Vom Märchen zur Moderne

©The Ultimate Dreamers Bandcamp

The Ultimate Dreamers aus Belgien hatte ich ja schon mit ihrem tollen, um Jahrzehnte später veröffentlichten Debüt Live happily while waiting for death vorgestellt (Link zur Review). Die Band ist seitdem auch wieder aktiv, und das nicht nur live. Bertrand (Gitarre), Frédéric (Gesang und Programming), Joël (Bass) und Sandrine (Keyboards und Cello) leben mittlerweile in Brüssel und haben das zweite Album Echoing reverie bei Spleen+ / Alfa Matrix und Wave Tension Records veröffentlicht.

„Polarized“ eröffnet das Album direkt mit einem mächtig pumpenden Rhythmushammer. Nur drei Takte, und ich bin drin. Die dunkle Stimmfarbe passt perfekt dazu. Düster, treibend, voller Energie, mit geschickten Breaks inszeniert – ein toller Track. Im Gegensatz dazu steht „A day in the life“ in bester Cold-Wave-Tradition. Zwar gibt es auch energetische Parts, aber die Melancholie überwiegt hier eindeutig, die durch den Gesang transportiert wird. Die Synthesizer sorgen dabei für diese spezielle unterkühlte Atmosphäre. In „Piano ghost“ wird neben allerlei Synthieklängen auch ein Klavier eingesetzt. Die Atmosphäre des Songs empfinde ich tatsächlich irgendwie als gespenstisch. Als würde mensch an einem trüben Nachmittag ein altes Haus erkunden, in dem alle Möbel mit weißen Laken abgedeckt sind. Die Gitarreneinsätze sorgen dabei für eine gewisse Dramatik. Die Wahl, das legendäre „Hell’s bells“ von AC/DC zu covern, ist sicherlich zunächst einmal sehr überraschend. Bei Coverversionen scheiden sich bekanntlich immer die Geister, aber natürlich wird der Song nicht einfach nachgespielt, sondern auf ureigene Weise interpretiert. Er ist jetzt wesentlich düsterer und betont die Mystik, die dem Original anhaftet. Diese neue Facette finde ich äußerst gelungen.
Mit „Midnight“ wird es wieder etwas tanzbarer, und auch das Bassspiel tritt hier gegenüber dem Klangteppich mehr in den Vordergrund, was mir gut gefällt. Der Rhythmus fällt in „Big violent“ als Erstes auf, als Nächstes die fast schon unheimliche, düstere Atmosphäre, die durch den teils geflüsterten Gesang noch verstärkt wird. Das ist definitiv eine coole Nummer für reichlich Nebel auf der Tanzfläche. Mit „I loved you?!“ greifen The Ultimate Dreamers auf ihren fast gleichnamigen Song vom Debüt zurück, verpassen ihm aber dabei eine soundtechnisch umfassende Renovierung und transportieren ihn damit in die Neuzeit. Er ist nun tanzbarer ausgefallen, während das Original verträumter klingt, aber ich mag beide Versionen. Der Remix „Implant loved you?!“ hämmert sogar noch etwas deutlicher für den Club-Einsatz.

Fazit: Ja, auch Echoing reverie klingt eindeutig nach The Ultimate Dreamers, zeigt aber auch, dass die Band trotz der märchenhaft langen Zeitspanne seit der Aufnahmen für das Debüt Live happily while waiting for death die musikalische Entwicklung nicht verschlafen hat. Die Moderne hat Einzug gehalten, ohne die Wurzeln zu ignorieren oder gar zu leugnen. Der Cold Wave der Anfangstage ist noch vorhanden, wurde aber soundtechnisch modernisiert.

Anspieltipps: Polarized, Hell’s bells, Big violent

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The Ultimate Dreamers: Echoing Reverie
Spleen+ / Alfa Matrix, Vö.17.03.2023
MP3 8,00 €, LP (EP) 19,00 € erhältlich über Bandcamp
CD 11,99 € erhältlich über Alfa Matrix

Homepage: https://the-ultimate-dreamers.com
https://facebook.com/theultimatedreamers
https://theultimatedreamers.bandcamp.com
https://store.alfa-matrix-store.com
https://wavetensionrecords.bandcamp.com

Tracklist:
01 Polarized
02 A day in the life
03 Piano ghost
04 Hell’s bells (AC/DC cover)
05 Midnight
06 Big violent
07 I loved you?!
08 Implant loved you?! (Implant remix)

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