Manche Bräute sterben nie

My-Dying-BrideSeit 1990 sind My Dying Bride aus Halifax, West Yorkshire, nun schon aktiv. Um die drei Gründungsmitglieder Sänger Aaron Stainthorpe und die beiden Gitarristen Andrew Craighan und Calvin Robertshaw gruppieren sich Lena Abé am Bass, Jeff Singer am Schlagzeug und Shaun MacGowan, der zwischen Keyboard und Violine wechselt. Mit A mortal binding haben sie ihr fünfzehntes Album veröffentlicht. Die Band hat von Spannungen während des Aufnahmeprozesses berichtet und in der Folge sogar einige Auftritte abgesagt. Bleibt zu hoffen, dass der Titel nicht das Omen einer tatsächlich tödlichen Verbindung beinhaltet.

Mit getragenen Riffs startet „Her dominion“, bevor der typische raue Gesang einsetzt, begleitet von wuchtigem Heavy Metal Riffing. Sänger Aaron Stainthorpe hat offensichtlich noch immer keine gute Laune. In „Thornwyck hymn“ wechselt er aber zum Klargesang. Kleine Gitarrenattacken leiten den Song ein, bei dem sich ein Wechselspiel aus Doom und symphonischen Passagen entwickelt. Über allem liegt fortwährend ein Teppich aus Traurigkeit. Ganz ruhig beginnt „The 2nd of three bells“, und es liegt eine richtige Zärtlichkeit in der Stimme, die auch beibehalten wird, als der Doom die Führung übernimmt. Doch schließlich bricht auch hier der Hass zwischenzeitlich die Oberfläche. Rhythmische Riffs durchziehen „Unthroned creed“, zu denen der cleane Gesang einen Konterpart bildet. Es folgt mit „The Apocalyptist“ der mit Abstand längste Song des Albums, der es auf über elf Minuten bringt. Ein schönes Intro, das nach 80er-mäßigem Saxofon klingt, eröffnet den Song. Aber wahrscheinlich ist es doch die eigentlich typische Violine, bevor es in wuchtige Doom-Salven übergeht. Natürlich kommt es zu mehreren Stimmungswechseln, und auch der Gesang variiert immer wieder, sodass die Spannung trotz der Überlänge stets aufrechterhalten wird. Auf „A starving heart“ zeigen sich My Dying Bride von ihrer gefühlvollen Seite, denn sie schwelgen regelrecht in ihrem Sound. Fast nahtlos schließt sich „Crushed embers“ an, das sich beinahe wie der zweite Teil anfühlt, und episch findet das Album seinen Abschluss.

Fazit: My Dying Bride sind zurück, manche Bräute sterben eben nie. Und zum Glück scheren sie sich noch immer einen feuchten Friedhofsdreck, wenn es darum geht, ihre Songs in eine kommerziell verwertbare Länge zu pressen. Die bewährten Zutaten dafür sind alle da: Schwere Doom-Riffs, ein schleppender Rhythmus, atmosphärisch dichter Sound und der Hass in der Stimme. Und doch habe ich irgendwie das Gefühl, dass etwas anders ist. Altersmilde ist dafür sicherlich ein zu hartes Wort, doch die Tendenz ist irgendwie da. Ich vermisse den abgrundtiefen, tiefschwarzen Hass, von dem einige frühere Werke durchzogen sind. Aber lasst euch davon nicht beirren und macht euch ein eigenes Bild. Langjährige Fans machen hier ganz sicher nichts falsch.

Anspieltipps: The 2nd of three bells, The Apocalyptist

:mosch: :mosch: :mosch: :mosch: :mosch2:

My Dying Bride: A mortal binding
Nuclear Blast Records, Vö. 19.04.2024
MP3 7,00 $ erhältlich über Bandcamp
CD 17,99 €, 2LP farbig 36,99 € erhältlich über Nuclear Blast

Links:
https://mydyingbride.net/
https://www.facebook.com/MyDyingBrideOfficial/
https://www.nuclearblast.com/de

Tracklist:
01 Her dominion
02 Thornwyck hymn
03 The 2nd of three bells
04 Unthroned creed
05 The Apocalyptist
06 A starving heart
07 Crushed embers

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