Follow me

cover-The-Damned-DARKADELICNach dem großartigen Live-Album Night of a thousand vampires (Link zur Review) haben The Damned die Pandemie-Zeit genutzt und an neuen Songs gearbeitet. Drummer Pinch hat die Band verlassen, für ihn ist Will Taylor neu eingestiegen. Weiter dabei sind Bassist Paul Gray, Keyboarder Monty Oxymoron und natürlich die Gründungsmitglieder von 1976 Gitarrist Captain Sensible sowie Sänger David Vanian. Nun wird das zwölfte und neue Werk Darkadelic der Welt präsentiert, das bei earMusic erschienen ist.

„The invisible man“ eröffnet das Album und klingt ganz nach The Damned. Gleichzeitig erhält mensch einen Eindruck, warum das Album Darkadelic heißt. Der Song ist kraftvoll und dunkel, besitzt aber gleichzeitig auch einige psychedelische Elemente. Im Anschluss stellt „Bad wheather girl“ unter Beweis, dass The Damned auch nach all den Jahren ihren Punk-Spirit nicht verloren haben, sie wagen dabei aber auch musikalische Experimente wie 70er-mäßige Ausflüge der Gitarre. Captain Sensible scheint hier außerdem auch zu singen. Die Grundstimmung in „You’re gonna realise“ ist dafür wieder dunkler, was vor allem am Basspiel liegt. Die Gesangslinie von Vanian hält dagegen, die schon fast als poppig bezeichnet werden könnte. Nun rockt von Beginn an „Beware of the clown“ richtig los und sorgt damit für Abwechslung zu den Vorgängern. Dabei dürfen einige jaulige Gitarrensoli natürlich auch nicht fehlen. Das Video dazu ist äußerst unterhaltsam und sendet eine eindeutige Botschaft. „Western promise“ schaltet dafür im Anschluss zwei Gänge zurück. Es ist eine wunderschöne Up-Tempo-Ballade, bei der Vanian seinen Gesang voll ausspielt. Stellenweise erinnert er mich damit sogar an Jim Morrison von The Doors. Der Einsatz von Trompeten im instrumentalen Schlussteil ist überraschend, liefert aber auch einen Schuss Melancholie. Die Grundlage für „Wake the dead“ bilden ausgerechnet Classic Rock Gitarrenriffs. Das ist eigentlich fast schon zu plakativ, aber andererseits wirklich gut in Szene gesetzt, und ich erwische mich unwillkürlich beim rhythmischen Kopfschütteln. Nachdenklich wirkende melancholische Zwischenparts bilden ein Gegengewicht.

Zwar immer noch rockig, aber nicht ganz so ausgeprägt, schließt sich „Follow me“ an. Der Song wirkt rastlos und getrieben, ganz so wie viele Mitmenschen durch Social Media durchhetzen und sich beeinflussen lassen und besitzt so eine gewisse Dramatik. Der „Motorcycle man“ kombiniert Steppenwolf mit Rockabilly und erzeugt so ein staubiges 60er Jahre Landstraßenflair. Dazu werden aber auch orientalisch anmutende Klänge integriert, was irgendwie schräg anmutet. „Girl I’ll stop at nothing“ hingegegen ist ein Bass und Drums angetriebener Rock ’n‘ Roll-Track, der die psychedelischen Elemente der Siebziger atmet, ausschweifende Instrumental-Orgie inklusive. Das folgende „Leader of the gang“ ist eine beschwingte Nummer, die stellenweise mit dem Bläser-Einsatz beinahe Big-Band-Atmosphäre erzeugt – und bleibt trotzdem stilsicher ganz The Damned. Erst mit „From your lips“ geht es musikalisch wieder in mehr düstere und gotische Gefilde, wenn auch der Refrain sehr eingängig ist. Dennoch kann ich mir das Stück durchaus in einer nebeligen Gothic-Disco vorstellen. Klavierbegleitung bildet zum Abschluss zunächst das Grundgerüst von „Roderick“, das dann um Synthesizer erweitert wird. Das ist Dark Wave und einfach nur schön. Sehr cool ist dabei die überraschende lateinische Sprechchor-Einlage, die mich an Estampie erinnert. Der ruhige Ausklang bildet ein gelungenes Finale für das Album.

Fazit: Dass The Damned musikalisch zwischen allen Stühlen sitzen, hat ja schon lange Tradition, und das ist auch bei Darkadelic keine Ausnahme. Gothic, Punk, Rock, Psychedelic, und alles wird durch die unverwechselbare Stimme von David Vanian zusammengehalten. Das ist schon wirklich einzigartig. Ein weiteres Bindeglied bildet das Gitarrenspiel von Captain Sensible, der in jedem Song zu einem Soloausflug ansetzt. Das ist handwerklich jedes Mal tadellos und auch kompositorisch perfekt platziert, aber auf Dauer mir persönlich zu viel. Darkadelic ist ein tolles Album mit vielen großartigen Songs, aber etwas kürzer wäre es noch knackiger gewesen. Trotzdem, wenn The Damned „Follow me“ fragen, bin ich dabei.

Anspieltipps: The invisible man, Beware of the clown, Western promise, Wake the dead, Roderick

:mosch: :mosch: :mosch: :mosch: :mosch2:

The Damned: Darkadelic
earMusic, Vö. 28.04.23
CD 19,99 €, LP 27,99 € erhältlich über JPC

Homepage: https://www.officialdamned.com/
https://www.facebook.com/OfficialDamned/
https://www.ear-music.net/

Tracklist:
01 The invisible man
02 Bad wheather girl
03 You’re gonna realise
04 Beware of the clown
05 Western promise
06 Wake the dead
07 Follow me
08 Motorcycle man
09 Girl I’ll stop at nothing
10 Leader of the gang
11 From your lips
12 Roderick

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