Mehr als nur Tetris

coverKürzlich waren der Berliner Minimal-Punker Ben Bloodygrave und die Leipziger Wave-Punk-Band Dividing Lines zu Gast im Münchner Kafé Kult, diesen feinen Konzertabend hat der Münchener GrGr eröffnet. Sein wichtigstes Instrument ist der Gameboy, von dem gleich zwei zwischen allerlei Elektro-Equipment bereitstehen. Der Auftritt machte mächtig Spaß, also kaufte ich Gregor Sandler, wie GrGr im bürgerlichen Alltag heißt, nach der Show mangels Alternativen eine Kassette ab. Die erste Auflage war wohl schon vergriffen, aber am Vortag kam zum Glück die neue Ladung. Also GrGr für ein Exemplar einfach anschreiben. Das Gameboy Tape ist giftgrün, und die Black Flag Hommage mit Gameboys ist einfach klasse. Ich habe nun endlich einen Grund, den alten Walkman aus der Schublade hervorzukramen.

Also das Gameboy Tape einlegen und Play drücken, aber zu Beginn von „Engarine“ werde ich von Utz-Utz-Beats erschreckt, gar nicht meine Baustelle. Doch dann setzt der Gameboy ein und sorgt mit seinen charakteristischen Tönen für ausgleichende Harmonie im Track. So langsam finde ich in den Rhythmus vom Gameboy-Techno, der leider ohne Gesang ist. Das ist wirklich originell, aber ich bin einfach kein Freund von Instrumentals. Doch der erste Eindruck ändert sich mit „Standby“, denn hier kommt der Punk in Gregor zum Vorschein, sowohl inhaltlich als auch gesanglich. Die Stimme ist nicht klinisch perfekt, sondern ein bisschen hingerotzt, und versprüht damit genau den Charme, den es für eine Punk-Veröffentlichung braucht. Ob man die Musik nun Punk Rave oder 8-Bit-Punk nennt, ist letztlich egal. Für die Hungrigen unter euch gibt es nun instrumentalen „Kartoffelsalat“, GrGrs Beitrag zum deutschen Vorrundenaus 2018, einem Digitalsampler, der unter anderem von HC Baxxter in seinem Blog veröffentlicht worden ist. Natürlich sollte man dazu aber eher tanzen als essen, wenn der Gameboy zum Beat ertönt.
Press Eject, Seitenwechsel. Nun heißt es „Pink Spaceship strikes back“, aber war das Mutterschiff der Space Invaders nicht grün? Egal, auch dieser Track ist wieder instrumental oder vielleicht doch nicht, denn stellenweise könnte man den Eindruck gewinnen, dass der Gameboy die Gesangsmelodie übernimmt. Auf jeden Fall geht er in die Beine. Zu „Blue“ gesellt sich zum Gameboy-Sound der Einfluss aus dem Dark Electro Anfang der neunziger Jahre. Dance Or Die etwa kommen mir in den Sinn, wegen dem deutlich düsteren englischsprachigen Gesang und der musikalischen Stimmung. Dazu passt das instrumentale „Gravity“ im Anschluss perfekt, das mich vom Rhythmus her an „Headhunter“ der EBM-Legende Front 242 erinnert, und in dem vereinzelt Sprachsamples zum Einsatz kommen.

Fazit: Kassette umdrehen und wieder von vorn. Dass „Engarine“ nur instrumental daherkommt, stört mich nun gar nicht mehr so sehr, inzwischen bin ich voll eingegroovt. Mit Hilfe des Gameboys erschafft GrGr originelle elektronische Klangwelten irgendwo zwischen Minimal, Punk, Dark Electro und Techno, die sich naturgemäß bestens zum Tanzen eignen und einfach Spaß machen. Hier geht wesentlich mehr als einfach nur Tetris, und Unterstützung beim Mixing gab es von Björn Peng. Um den instrumentalen Wermutstropfen komme ich aber nicht ganz drumherum, daher der Punktabzug.
Auf Bandcamp gibt es aber mittlerweile mit „Warten“ und „Alles funktioniert“ zwei neue Songs, auf denen GrGr die Gitarre in seinen Sound integriert, und die die Richtung des Konzerts besser wiederspiegeln. Dafür gibt es die volle Punktzahl. Weiter so!

Anspieltips: Standby, Blue

:mosch: :mosch: :mosch: :mosch: :mosch2:

GrGr: Gameboy Tape
Vö. 25.05.2018
Tape 5 €, MP3 Download 5 € erhältlich über Bandcamp

Links: https://www.facebook.com/pages/category/Musician-Band/GrGr-174216765978861/
https://gr-gr.bandcamp.com/

Tracklist:
01 Engarine
02 Standby
03 Kartoffelsalat
04 Pink Spaceship strikes back
05 Blue
06 Gravity

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