2019, und das Internet so: Synths?! – Ja, Synths auf einem Album von Sleater-Kinney, das ist an sich auch gar nichts Neues. Schon eher überraschend ist die Produzentin, die das in Punk und Riot Grrrl verwurzelte Trio für sein neuntes Album The center won’t hold (Veröffentlichungstermin 16. August) ins Studio holte: Annie Clark aka St. Vincent, die bei allen Experimental- und Jazz-Anleihen in ihrer eigenen Musik doch mit beiden Beinen fest im Pop steht.

Diese Kombination wird spannend, so viel hört man schon auf der aktuellen Vorab-Auskopplung „The future is here“: Carrie Brownsteins Gitarre grollt und zuckt über einen düsteren Synth-Backdrop wie ein sich näherndes Gewitter, Corin Tuckers Gesang, bei dem man sonst meist aus ein paar Metern Abstand heftig auf die Ohren bekommt, ist in ungewohnt tiefer Stimmlage gehalten, fast schon zurückgenommen, nah an den Hörer gemischt. Anders, trotzdem unverkennbar. Sleater-Kinney sind immer sie selbst, gerade weil sie nie die gleiche Platte zweimal machen.


Mit der ersten Auskopplung „Hurry on home“ (mit einem Video von Allround-Künstlerin Miranda July) ist man musikalisch schon eher im Indierock unterwegs, auch der ist aber mit schillernder Elektronik gesäumt und gefüttert. Obendrein tanzbar, mitsingbar und mit einem fast schon funky Ende. An der Oberfläche mag das zunächst mal erstaunlich wenig brachial oder böse wirken – bis man auf den Text hört, den Carrie Brownstein mit infernalischer Freude der Welt in die beständig be- und abwertende Fresse zurückhaut: „You know I’m unfuckable, unloveable, unlistenable, unwatchable“. Und das klingt dann so, dass man es sich dringend auf ein T-Shirt malen möchte, ach was, auf die Haut, ach, am besten gleich tätowieren lassen.
Ich hoffe zwar (konservativ von mir!) ein bisschen, auf dem Album auch wieder kunstgerecht dissonant angeschrien zu werden, während die Band ihre Instrumente und mit ihren Instrumenten einfach alles verdrischt. Aber komme, was da wolle, es wird offenbar gut, und es wird ganz sicher sehr Sleater-Kinney. Das amerikanische Magazin Fader berichtet nach einem Vorabhören gar, das neue Album sei gemeiner und wütender als seine Vorgänger (und das will nun wirklich was heißen). Hurry on, August!

 

 

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