Ein tolles Debüt

HumanHuman wird 2018 von Franck Ligabue, Ex-Funeraëll und aktives Gründungsmitglied von Soror Dolorosa, im französischen Rouen zunächst als Solo-Projekt gegündet. Schnell sucht er sich jedoch weitere Mitstreiter, damit die Band auch konzerttauglich wird. So stoßen die beiden Gitarristen David Garcia (Black Tarantula, Scream Of Silence, Under The Blade) und Paul Bloyer (Bearded Vulture, Round Stones), Bassist Sylvain Martinie (Lagony, Cratilik Gene OHM, Bearded Vulture) und Schlagzeuger Axel Moreau (Bearded Vulture, Round Stones) hinzu. Zusammen wird das selbstbetitelte Debütalbum Human eingespielt, das noch 2018 bei Icy Cold Records erscheint. Was augenscheinlich anders ist als bei seiner anderen Band Soror Dolorosa: Franck Ligabue sitzt nicht am Schlagzeug, sondern übernimmt den Gesang auf Human selbst.
Es ist die schöne Stimme von Ligabue beim Opener „Last exit before the crash“, die mich direkt auf eine andere Ebene transportiert, in der ich mich verlieren kann. Begleitet wird sie von betörenden Gitarrenklängen, die sich im Verlaufe des Songs in epische Gothic-Rock-Riffs wandeln. Auch auf „Feeding the ocean“ wird diese getragene Stimmung aufrechterhalten, und der Bass und die Synthies treten hier besser zum Vorschein. Eine zusätzliche weibliche Stimme unterstützt den Gesang im Hintergrund, Piano-Einsätze runden den Song ab. Bei der ersten Textzeile von „Quai des étrois“ habe ich kurz „She’s in parties“ von Bauhaus im Ohr. Doch dann entwickelt sich ein düsterer Post-Punk-Song, bei dem die Synthesizer zum Teil beinahe an Orgelklänge erinnern, vor allem in der zweiten und rein instrumental gehaltenen Hälfte des Songs. Mit kurzen knackigen Riffs begrüßt „The wheel“ den Hörer, die den gesamten Track durchziehen. Die musikalische Stimmung möchte ich nur näherungsweise mit dem Album Vision Thing von The Sisters of Mercy beschreiben, denn der Gesang von Ligabue ist gänzlich anders als der von Andrew Eldritch.
Auf „Hypnophobia“ klingt Ligabue sogar wie von Batcave beeinflußt, was für Abwechslung sorgt. Die Musik dazu ist zum Teil fast schon etwas experimentell und sperrt sich mit schrägen Gitarrenklängen gegen eine gängige Erwartungshaltung. Dazu passt auch das abrupte Ende. Ganz ruhig beginnt anschließend „Cage the monster“, bei dem der Bass die Führungsrolle übernimmt, die von der Gitarre umspielt wird. Die Stimme bewegt sich dabei im tiefen Spektrum, aus dem auch die hier wieder eingesetzte zweite Stimme nicht herauszuholen vermag. Der Song wirkt ebenso schwermütig wie auch psychedelisch auf mich, wofür sicherlich das Gitarrenspiel verantwortlich ist. Ohne einen bestimmten Titel als Vergleich ausmachen zu können, fängt „This is part of me“ für mich die Melancholie von The Smith perfekt ein. Sie umhüllt mich wie eine altbekannte Decke, die sich vertraut an mich schmiegt und für Wohlbefinden sorgt. Auch das folgende „Window pain“ ist kein fröhlicher Song. Die Gitarre klingt sehr fragil, und über der Bassmelodie kommt der Schmerz im zweistimmigen Gesang klar zum Ausdruck und wird fühlbar. In „Breakin‘ up the shackles“ übernimmt der Gothic Rock zunächst noch einmal die Oberhand. Die zweite Hälfte des über acht Minuten langen Tracks fungiert quasi als Outro, mit dem der Hörer in die Wirklichkeit entlassen wird.

Fazit: Mit dem selbstbetitelten Debüt bewegen sich Human in einem Spektrum zwischen ruhigeren Gothic Rock und Post Punk, das mir außerordentlich gut gefällt. Natürlich lassen sich Parallelen zu Soror Dolorosa nicht immer verleugnen, aber Human sind direkter, einfach mehr auf den Punkt, weswegen ich auf direkte Vergleiche im Text bewußt verzichte. Es wird zwar nicht direkt musikalische Kälte erzeugt, aber gerade bei der aktuellen Sommerhitze sind Human wie geschaffen für einen melancholischen Tag am See oder ein Mondscheinpicknick.

Anspieltipps: Last exit before the crash, The wheel, This is part of me

:mosch: :mosch: :mosch: :mosch: :mosch:

Human: Human
Icy Cold Records, Vö. 13.12.2018
LP 16,00 €, CD 13,00 €, MP3 Download 7,00 € erhältlich über Bandcamp
Homepage: https://www.facebook.com/humanbandfr/
https://humanfr.bandcamp.com/
https://icycoldrecords.bandcamp.com/
https://www.facebook.com/icycoldrecords/
http://manicdepressionrecords.com

Tracklist:
01 Last exit before the crash
02 Feeding the ocean
03 Quai des étrois
04 The wheel
05 Hypnophobia
06 Cage the monster
07 This is part of me
08 Window pain
09 Breakin‘ up the shackles

 

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