Morbider Metal-Abend

Sonntag der 1.12., erster Advent, ich wache auf und fühle mich wie gerädert. Kopfschmerzen, Nackenschmerzen und kaum noch Stimme, aber richtig leide ich erst, als ich versuche, mir die Haare zu kämmen. Aber warum gefällt mir das so sehr? Ganz einfach, weil es ein unwiderlegbarer Beweis für die Qualität des Vorabends ist!

Mit Debauchery und Eisregen sind derzeit zwei echte Größen der deutschen extremen Metalszene auf Europatournee, in deren Rahmen sie auch einen Abend lang im Münchner Backstage gastierten. Allein bei den Namen zeichnete sich bereits ab, dass es ein morbider Abend werden würde, denn wer Debauchery kennt, der weiß, dass Kunstblut bei deren Konzerten hoch im Kurs steht. Und was die textliche Qualität von Eisregen angeht, muss nicht viel gesagt werden. Nicht umsonst stehen drei Alben der Thüringer auf dem Index. Dementsprechend kam auch ich sehr stilecht bereits blutend im Backstage an, auch wenn das keiner Absicht, sondern einem dummen Missgeschick beim Öffnen meines Biers für unterwegs zuzuschreiben war … Außerdem war für das Konzert ein Special Guest angekündigt, der erst wenige Tage vor dem Konzerttermin als Schwarzer Engel bekannt gegeben wurde. Mit solch hochkarätiger Besetzung konnte ja nichts mehr schiefgehen, oder doch?

Als die erste der beiden Stuttgarter Bands, Schwarzer Engel, die Bühne betrat, war die Halle doch schon sehr gut gefüllt für diese frühe Uhrzeit. Die Dark Metaller um Sänger Dave Jason, der im Studio alles selbst einspielt, ließen sich auch nicht lange bitten und legten direkt los. Dave selbst kam dabei mit einer schmucken, schwarzen Lederrüstung bekleidet auf die Bühne, deren Helm er sich allerdings bereits nach dem ersten Song entledigte. Die Schwaben klangen an diesem Abend deutlich härter als auf ihren Aufnahmen, was allerdings zum diesem Anlass passend war, da viele der Fans wegen zwei noch härterer Bands gekommen waren. Dennoch sprang die Stimmung nicht bis nach hinten über, aber direkt vor der Bühne war doch schon einiges an Bewegung. Wie auch auf der Bühne. Das Publikum der ersten Reihen schien sich nur zu gerne von Jason anstecken zu lassen und Jason selbst schien vor allem von den Soli seiner Gitarristen angetan zu sein. Mit „Psychopath“ spielte Schwarzer Engel dann zum Schluss ihres Sets den härtesten Song, den sie dabei hatten, der auch, wen wundert’s, am besten ankam. Ein sehr gelungener Oppener für das, was noch folgen sollte!

Nach kurzer Pause betrat dann auch die zweite Stuttgarter Band des Abends die Bühne. Debauchery erschien, wie erwartet in Kunstblut getränkt, zu einem Gitarrenintro, das nach AC/DC klang, und Frontmann Thomas „Bloodgod“ Gurrath begrüßte das Publikum mit den Worten: „Wir sind Debauchery und wir spielen Rock ’n‘ Roll!“ Doch straften sie ihre eigenen Worte Lügen, als sie direkt danach mit dem Six Feet Under-Cover „Deathmetal Warmachine“ loslegten. Wobei erwähnt sein will, dass in einigen Stücken der Death Metal-Kombo durchaus auch ein gewisser Rock ’n‘ Roll Anteil enthalten ist. Dass Debaucherys Stilmix gut ankam, zeigte sich darin, dass ihre Musik das Publikum bis fast in die letzten Reihen der mittlerweile gut gefüllten Halle in den Bann zog. Ihre Musik lädt einfach zum Bangen ein! Während ihres Auftritts bekam man von den Musikern nicht nur was für die Ohren geboten, sondern auch eine sehr ansehnliche Stripperin, die wohl die meisten männlichen Headbanger aus dem Takt gebracht haben dürfte. Debauchery selbst sagen von sich, dass sie ihren Stil an Six Feet Under anlehnen, weswegen sie auch gegen Ende ihre Sets mit „Bringer of Blood“ ein weiteres Cover der Death Metal-Legenden spielten. Zum Schluss gab’s dann nochmal eine Nummer ihres neuen Albums Kings of Carnage und zwar „Demon Slayer“. Ein sehr hartes Stück, dass nochmal richtig abging. Nachdem die Band die Bühne verlassen hatte, hinterließ sie auf alle Fälle bleibenden Eindruck bei denen, die sie nicht kannten, und die, die sie bereits kannten, dürften vollkommen zufrieden mit dem Auftritt gewesen sein. Und möglicherweise dachte der ein oder andere noch lange darüber nach, ob Thomas‘ Aussage, er sei Vegetarier, wohl zutrifft oder eine Ente war.

Als das Licht in der Halle das nächste Mal gedimmt wurde, wurden Regengeräusche eingespielt, die die brechend volle Halle direkt zum Kreischen brachten. Danach erklangen Sirenen, woraufhin Eisregen die Bühne betraten und als Opener direkt ihren Song „Tod senkt sich herrab“ auspackten. Die Animationsversuche, die Sänger Michael „Blutkehle“ Roth dem Publikum zuteil werden ließ, wären allerdings gar nicht nötig gewesen, um die Fans anzutreiben, bis in die hintersten Ecken der Halle kochte die Stimmung. Nach dem ersten Song stellte Blutkehle die Band als „Der Tod aus Thüringen“ vor. Bei dieser Gelegenheit erwähnte er auch direkt noch, dass die Dark Metaller ihr neues Album Todestag im Gepäck hatten, was von den Fans gerne gehört wurde. Ob unter den Besucherinnen auch Prostituierte waren, weiß ich nicht, doch spätestens nach dem dritten Song „1000 tote Nutten“ dürfte das keine mehr zugegeben haben. Danach folgte ein harter Übergang zu „N8verzehr“, den Fans gefiel’s. Vor dem Song „Mitternacht“ bediente Blutkehle dann auch noch ein kleines Klischee triefend ironisch mit der Ansage: „Klischeehafte Metalansage Nummer eins: München, seid ihr gut drauf?“ Später an diesem Abend folgte die „Klischeehafte Metalansage Nummer zwei: München, seid ihr noch da und … wollt ihr noch eins?“. Außerdem wehrte sich Blutkehle gegen die Vorwürfe, Eisregen habe keinen pädagogischen Wert, und um das Gegenteil zu beweisen, wurde „Lang lebe die Nadel“ gespielt, ein Song gegen Drogen.

Der Klassiker „Eisenkreuzkrieger“ wurde selbstverständlich mit einem langen und epischen Intro begonnen und darauf folgte ein absolutes Highlight für viele Fans. Blutkehle fragte, wer sich an diesem Abend eine Flöte gekauft habe, und sofort gingen flötenbewehrte Hände in die Luft. Für die, die noch nie bei einem Eisregen-Konzert waren: Diese Frage kündigt den Song „Elektrohexe“ an und wer eine Flöte dabei hat, der hat die Chance, auf die Bühne gerufen zu werden und ein kleines Flötensolo zu spielen. Schnell waren drei Flötisten ausgewählt und noch schneller waren die drei auf der Bühne. Dann wurden sie noch eben mit Absperrband aneinander „fixiert“, wie Blutkehle sich ausdrückte, und schon folgte „Elektrohexe“, wobei die Fans endgültig ausflippten. Bei ihrem Solo gaben die drei Flötisten alles, selbstverständlich klang es krumm und schief, da offenbar niemand der drei Flöte spielen konnte, aber in diesem Fall muss das genau so sein! Sie bekamen jedenfalls dennoch dicken Applaus des Publikums. Danach verschwanden Eisregen erstmal von der Bühne. Doch lange ließen Drei Songs gab’s für die Fans noch, doch bevor diese gespielt wurden, wurde zunächst erwähnt, dass der eigentliche Eisregen-Bassist West nicht dabei war, da er zur Zeit mit seiner eigenen Band Hämatom auf Tour ist. Für ihn wurde nach Blutkehles Aussage der „völlig wahnsinnige ‚El Loco‘ (span. der Narr) direkt aus Mexiko importiert“. Als letzte Nummer gab’s dann noch mit „Erscheine“ einen der absoluten Lieblingssongs des Frontmanns. Ein wirklich grandioser Auftritt, der keinen Nacken unbewegt gelassen haben sollte!

Die „SchwarzesBayern“-Userin grausame67maus, die das Konzert ebenfalls besucht hatte, war auch sehr begeistert. „Debauchery haben mit gutem, altem, schnellem Old School Metal den Saal zum Kochen gebracht.“ Und zu Eisregen hatte sie unter anderem folgendes zu sagen: „Im Gegensatz zum Konzert vor zwei Jahren hat sich die Stimme von M. Roth sehr verbessert … Die krächzende, kratzende und einfach unvergleichliche Stimme löste bei mir Gänsehaut aus … Alles in allem das beste Konzert von Eisregen, das ich je gesehen habe.“ Den Auftritt von Schwarzer Engel verpasste sie leider, dafür hatte sie allerdings die Gelegenheit, sich mit Jason am Merch-Stand zu unterhalten: „Ich habe ein längeres Gespräch mit Jason geführt und muss sagen, er ist ein unheimlich netter und lieber Zeitgenosse. Er erzählte mir noch, dass er plant, eine Headliner-Tour durch Deutschland zu machen, wenn das 4. Album rauskommt.“ Na, dann hoffen wir doch, dass München auch auf dieser Tour mit einen Besuch des sympathischen Schwaben beehrt wird.

Fazit: Nein, es konnte an diesem Abend wirklich nichts schiefgehen! Grandiose Bands, unübertreffliche Stimmung, guter Sound und harte Riffs. Ein perfekter Abend, dafür lebe ich!

:mosch: :mosch: :mosch: :mosch: :mosch:

Setliste Eisregen:
Intro von Vorabend der Schlacht
Tod senkt sich herab
Todestag
1000 tote Nutten
N8verzehr
Scharlachrotes Kleid
Mitternacht
Ein Hauch von Räude
Das liebe Beil
Lang lebe die Nadel
Eine kleine Schlachtmusik
Eisenkreuzkrieger
Mein Eichensarg
Elektrohexe

Zugabe:
Engelmacher
Blutgeil
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