Album: NAILS – Every bridge burning

Misantrophie in Nagelstiefeln

Das zweite Album Unsilent death der amerikanischen Band NAILS war seinerzeit das brachialste und vor allem hasserfüllteste, das ich ich je zuvor gehört hatte. Es traf mich mit weit mehr Wucht als Cannibal Corpse oder Mayhem. Das hat nachhaltig etwas in mir verändert, und ich fand einen Zugang in den Extreme-Metal-Bereich. Nach dem dritten Werk You will never be one of us von 2016 ist es ein wenig ruhig geworden um die Band, zudem stand Gitarrist und Sänger Todd Jones zunächst alleine da, nachdem John Gianelli und Taylor Young 2020 ausgestiegen sind. Neu dabei sind nun Gitarrist Shelby Lermo (Ulthar), Bassist Andrew Solis (Despise You, Apparition) und Schlagzeuger Carlos Cruz (Warbringer). Wird das den Sound verändern? Nach acht Jahren Wartezeit ist endlich das vierte Album Every bridge burning bei Nuclear Blast erschienen. Produziert wurde die Schlachtplatte wieder einmal von Kurt Ballou, der quasi so etwas wie ein weiteres Bandmitglied ist.
Immerhin sechs Sekunden sind dem Intro reserviert, bevor bei „Imposing will“ der schiere Wahnsinn zuschlägt. Das Schlagzeug wird in Stücke gehackt und auf die Instrumente brutal eingedroschen. Kurz vor Ende wird etwas Druck rausgenommen, doch dafür geht „Punishment map“ sofort wieder brachial in die vollen, das trotz der Kürze in einer Art Jam-Session endet. Der Titeltrack „Every bridge burning“ gibt ähnlich Vollgas, und der Hass sprüht nur so aus dem keifenden Gesang von Todd Jones. Kleine Breaks strukturieren dabei die Aggressionen. Alle Brücken brennen, mehr Misantrophie ist kaum möglich. „Give me the painkiller“ könnte tatsächlich das Motto für die Hörer*innen sein, denn anders lässt sich das Speed-Gemetzel kaum aushalten. Wobei, das letzte Drittel bietet sogar eine kleine Verschnaufpause und ist überraschend progressiv. „Lacking the ability to process empathy“ besitzt einen irren Groove, und auf Frontalangriff gestimmte Riffs. Der Gesang wechselt hier von Grindcore mehr in Richtung Death Metal.
Mit nur 38 Sekunden ist „Trapped“ das kürzeste Stück, liefert aber ein krasses Gewalt-Geballer, das sich wesentlich länger anfühlt, und es läutet eine mit Crust überzogene zusammengehörig wirkende Dreier-Runde ein. Denn direkt im Anschluss geht „Made up your mind“ in den Schleudergang über, bevor mit „Dehumanized“ das dritte Kurz-Stück folgt. Das Drumming ist hier der krasse Wahnsinn. Mit „I can’t turn it off“ geht es etwas konventioneller zu, wobei das natürlich nur nach NAILS-Maßstäben zu verstehen ist. Recht rhythmisch geht es mehr in die Death-Richtung, und es gibt sogar ein kleines Drum-Solo. Zum Abschluss wird mit geradzu epischen 3:14 Minuten Länge „No more rivers to cross“ zelebriert. NAILS lassen sich tatsächlich einmal Zeit mit dem Songaufbau, und die Riffs schleppen sich schwer und doomig voran. Als Ausklang funktioniert der Sludge tatsächlich gut.

Fazit: Ein NAILS-Album ist wie ein beständiger Tritt in die Fresse mit Nagelstiefeln, erbarmungslos und mit Wucht ausgeführt dank der abartigen Mischung Grindcore, Death/Speed Metal und Crust Punk. Das ist auch auf Every bridge burning trotz der neuen Mannschaft nicht anders. Der Gesang von Jones klingt aber noch bissiger als auf den Alben zuvor. Dennoch bleibt der totale Mindfuck bei mir ein bisschen aus, was zum einen sicherlich auch auf einen gewissen Gewöhnungseffekt an Extreme Music zurückzuführen ist. Zum anderen lassen sich hier und da tatsächlich melodiöse Sprengsel im Grindcore entdecken und ein etwas progressiveres Songwriting. Auch auf diesem Niveau findet also durchaus noch eine Entwicklung statt, auch wenn sie nicht stilverändernd ist. So oder so zementieren NAILS ihren Status als Ausnahmeband und verpassen den Synapsen einen gewalttätigen Reset.

Anspieltipps: Every bridge burning, Give me the painkiller, Dehumanized

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NAILS: Every bridge burning
Nuclear Blast Records, Vö. 30.08.2024
CD 16,99 €, LP 26,99 € erhältlich über Nuclear Blast

https://www.facebook.com/NAILSoxnard
https://www.instagram.com/nailstyranny/
https://nailssl.bandcamp.com/
https://www.nuclearblast.com/de

Tracklist:
01 Imposing will
02 Punishment map
03 Every bridge burning
04 Give me the painkiller
05 Lacking the ability to process empathy
06 Trapped
07 Made up your mind
08 Dehumanized
09 I can’t turn it off
10 No more rivers to cross