The man who fell to earth

In David-Bowie-Biografien steht immer irgendwann mal was zu Aladdin Sane, Ziggy Stardust und Major Tom, zu seiner Freundschaft zu Iggy Pop, der Zeit in Berlin, „Heroes“, dass er ein somalisches Model geheiratet hat. Mal geht es eher um seine Musik, mal mehr um seine Person. Doch keine Biografie ist wie diese hier. Dieses Buch ist von hinten wie von vorn ein Schatz. Ich halte es in Händen und beschnuppere es. Das Cover ziert das berühmte Bild mit dem Blitz auf einem Auge. Das Buch selbst ist mit vielen Bildern versehen.

Diese Bilder sind besonders, es sind keine Fotos sondern Zeichnungen – was für eine Biografie recht ungewöhnlich ist – und zwar von einer weit jüngeren Frau als man von Bowie-Fans erwarten würde: der 1982 geborenen Spanierin María Hesse. Fran Ruiz, 1981 in Málaga geboren, schrieb das Buch. Obwohl ich vor gar nicht langer Zeit erst eine Biografie über David Bowie gelesen habe ( KLICK), mit weit mehr Seiten als dieser hier, erfahre ich in der Einleitung schon etwas Neues. Bowie sprach nicht gern über sich selbst. Und wenn, dann hätte er seine Geschichten vorsätzlich mit falschen Fakten versehen. Das ist mir gänzlich neu! Deshalb, so schreibt der Autor, wollte er Passagen aus Bowies Leben mit fantastischen Elementen vermengen. Ich werde also äußerst kritisch an dieses Buch herangehen! Diese Skepsis wende ich gleich bei der Zeitachse an, schön und spannend geschriebene chronologische Daten in der Ich-Form, optisch unterstützt mit den farbenfrohen kleinen Bildern. 1947, sagt Bowie, landete er auf dem Planeten Erde. Im Alter von fünfzehn Jahren traf ein Meteorit sein linkes Auge. Er sieht danach nie wieder aus wie zuvor. „Mein Anderssein ist nicht mehr nur auf mein Inneres beschränkt.“ Da muss ich aber gleich recherchieren, was das mit dem Auge auf sich hat. Es stellt sich heraus, bei einer Schlägerei um ein Mädchen bekam er einen Ellenbogen ins Auge, der die Pupillenmuskulatur seines linken Auges verletzte. Die Pupille blieb starr und geweitet, weshalb dieses Auge dunkler wirkte als das rechte. Bei dieser kleinen Recherche erfahre ich auch gleich noch, dass nach seinem Tod ein Asteroid nach ihm benannt wurde. 342843_Davidbowie ist hier in bester Gesellschaft mit den Asteroiden der Beatles, von Freddy Mercury und Bruce Springsteen. Mehr und mehr wird aus dem Leben David Bowies erzählt. Von der Geburt, dem Elternhaus, dem geliebten Halbbruder, von ersten Liebschaften. Seine Liebe zur Musik beginnt, als der Vater Schallplatten nach Hause bringt. Früh schon will Bowie Musiker werden. Es dauert zwar etwas, doch irgendwann bringt Space Oddity erste Erfolge. David Bowie wird zu Major Tom, zu Ziggy Stardust, zum Thin White Duke. Er lernt Angie kennen, sie bekommen einen Sohn. Seine musikalische Entwicklung ist etwas zäh, doch in Amerika findet er neue Impulse. Er trifft Lou Reed, Iggy Pop und Andy Warhol, es ist eine tolle Zeit mit Höhen und Tiefen. Diese verschnupft er mit Kokain. Außer diesem konsumiert er nur noch Milch und Paprikaschoten. (Ob das stimmt oder ob es eine eingestreute Schote des Autors ist?) Doch David Bowie erfindet sich immer wieder neu. Er liebäugelt auch mit dem Film. The Man who fell to earth wird ein voller Erfolg, und es folgen weitere Filme. Er lernt immer wieder neue Leute kennen, John Lennon zum Beispiel, der für ihn zum großen Bruder wird. Mit Iggy Pop geht er nach Berlin. „Heroes“ entsteht, die Hymne über die Liebe zweier Menschen, die sämtliche Grenzen überwindet. Der ganze musikalische Bogen wird gespannt, von den Alben, die in Berlin entstehen, über das Ankommen im Mainstream mit Let’s dance und Live Aid im Wembley-Stadion. Privat gibt es auch Höhen und Tiefen. Beziehungen zerbrechen, geliebte Menschen sterben, doch er lernt 1989 Iman Mohamed Abdulmjid kennen, die große Liebe seines Lebens. Er widmet sich der Kunst und macht Musik nur noch, wenn es ihm Spaß macht. Er wird nochmal Vater und geht sogar noch einmal auf Welttournee. Gerade der Teil im Leben Bowies, der auf das Ende hin geht, ist wunderschön und eindrücklich illustriert. Ein schwarzer Schatten, der ihn bedroht, der sich dann als Herzinfarkt herausstellt. Die Verzweiflung, als das Ehepaar sieht, dass es nach seiner Krebsdiagnose gesundheitlich bergab geht, das Abschiednehmen. Diese bittere Geschichte kennt ein jeder. Er schreibt noch ein Musical, veröffentlicht noch ein Album, wird am 8. Januar 2016 69 Jahre alt, und zwei Tage später ist er tot. Hier hat sich der Autor auch noch ein ganz besonders fantastisches Element einfallen lassen, der die Leser*innen bewegt.

Diese wundervoll illustrierte Biografie mutet durch die Art der Erzählung und durch die Bilder fast wie ein Märchen an. Sie lädt nicht nur zum Lesen ein, sondern auch einfach zum immer wieder Durchblättern und sich an den Illustrationen erfreuen. Nachdem ich am Ende noch die liebevoll geschriebene und bebilderte Diskografie und sogar noch mit Freude die Danksagungen gelesen habe, schließe ich das Buch. Ich bin um ein Vielfaches reicher. Ich weiß nun, was es mit diesem blühenden roten Herz auf Bowies Körper auf sich hat, und ich werde nie mehr den Hintergrund zu dem Blitz auf seinem Auge vergessen.

María Hesse ist eine der bekanntesten Illustratorinnen Spaniens. Ihre Zeichnungen werden regelmäßig ausgestellt und erscheinen in anspruchsvollen Zeitschriften. Sie illustrierte schon Klassiker wie Jane Austens Stolz und Vorurteil. Ihr erstes illustriertes Buch über Frida Kahlo wurde in dreizehn Sprachen übersetzt.
Fran Ruiz ist Professor der Geografie und Geschichte und schreibt unter anderem für das Magazin Cultural Use Manual.
Der Politologe Kristof Hahn lebt seit 1980 in Berlin, wo er in diverse musikalische Projekte involviert ist. Er übersetzt Bücher aus dem Englischen, unter anderem Autoren wie Hubert Selby Jr., John Peel, Russell Brand und Jim Thompson.

Bowie: Ein illustriertes Leben
Fran Ruiz (Autor), María Hesse (Illustrationen), Kristof Hahn (Übersetzer)
Heyne Verlag,  Vö. 21. September 2020
168 Seiten
Gebundenes Buch 22,00 Euro
Kindle Edition 17,99 Euro

 

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  1. […] Autor Fran Ruiz haben ein entzückendes kleines Buch geschaffen, eine gezeichnete Bowie-Biografie (KLICK). Es klingt ganz schön ambitioniert, Bowies Leben und Werk auf schlanken 162 Seiten unterzubringen. […]

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