Kolossale Klangwelten

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Abandoned Dreams

Die Dark-Doom-Metal-Giganten Agalloch aus Portland haben sich aufgemacht, Europa mit ihrer epischen Musik zu beglücken. Mit im Gepäck hatten sie Fen aus England und die lokale Band Abandoned Dreams, und zu dritt stürzten sie gestern das Backstage in dunkle Tiefen.

Abandoned Dreams, eine noch junge Band aus Grafing, eröffneten den Ohrenschmaus – und bliesen den wenigen Zuschauer, die schon bereit dafür waren, den Platz an der Sonne für eine Reise in die düsteren Gefilde aufzugeben, ordentlich den Kopf frei. Die drei Herren Raphael (Vox und Gitarre), Nik (Gitarre) und Mike (Drums) sowie Bassistin Liesa sind seit 2009 musikalisch unterwegs und präsentierten neues und altes Material von ihrer Demo-EP Ember and Frost, das sich wirklich hören lassen kann: Atmosphärisch dichter Sound, getragene Passagen, jähes Geknüppel, großartig komponierte Lieder. Nicht nur ich war sofort angetan von den düsteren Klängen des Quartetts, von dem man noch in diesem Jahr das erste Album erwarten darf. Höhepunkt war hier der Titel „Changing the Seasons“, bevor sich Abandoned Dreams mit „Light“ verabschiedeten. Schade nur, dass sich die Zuhörer in Grenzen hielten – diese Kombo hat auf jeden Fall mehr Aufmerksamkeit verdient!

fen

Fen

Nach einer gefühlt extrem kurzenUmbaupause, in der die Biergartenbesucher langsam, aber sicher ihren Weg vor die Bühne fanden, war dann Schluss mit Sommerlaune: Fen aus East Anglia entführten in eine einsame, sturmgepeitschte Landschaft voller schwarzer Hoffnungslosigkeit. Auch die drei Briten machen unglaublich dichten Sound, der sofort mitnimmt in die Fens, eine karge Marschlandschaft in England, durchzogen von Flüssen und Seen und überwölbt von einem schier endlosen Himmel. Lange, getragene Lieder lassen an die Einsamkeit der Landschaft denken, die beständig zu versinken droht. Selten erlebt man es, dass sich Musik und Heimat so eng verbinden zu überaus komplexen Klängen und dadurch einiges an Mehrwert gewinnen. Einfach fallen lassen und sich in der Musik versenken – Fen waren der zweite Höhepunkt dieses Abends, der noch lange nicht vorbei war. Nach über einer Stunde wachte man regelrecht auf, musste sich beinahe mit Gewalt aus dieser traumartigen Welt losreißen und sich mühsam klarmachen, dass ja noch eine Band anstand.

agalloch

Agalloch

Agalloch, Urheber eines Sounds, der mit Adjektiven wie „cineastisch“, „kolossal“, „monumental“ und „melancholisch“ immer noch unzureichend beschrieben wird, machten sich daran, dort anzuknüpfen, wo Abandoned Dreams und Fen aufgehört hatten. Baumstümpfe auf der Bühne, Kerzen und Räucherwerk sorgten vor allem in den ersten Reihen für mythische Stimmung. Nach einem gewohnt stimmungsvollen Intro legten die vier Mannen aus Portland mit „Limbs“ vor, um dann konstant immer wieder einen nachzulegen. Die Ansagen beschränkten sich auf ein Minimum, so konnte man sich völlig in die Musik versenken. „Ghosts Of The Midwinter Fires“ gehört zu meinen absoluten Favoriten – ich liebe dieses Stück, den Titel, die Lyrics, die Komposition als Ganzes – und wurde auch live hier nicht enttäuscht. Wirklich jeder in dem völlig überfüllten Raum war begeistert. Man merkte,dass sich John Haughm, Don Anderson (Gitarre, Keyboard), Jason William Walton (Bass) und Aesop Dekker (Drums) jetzt warm gespielt hatten und auf Betriebstemperatur so richtig loslegten. Episch, episch, episch ging es weiter, durch die „Hallways Of Enchanted Ebony“, in denen „Faustian Echoes“ gespenstisch wiederhallen. Mit geschlossenen Augen ergriff mich der „Melancholy Spirit“, und bei „You Were But A Ghost in My Arms“ bekam ich Gänsehaut – bei den Temperaturen eigentlich unmöglich. Ich habe das hier schon, ein, zwei Mal erwähnt: Die düstere, dichte, unheimliche Atmosphäre, die diese vier Männer auf der Bühne erzeugen und ins Publikum transportieren, ist einfach fantastisch, und es ist wirklich großartig, wenn diese speziellen Lieder, die etwas tief in mir berühren, live noch intensiver all die Emotionen wachrufen. Das großartige „The Shadow Of Our Pale Compassion“ sorgte noch einmal für einen Höhepunkt, den man eigentlich schon nicht mehr für möglich gehalten hatte, bevor das Sol-Invictus-Cover „Kneel to the Cross“ das insgesamt über zwei Stunden lange Konzert und den Abend beschloss.

Und dann wird man ausgespuckt, nach draußen, und steht staunend vor diesem Berg an Gefühl und fragt sich, wie man so einen fantastischen Abend in Worte fassen soll. Alle drei Bands waren wirklich großartig und haben wundervolle Stücke abgeliefert. So einen perfekten Konzertabend erlebt man selten.

:mosch: :mosch: :mosch: :mosch: :mosch:

Agalloch-Setlist:
Intro
Limbs
Ghosts Of The Midwinter Fires
Hallways Of Enchanted Ebony
Faustian Echoes
The Melancholy Spirit
You Were But A Ghost in My Arms
The Shadow Of Our Pale Compassion
Kneel To The Cross

Bilder: torshammare

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  1. […] Dreams, 2009 in Grafing bei München gegründet, überzeugten mich musikalisch als Vorband von Agalloch. Schwerer, doomiger Metal, der eine sehr dichte, melancholische Atmosphäre erzeugt, ist […]

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