mehr, als dass er singt, sodass vom zusätzlich viel zu leise abgemischten Gesang kaum etwas zu verstehen ist. Schade, die Band erscheint mir hier übermotiviert zu agieren, und das Licht ist natürlich wieder vor allem rot. Nun begrüßt er das Publikum: „Good evening!“, allerdings fällt die Antwort wohl dem schlechten Sound geschuldet recht leise aus, also noch mal: „I can’t fuckin‘ hear you!“ Die Münchner werden lauter und dafür mit „Brain error“ belohnt, auf das der Klassiker „Demons are a girl‘s best friend“ folgt, das auch den Wrecking Pit in Rage bringt, Sound hin oder her. Auf „Driller killer“ folgt „Struck by a wrecking ball“, und „Fucking YES!“ brüllt irgendjemand nun doch begeistert aus dem Publikum. Auch das folgende „Necrostatic extasy“ versetzt den Wrecking Pit, in dem mittlerweile auch einige Frauen mitmischen, in schwitzende Extase. „All right! You got all wet!“, stellt Kim Nekroman zufrieden fest und schiebt mit einem passenden diabolischen Grinsen die nächste Song-Ankündigung hinterher: „‚Devil smile‘!“ Dazu reitet er effektvoll auf dem Coffin-Bass, während er weiterspielt, und die Stimmung steigt. Das spürt er auch: „You want one more? You’re sure of that?“ – „Hell yeah!“ – „Alright. This one’s called ‚Nekrofelia‘!“ Das ruhigere Lied wird von vielen mitgesungen und sorgt für Begeisterung, die sich in „Hey, hey“-Sprechchören entlädt. Also legen Nekromantix mit „Gargoyles over Copenhagen“ eine Schippe drauf, und im Wrecking Pit geht es wieder ab.

P1150286Hinterher brauchen alle eine Verschnaufpause, Kim Nekroman leert schweißüberströmt eine Flasche Fritz Cola. Francisco Mesa nutzt die Zeit, um die Gitarre zu stimmen und Delamuerte schaltet sich zweimal mit „Are you having fun?“ ein und heizt die Stimmung an. „Subcultural girl“ wird nun angestimmt, doch Kim bricht den Song noch einmal ab. Er imitiert Fellatio und Cunnilingus, dann geht es von vorn los. Während des Songs fällt er auf die Knie und singt beim Refrain leicht verändert: „Subcultural girl, you suck my world.“ Der Gesang ist jetzt insgesamt endlich besser verständlich, und es gibt den entsprechenden Beifall. „Thank you very much! Now it’s time for a break!“ – „Nooo!“ – „Why not? Ok, fuck this break!“ Er improvisiert am Coffin-Bass, und die vorderen Reihen wedeln dazu mit ausgestreckten Fingern wie im Fußballstadion beim Elfmeter. Schließlich geht es in „Sea of red“ über, bei dem er sein Instrument auch mit Zunge und Ellbogen bearbeitet. „We need a time-out! These two guys are tired!“ Doch Pause machen ist nicht, also geht es temporeich aufgeladen mit „Glow P1150248_SWin the dark“ weiter. Dabei macht allerdings das Mikrofon von Delamuerte wieder mehrmals schlapp, und Grischa springt herbei, um alles wieder zu richten. Anschließend bedankt er sich: „Give it up for Grischa!“, der für seinen Einsatz bejubelt wird. Am Ende von „Brought back to life“ fällt Kim sein Instrument polternd um, doch zum Glück hält der Coffin-Bass einiges aus. Sind das nun wirklich Verschleißerscheinungen? Jedenfalls werden die Pausen zwischen den Songs länger. Dann passiert es doch noch, der Bassständer bricht unten ab. Unter johlendem Gelächter kniet Kim nieder und schiebt ihn mit kopulierenden Hüftbewegungen wieder rein, sodass es schließlich weitergehen kann. Den Moment nutzt Kim Nekroman aus, wie es passender nicht sein könnte: „This one is horny … And it goes like this!“ Das folgende „Horny in a hearse“ wird abgefeiert und er stellt fest: „I think you guys are fucking tired now!“ – „Nooo!“, da sind sich alle einig, doch Kim meint dazu nur: „You look like your granddads!“ Das lassen die Münchner sich nicht bieten und stellen zu „Alive“ wreckenderweise klar, dass sie noch lange nicht tot sind, was auch belohnt wird: „It ain’t over yet!“ Doch der Jubel ist Kim Nekroman nicht laut genug: „I can’t hear you! I cant‘ fuckin‘ hear you!“ Derart aufgeputscht geht es weiter zu „Haunted cathouse“, das sich erst langsam steigert und dann explodiert. Im WrecP1150544king Pit geht es rund, und dem fällt ein Bierbecher zum Opfer. Ein Schauer prasselt Richtung Bühne und spritzt Kim Nekroman voll ins Gesicht, doch der spielt unbekümmert einfach weiter. Nach der wilden Sause gibt es nun doch eine kurze Pause, da die Band von der Bühne verschwindet. Sie lassen sich aber nicht lange bitten und kehren direkt für die Zugabe zurück. Eine verschobene Monitorbox wird ihm noch einmal unter Gelächter mehrmals millimetergenau ausgerichtet, dann stellt Kim Nekroman die alles entscheidende Frage: „Who killed the motherfucking cheerleader?“ Ein letztes Mal verfällt die Meute in Raserei, und damit verabschieden sich Nekromantix für den heutigen Abend. DJ Alley Cat King sorgt für gute Stimmung auf der Aftershow-Party, doch leider müssen wir bald los und Koffer packen, denn am Tag darauf geht es in den Urlaub. Daher leider auch der verspätete Bericht.

Fazit: Kim Nekroman und seine Mannen sind gut drauf und haben sichtlich Spaß an dem Gig, der sich aber leider wegen der schlechten Akustik im Strom nicht so richtig auf das Publikum überträgt. Natürlich kommt es trotzdem zu Wrecking-Einlagen, aber die enthusiastische Begeisterung wie bei Demented Are Go (Link zum Bericht) bleibt eben aus. Nekromantix bewerte ich heute mit vier, muss aber für den leider miesen Sound dabei einen Punkt zusätzlich abziehen. Rezurex reißen für mich persönlich mit voller Punktzahl den Abend raus, somit gibt es im Mittel für das Psycho Hotel California
:mosch: :mosch: :mosch: :mosch: :mosch2:

Setlist Rezurex:
Dead world
Walk on the edge
Armageddon
Rockin‘ in your coffin
Devil woman from outer space
Graveyard girl
Blue kiss
Sacred heart
Prisoner of love
Black Rose
Every day is Halloween
Dia de los muertos
Psycho radio


Setlist Nekromantix:

Nice day for a resurrection
Night nurse
Alice in Psycholand
Brain error
Demons are a girl’s best friend
Driller killer
Struck by a wrecking ball
Necrostatic extasy
Devil smile
Nekrofelia
Gargoyles over Copenhagen
Subcultural girl
Sea of red
Glow in the dark
Brought back to life
Horny in a hearse
Alive
Haunted cathouse
Who killed the cheerleader?

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1 Kommentar
  1. Mrs.Hyde
    Mrs.Hyde sagte:

    Auf der Europa-Tour von Rezurex sitzt Bret Ryan am Schlagzeug und Dusty Grave von Stellar Corpses übernimmt die zweite Gitarre.
    Diese Info wurde ergänzt und im Text korrigiert.

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