Hitzeschlacht und Battle Songs

München glüht seit Wochen, daheim schmilzt die Schokolade in der Wohnung, und eigentlich wäre ein kühler Badesee sehr viel verlockender als ein Abend in der Backstage-Sauna. Wären da nicht das unbedingt zu unterstützende Free & Easy-Festival sowie vier Bands aus dem Pagan- und Folk-Metal-Bereich, die zum Teil weite Wege auf sich genommen haben, um heute Abend die Temperaturen noch mehr in die Höhe zu treiben. Dalriada sind zum Beispiel extra aus Ungarn angereist, Triddana aus Argentinien feiern ihren Tourabschluss, und Reysswolf haben es aus Regensburg zwar nicht so weit, sind aber dafür zum ersten Mal in München auf der Bühne. Mit Mornir aus Freising, einer der besten lokalen Pagan-Metal-Bands, gibt’s noch ein weiteres Schmankerl, und so begebe sogar ich als bekennender Kältefan mich freudig ins Backstage.

DSC_4090Das Gelände ist auch schon ordentlich gefüllt, der Club noch nicht so, aber als Mornir dann um kurz nach halb acht loslegen, haben sich dann doch ordentlich viele Fans eingefunden, die dem Fünfer einen gebührenden Empfang bereiten. Knallharter Pagan Metal mit dem besonderen Etwas, das Geiger Clemens beisteuert, mit deutschen Texten, zwischen Sänger Axel und Basser Heinrich aufgeteiltem Gesang und eine mitreißende Bühnenshow wird hier geboten, die Songs, u. a. von der EP Entfesselt aus dem Jahr 2015 (wann kommt denn mal was Neues, Jungs?), zünden ab dem ersten Moment. Trotz Gluthitze auf der Bühne werden wir immer wieder angefeuert, für Sprüche à la „uns ist kalt, wir spielen was Schnelles“ ist auch noch Zeit, und als Basser Heinrich kurz ein paar technische Probleme lösen muss, wird auch diese kleine Panne souverän gemeistert, indem man einfach schnell in das anfänglich noch ruhige „Ein Licht“ überleitet. Eine willkommene Verschnaufpause, bevor es mit „Hexer“ wieder schön brachial wird. Das Publikum geht weiterhin begeistert mit, die Band kämpft zwar sichtlich mit den Temperaturen auf der Bühne, bleibt aber weiter souverän und lässt sich auch nicht aus der Ruhe bringen, als Maxis Gitarrenkopf ein bisschen zu sehr auf Tuchfühlung mit Heinrichs Haaren geht und nicht mehr loslassen will. Nach der Entwirrung wird das Set cool zu Ende gebracht, und wir sind hervorragend aufgewärmt. Ein sehr schöner Einstieg in den Abend!

DSC_4198Die Umbaupause, bis Reysswolf dann loslegen können, zieht sich leider ein wenig, Technik und Mittelalter (in diesem Fall die Sackpfeife von Freya der Schwarzen) vertragen sich nicht so gut, und so muss eine Weile gebastelt werden, bis der Sound dann sitzt. Als es losgeht und die Musiker um Sänger und Leitwolf Fenris (bekannt von seiner früheren Band Ingrimm) die Bühne entern, ist die lange Wartezeit schnell vergessen, präsentiert wird eine Mischung aus Mittelalter und harten Metal-Rhythmen, die schnell in Nacken und Füße geht. Die Texte sind genretypisch, die Songs eingängig, und schnell kann man bei „Narrenfrei“ oder dem „Feuertanz“ mitgrölen, und auch der von Fenris geforderte Circle Pit kommt zustande. Dass die Band neben Mittelalter auch Metal beherrscht, zeigt der kleine Ausflug zu „We’re not gonna take it“, bevor der schweißtreibende Auftritt schließlich mit einem neuen Song – „Der steinige Pfad“ – und dem allseits bekannten und vielfach interpretierten „Vargtimmen“ sein Ende nimmt. Für Freunde von Mittelalter-Metal eine runde Sache, die Musiker sind durchwegs hochklassig, und man merkt ihnen ihre langjährige Erfahrung jederzeit an. Eine souveräne Premiere in München, bei der die Band sicher einige neue Fans hinzugewonnen hat.

DSC_4273Richtig viele Fans versammeln die Argentinier Triddana vor der Bühne, viele sind anscheinend hauptsächlich wegen ihnen da. Das Quartett, das vor ein paar Jahren aus der Formation Skiltron (die vor zwei Jahren auf dem Free & Easy waren, damals auch mit Mornir als Opener) hervorging, hat sich mit ihrem eingängigen Mix aus Power Metal und Celtic Folk (das liegt in Argentinien schließlich auch nahe) weltweit eine große Fangemeinde erspielt. Das aktuelle Album Rising from within ist erst seit ein paar Wochen auf dem Markt, doch bei Songs wie „Dare to tame me“ oder „When horizons blaze“ springt sofort der Funke über, das Publikum gibt echt alles. Eingängige Melodien, die kräftige Stimme von Sänger Juan José Fornés und natürlich Bagpipe und Whistles von Pablo Allen machen den Reiz von Triddana aus, und die Refrains von „Raging fire“, „All souls night“ oder „Gone with the river“ begleiten einen noch tagelang. Die Band konzentriert sich nicht nur auf das neue Album, sondern bezieht alle bisherigen Veröffentlichungen in die Setlist mit ein, ein schöner Querschnitt durch das Schaffen von Triddana. Trotz der höllischen Temperaturen tobt das Publikum bis zum letzten Ton, und überall sind leuchtende Gesichter zu sehen. Ein triumphaler Tourabschluss und ein klasse Auftritt.

DSC_4476Leider merken dann die Headliner Dalriada, wie erschöpft viele dann doch sind, die eigentlich bei den Ungarn normalen Begeisterungsstürme klingen ein wenig blutleer – aber der Abend war lang und ist noch nicht vorbei. Laura Binder am Mikro und ihre Männer geben jedoch alles und hauen uns Songs vom aktuellen Album Nyárutó um die Ohren („Thury György Balladája 2. rész“, „Komámasszony“, „Búsirató“), vernachlässigen aber auch nicht beliebte Klassiker wie „Napom, fényes napom“ oder „Áldás“. Auch wenn man des Ungarischen nicht mächtig ist und die in den Texten besungenen Legenden nicht versteht, die Musik und die mitreißenden Folkoremelodien versteht man. Musik zum Mithopsen, aber auch zum Headbangen, denn der Metal-Anteil ist nicht zu vernachlässigen. Laura lässt immer wieder die blonde Mähne fliegen, und auch die anderen Musiker schütteln fleißig die Haare. So vergeht der Auftritt blitzschnell, und schon ist es Zeit für die Zugabe, das eingängige „Hajdútanc“, einen der größten Hits der Band. Um Mitternacht werden wir dann nach Hause oder auf die Aftershowparty entlassen, und ich habe mich gefreut, Dalriada nach dem Tanzt! 2017 so bald schon wieder in München gesehen zu haben.

Körperlich eine Herausforderung, musikalisch rundum ein Genuss mit vier abwechslungsreichen und sehr engagierten Bands – ein schöner Abend. Vielen Dank an MRW Concerts und das Free & Easy Festival fürs Ermöglichen!

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Die Bilder, auf denen Publikum zu erkennen ist, sind auf Wunsch des Veranstalters entstanden – wenn jemand nicht zu sehen sein möchte, wird das Bild natürlich gelöscht. 

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